Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW legte auf seiner Jahrespressekonferenz eine recht stabile Bilanz der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft vor. Er beklagte aber gleichzeitig, dass sich die Wohnungswirtschaft "im Würgegriff der Regulierungen" befinde – somit sei der Investitionsanstieg langsamer als erwartet. Der Mietenanstieg leide unter der Inflationsrate. Die Energiepreise seien in diesem Zusammenhang der größte Preistreiber bei den Wohnkosten; dabei seien Energieverbräuche derweil sogar rückläufig.
"Der Wohnungsbau braucht stärkere Impulse – Baukosten, hohe Grundstückspreise, Steuern und Abgaben sowie Planungsverfahren bremsen den bezahlbaren Neubau", mahnte Axel Gedaschko, Präsident des GdW, die Bundesregierung. Regulierende Eingriffe wie Mietpreisbremsen und steigende Anforderungen an die Energiestandards der Gebäude führten dazu, dass der Neubau nicht in dem Maße in Schwung kommt, wie er besonders in den Ballungsgebieten gebraucht werde; auch Investitionen in die Modernisierung werden so gebremst.
Preistreiber seien unter anderem die Baukosten, die von 2000 bis 2012 um insgesamt 28,6 Prozent gestiegen seien. Der Preisdruck gehe dabei eindeutig von den Materialkosten aus, die sich stärker verteuert haben als die Arbeitskosten am Bau. Hier liege ein umgekehrter Skaleneffekt vor, so Gedaschko: Während die Nachfrage nach Produkten in diesem Bereich stetig steige, was normalerweise eine Preisentlastung mit sich bringe, stiegen hier die Preise für die Produkte unverhältnismäßig an: das energetische Bauen und Sanieren werde somit immer teurer, was teilweise durch Förderungen wieder ausgeglichen werde. Der Markt sei intransparent, die Produktanbieter seien konkurrenzlos und handeln daher mit willkürlichen Preisen.
Wie aber könnte mehr Transparenz am Markt aussehen? Das Bundeskartellamt könnte zunächst eine Sektorenuntersuchung vornehmen, ob hier nicht Marktversagen vorliege, so Gedaschko. So seien die Preise beispielsweise für das Dämmmaterial für Rohre seit dem Jahr 2000 um 58,7 Prozent, die Preise für Wärmepumpen um 48,3 Prozent und für Brennwertkessel um 45,6 Prozent teurer geworden. Die Inflationsrate betrug im gleichen Zeitraum 22,6 Prozent. "Wir fordern eine Baukostensenkungskommission, die sich endlich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzt."
Er warnte vor einer zweiten Leerstandswelle in den neuen Ländern. Der Schwerpunkt des Wohnungsneubaus bei den GdW-Unternehmen lag im Raum Köln-Bonn, in Stuttgart und seinem Großraum, in der Region München, in Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Aber auch Städte wie Lübeck, Karlsruhe, Heidelberg, Ludwigsburg, Konstanz und Augsburg gehörten 2012 zu den Gebieten, wo die GdW-Unternehmen besonders auf Neubau setzten.
Die Wohnungsmärkte in Deutschland sind jedoch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Daher warnte der GdW-Chef auch davor, im Zuge der Diskussionen um zu knappen Wohnraum die Regionen außen vor zu lassen, in denen immer noch ein großer Wohnungsüberhang herrscht, vor allem in großen Teilen Ostdeutschlands. "Wenn die Unternehmen auch künftig die Hauptlast des Stadtumbaus tragen müssen, brauchen sie endlich langfristige Planungssicherheit und eine verlässliche Ausstattung der Städtebauförderung. Die Kommunen müssen zudem wagen, Schrumpfungskonzepte zu denken", so Gedaschko; davor schreckten viele zurück, es sei aber nicht zu vermeiden, wolle man nicht "Geisterstädte produzieren". Es müsse ein Umdenken in Richtung "positive Schrumpfung", also Abriss, stattfinden.
In den neuen Bundesländern investierten die Wohnungs- und Immobilienunternehmen im Jahr 2012 mit rund 3 Mrd. Euro fast 4,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies ist vor allem auf steigende Investitionen in die Instandhaltung und die Modernisierung von Gebäuden zurückzuführen. Aber auch die Neubauinvestitionen sind dort um 1,4 Prozent gestiegen und liegen nun bei 279 Mio. Euro. Die alten Länder haben dagegen ihre Gesamtinvestitionen mit einem Minus von 2,7 Prozent nicht steigern können. Sie investierten rund 6,6 Mrd. Euro.
Mit rund 7,2 Mrd. Euro flossen im Jahr 2012 etwa drei Viertel der Gesamtinvestitionen in die Bestandsentwicklung der Gebäude. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Investitionen in diesem Bereich stabil geblieben. Mit rund 2,4 Mrd. Euro sind die Neubauinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent gesunken.
