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Fassadenverlegung reduziert Wärmebrücken

Das Haus Hild am Grönacker in Nürnberg war ein typisches 60er-Jahre-Haus. Im Zuge der Sanierung wurde der schlichte kubische Baukörper aus dem Jahr 1953 nicht nur erhalten, sondern die klare kubische Form durch eine neue, nicht mehr eingerückte und hochwärmegedämmte Fassade im Erdgeschoss verstärkt. Im Zuge des Dena-Wettbewerbes "Effizienzhaus - Energieeffizienz und gute Architektur" wurde das Objekt mit einem der Preise in der Kategorie Sanierung Ein- und Zweifamilienhäuser ausgezeichnet.

Architekt Benjamin Wimmer entschied sich im Erdgeschoss für eine hochwärmedämmende Glasfassade, damit das Spannungsverhältnis zum massiveren Obergeschoss nach der energetischen Sanierung bestehen bleibt. Im ursprünglichen Zustand dominierten die auf der Süd-, Ost- und Westseite eingerückten Fassaden das Erscheinungsbild des Gebäudes. Die zurückgesetzten Außenwände führten zu einer erheblichen Verschattung der Fensterflächen, zu einem ungünstigen Hüllflächen-Volumen-Verhältnis und zu gravierenden Wärmebrücken. Die Schwachstellen des Bestandshauses waren dunkle Räume und hohe Heizkosten.

Der Bauherr Hans-Peter Hild wünschte sich einen größeren Bezug zum Garten und dachte zunächst an den Anbau eines Wintergartens. Durch den Einbau einer passivhausgeeigneten Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Dreifachverglasung, die den Abmessungen der Erdgeschossdecke folgt, wurden sonnendurchflutete Räume geschaffen, die einen unverstellten Blick in den Garten ermöglichen und das ganze Jahr über Wintergartenatmosphäre schaffen.

Durch die kompaktere Hülle wurden die solaren Gewinne maximiert und Wärmeverluste minimiert. Die gesamte Breite der Südseite nimmt im Erdgeschoss der kombinierte Wohn-Eßbereich ein. Die angrenzende Küche war während der Bauphase immer funktionsfähig, da das Haus während der Sanierung ohne Unterbrechung bewohnt wurde.

Fassadenverlegung nach außen schafft Wohnraum

Die Glasbausteine in der Nordfassade, die das Treppenhaus im ursprünglichen Zustand mit Licht versorgten, wurden durch ein schmales vertikales Passivhausfenster ersetzt. Der Grundriss und die Zimmeraufteilung des Hauses wurden bis auf die Fassadenverlegung nach außen, wodurch sich die Wohnfläche um 40,79 Quadratmeter vergrößerte, nicht verändert.

Auch der Südseitenbalkon im Obergeschoss wurde in den Wohnraum integriert. Die symmetrisch angeordneten Fensterflächen der Südfassade werden im Obergeschoss durch zwei emaillierte Vakuumisolationspaneele, die die mittig gelegene Glastür flankieren, akzentuiert. Hinter dem linken verbirgt sich die Badewanne, hinter dem rechten die Duschkabine des oberen Badezimmers.

Im Erdgeschoss lockert der verbreiterte Rahmen des Schiebeelements die strenge Symmetrie etwas auf. Die filigrane Absturzsicherung sorgt für einen verhaltenen horizontalen Kontrapunkt in der Gesamtkomposition. Die Passivhauskomponenten, sehr gute Dämmung, hohe Luftdichtheit, kontrollierter Luftwechsel und die Nutzung erneuerbarer Energien führten zu einem ästhetisch und energetisch überzeugenden Gebäude, das den gestiegenen Komfortansprüchen der Bewohner gerecht wird.