Ein Zuwachs an bezahlbaren Wohnungen in Deutschland sei nur mit einem Bündel von Maßnahmen zu erreichen, sagte der GdW-Chef. Dazu gehöre neben der sozialen Wohnraumförderung auch eine Wohnbauförderung für die "Mitte". Mit einer jetzt eingeführten Mietpreisbremse zementiere man spätere Mietpreissteigerungen, warnte Gedaschko und sprach auch vom "neudeutschen Sickereffekt": Die Mittelschicht besetze die zum Teil schlechten und nicht sanierten Bestandswohnungen statt in den Neubau zu ziehen, der teilweise völlig überteuert und für die Mittelschicht in den beliebten Ballungsgebieten unbezahlbar geworden ist.
Gerade für das obere Drittel des unteren Einkommenssegments müsse Neubau geschaffen werden, das reguliere den Markt – Regulierung solle also nicht durch Mietpreisbindung, sondern die Vergabe der Grundstücke zu regulierten Preisen stattfinden, um bezahlbaren Neubau zu ermöglichen.
Die Schere von Angebot und Nachfrage gehe gefährlich weit auseinander in den nächsten Jahren, mahnte Gedaschko. Zudem mache der Anstieg der Anforderungen durch die neue EnEV den Neubau angespannt und wirke bremsend auf Investitionen, so Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW; derweil bleibe das Investitionsklima bei den Sanierungsmaßnahmen im Bestandsbau stabil. "Die stetig nach oben geschraubten energetischen Anforderungen durch die Energieeinsparverordnung, aber auch das monatelang im Vermittlungsausschuss versickerte und schließlich gescheiterte Gesetz zur steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung kombiniert mit einer generellen Unsicherheit über verfügbare Fördermittel nach den Kürzungsarien der letzten Jahre haben bei den Unternehmern zu einem deutlichen Attentismus geführt", beklagte Gedaschko. Durch die Vorschriften der neuen Energieeinsparverordnung werde sich der Wohnungsneubau 2014 teilweise um bis zu fünf Prozent verteuern, das hat der GdW errechnet.
Auch die Grunderwerbsteuer ist in den einzelnen Bundesländern in den letzten Jahren deutlich gestiegen und liegt heute zwischen 3,5 und 5,5 Prozent der Bemessungsgrundlage. "Diese Preisspirale muss ein Ende haben", forderte der GdW-Präsident. Was den Neubau zudem teuer macht: Viele Kommunen verkaufen ihre Grundstücke nach dem Höchstpreisverfahren – der Investor, der am meisten Geld bietet, erhält den Zuschlag. Gerade in Berlin sei das aktuell in einem hohen Maße zu beobachten. Wenn aber Wohnungsunternehmen die Höchstpreise für den Erwerb von Baugrundstücken zahlten, rechne sich das am Ende nur mit einer entsprechend hohen Miete.
Berechnungen haben ergeben, dass eine Subventionierung von Bodenpreisen eine Mietenersparnis von 10 bis 20 Prozent bringen könnte. Kommunen sollten städtische Grundstücke daher verstärkt nach Konzeptqualität und nicht im Höchstbieterverfahren vergeben werden, fordert der GdW. Der steuerliche Abschreibungssatz sollte zudem von zwei Prozent auf vier Prozent angepasst werden, um steuerliche Benachteiligung abzubauen.
Größter Preistreiber bei den Wohnkosten sind aber weiterhin eindeutig die stetig steigenden Energiepreise für Gas, Heizöl und andere Haushaltsenergie. All dies seien Kosten, auf die der Vermieter nur begrenzten Einfluss habe, erläuterte Gedaschko die aktuelle Entwicklung. "Der Staat muss hier handeln, sonst überhitzt besonders in einigen Ballungsräumen der Wohnungsmarkt."
In den kommenden Jahren werde zudem der starke Anstieg des speziellen Wohnbedarfs älterer Menschen eine große Herausforderung für die Wohnungswirtschaft in Deutschland darstellen, erläuterte Gedaschko und forderte die Bundesregierung auf, die erforderlichen Bundesmittel für das KfW-Förderprogramm "Altersgerecht Umbauen" so schnell wie möglich im Bundeshaushalt wieder bereitzustellen.
Erstmals präsentierte der GdW den neuen Investitionsindex für die Wohnungswirtschaft. Bei der Abfrage dieses Index werden die Wohnungsunternehmen jährlich gebeten, die Investitionslage für den Neubau und Bestand einzuschätzen sowie eine Investitionsprognose für zwei bis drei Jahre abzugeben. Der Investitionsindex der vom GdW vertretenen Wohnungsunternehmen ist leicht positiv und liegt derzeit auf dem höchsten Stand seit fünf Jahren. Die Unternehmen gehen derzeit davon aus, dass sich der insgesamt positive Trend der Branche bei den Investitionsleistungen fortsetzen wird. Für dieses Jahr prognostiziert der GdW wieder einen stärkeren Anstieg der Gesamtinvestitionen um rund 10,7 Prozent. 117von Nicole Allé / pgl