Selbst im kalten und langen Winter 2008/2009 betrug die Raumtemperatur in den nach Süden gelegenen Zimmern bis zu 25° C, ohne dass die Bewohner heizen mußten. Während im unsanierten Haus die Innentüren geschlossen gehalten wurden, damit keine Wärme verloren ging, bleiben sie nun geöffnet und Wärme und Licht können sich im ganzen Haus ausbreiten. Durch die verbesserten Lichtverhältnisse reduziert sich ausserdem die durchschnittliche Dauer der Kunstlichtnutzung in den Abendstunden um 90 Minuten. Bilder: Wimmer/Dena

Daten und Fakten

  • Baujahr Bestandshaus: 1953
  • Umbaubeginn: September 2006
  • Dauer des Umbaus: bis Dezember 2006
  • Wohnfläche: vor dem Umbau 155 qm ; nach dem Umbau 195,8 qm  
  • A/V Verhältnis: 0,94 1/m  
  • U-Wert Fassade: vorher zwischen 0,56 und 3,34 W/(qmK), nachher 0,14W/(qmK)  
  • U-Wert Fenster: vorher 2,70 und 1,70 W(qmK), nachher: 0,80 W(qmK)  
  • U-Wert Dach: vorher 0.76 W(qmK), nachher 0,14 W(qmK)  
  • Sanierungskosten pro Quadratmeter: Modernisierung plus energetische Sanierung 878,29 €/qm+442,39 €/qm= 1320,68 €/qm; Wohnraumerweiterung: 1.046,27€/qm
  • Energieverbrauch: vorher 237kWh/(m²a), nachher 27kWh/(m²a) 

Verwendete Materialien

Fassade:

Das Mauerwerk wurde mit einem Vollwärmeschutzsystem (26 cm Polystyroldämmung, WLG 040), U=0,14 W/(m²K) verkleidet. Auf der Pfosten-Riegel-Konstruktion wurden Dreischeibenverglasungen mit Edelgasfüllung, Ug= 0,5 W/(m²K), und thermisch gedämmtem Glasrand über pulverbeschichteten Aluminium-Glashaltern befestigt.

Die elektrisch betriebenen Verschattungssysteme steuern sich zentral und automatisch über eine Powernet-Busanbindung (Netzwerk über das bestehende 220V Stromnetz) mit Wetterstation auf dem Flachdach. Eingebaut sind im Erdgeschoss Markisen und Jalousien, im Obergeschoss nur Jalousien. Die Verschattung ist im Sommer zum Schutz vor der solaren Aufheizung durch die großen Glasflächen wichtig. Das Netzwerk wird auch für PC und Internet genutzt.

Im Bereich der nichttransparenten Fassade, wie das Bad Obergeschoss und Erdgeschoss, wurde die Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Vakuumisolationspaneelen und einer aufgesetzten emaillierten Verglasung verkleidet. Die neuen Fenster sind zertifizierte Passivhausfenster mit einem U-Wert von 0,8 W/(m²K), in einer Holz-Aluminium-Ausführung.

Dach:

Die Warmdachkonstruktion blieb erhalten und wurde mit einer neuen, 28 cm starken Aufdachdämmung versehen (WLG 035), U=0,14 W/(m²K).

Heizsystem:

Im Bestand wurde das Gebäude mit Heizöl beheizt. Elektroboiler erhitzten dezentral das Warmwasser an jeder Wasserentnahmestelle. Eine neu eingebaute Solaranlage mit 15m² Kollektorfläche und 1000 Liter Pufferspeicher deckt nun die Warmwasserbereitung zu 82,4 Prozent. Außerdem wird das solarthermisch erzeugte Warmwasser heizungsunterstützend verwendet. Voraussichtlich 2010 wird die Ölheizung, die aufgrund der noch vorhandenen Tankfüllung und des erst 1996 erfolgten Einbaus vorübergehend erhalten wurde, auf eine Wärmepumpe umgestellt.

Photovoltaikanlage:

Neben der solarthermischen Anlage wurde auch eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 3,84KWp und einer Paneelfläche von 17,28 m² auf dem Flachdach installiert, die in der Jahresbilanz den gesamten Strombedarf deckt.

Lüftungsanlage:

Eine Lüftungsanlage mit kontrollierter Be- und Entlüftung und einem Wärmerückgewinnungsgrad von 85 Prozent hält die Luftwechselrate im Gebäude auf einem konstanten Niveau. Um im Sommer einen leichten Kühlungseffekt zu erzielen, wurde eine Bypassklappe vor dem Wärmetauscher des Lüftungsgeräts installiert (Kühlleistung von 500-1000 W).