Halten Sie Änderungen an der derzeitig gültigen EnEV für notwendig, um für mehr Wohnraum in Deutschland zu sorgen? Wenn ja in welchen Bereichen?
Ja, durchaus. Das selbst für Fachleute schwer zu durchblickende Regelungsdickicht im Gebäudebereich wollen wir durch ein einfacheres und transparentes Energiesparrecht ersetzen, das die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zu den wesentlichen Bemessungsgrößen macht. Dazu sollten die EnEV, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und das EnEG zu einem Gesetz zusammengeführt werden und auf die Klimaschutzziele ausgerichtet werden. Außerdem ist es nötig, die Anreize für klimafreundliches Bauen und Modernisieren zu verdoppeln, weit stärker auf die Modernisierung ganzer Stadtviertel auszurichten und sozial verträglich auszugestalten. Transparenz und unabhängige Beratung wollen wir ausbauen und Informationen verfügbar und zugänglich machen.
In der Debatte um Heizsysteme, mit denen sich die Klimaziele der Bundesregierung erreichen lassen, geht es häufig auch um die Frage Effizienz versus Erneuerbare. Diskutiert wird dabei auch, die Neuinstallation von Heizungen auf Basis fossiler Energien, also von Öl- und Gasbrennwertheizungen, zu untersagen. Wie ist Ihre Position dazu?
Für eine klimaschonende Wärmeversorgung brauchen wir beides, Erneuerbare und Energieeffizienz. Wir wollen den Rahmen so setzen, dass Erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung zügig weit stärker als bisher zum Einsatz kommen. Dazu wollen wir das Steuer- und Abgabensystem im Energiesektor so weiterentwickeln, dass sich der CO2-Ausstoß eines Energieträgers stärker im Preis widerspiegelt und die bestehende Bevorteilung von Heizöl gegenüber anderen Brennstoffen abgebaut wird. So steigt der wirtschaftliche Anreiz, Energiesparmaßnahmen und Gebäudesanierungen durchzuführen und auf klimafreundliche Lösungen bei der Energieversorgung zu setzen. Die staatliche Subventionierung neuer Öl- oder Gasheizungen über die KfW wollen wir ab sofort einstellen und stattdessen das Marktanreizprogramm für Erneuerbare im Wärmemarkt (MAP) verbessern und aufstocken. Der von der EU vorgeschriebene Niedrigstenergie-Gebäudestandard für Neubauten sollte entsprechend dem KfW-Standard Effizienzhaus 40 definiert werden. Der dann nur noch geringe Wärmebedarf kann aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Im Gebäudebestand soll der Einsatz Erneuerbarer Wärme anteilig verpflichtend werden, wenn ohnehin ein Austausch der Heizungsanlage erforderlich ist, so dass Erdöl und Erdgas auch im Bestand bis 2040 schrittweise und planbar weitestgehend durch erneuerbar betriebene Heizsysteme ersetzt werden.
Für welche Maßnahmen auf Bundesebene wie Gebäudeenergiegesetz oder steuerliche Abschreibung für Gebäudesanierung setzen Sie sich vorrangig ein, um bei der Bestandssanierung schnellere Fortschritte zu erreichen?
Für den Umbau unserer Wärmeversorgung haben wir den Aktionsplan Faire Wärme aufgelegt, der eine ganze Reihe von Programmen und Maßnahmen umfasst. Folgende Kernpunkte aus unserem Aktionsplan müssen noch 2017 angegangen werden, damit Energiewende und Klimaschutz endlich vorankommen. Um die Wärmeversorgung sozial gerecht zu modernisieren wollen wir ökologische Modernisierung nicht länger nur von Haus zu Haus denken, sondern auf ganze Stadtviertel, Straßenzüge oder Dörfer ausweiten, und zusätzlich 2 Milliarden Euro jährlich für Sanierung von ganzen Wohnvierteln bereitstellen, damit energieeffizientes Wohnen auch für Haushalte mit geringem Einkommen bezahlbar wird. Wir wollen außerdem einen Steuerbonus für selbst nutzende EigentümerInnen gewähren, wenn sie ihre Gebäude energetisch modernisieren, und die kommunale Wärmeplanung mit Zuschüssen und günstigen Krediten fördern, damit gemeinschaftliche Versorgungslösungen vorankommen.
Steuerbonus für selbst nutzende Eigentümer
Neben oben genannter Maßnahmen zum Ausbau Erneuerbarer Wärme wollen wir Nahwärmenetze stärker ausbauen und für Erneuerbare und Abwärme öffnen. Die Kompetenzen für Energieeffizienz wollen wir in einer Bundesstelle für Energieeffizienz bündeln, die als zentrale Auskunftsstelle bei allen Fragen zu Ausschreibungen und Förderprogrammen fungiert. Energie- und Klimaschutzagenturen sowie unabhängige Beratungsangebote werden wir ausbauen, damit KMU, öffentliche Einrichtungen und auch Privatpersonen qualifizierte und unabhängige Energieberatung in Anspruch nehmen können. Es gilt zudem, die Bürgerenergiewende im Wärmesektor in Gang zu bringen. Dafür wollen wir gezielte Unterstützung für genossenschaftliche Lösungen leisten, insbesondere für den Aufbau genossenschaftlich betriebener Wärmenetze. Günstige Rahmenbedingungen für Mieterstrom und dezentrale KWK-Anlagen sind ein weiterer Baustein, mit dem wir zur Versorgung von MieterInnen mit Strom und Wärme vor Ort beitragen. Wir werden außerdem die Beteiligung der Menschen vor Ort an der Modernisierung von Gebäuden und der Wärmeversorgung erleichtern, um breite Unterstützung zu sichern und lebendige Stadtviertel und Nachbarschaften zu erhalten.
Dämmung gerät immer wieder in heftige mediale Kritik. Welche Änderungen bestehender Rechtsrahmen sind nach Meinung Ihrer Partei in diesem Bereich notwendig?
Wir wollen künftig nachhaltige Bau- und Dämmstoffe fördern. Dazu wollen wir ein Modellprogramm für ökologische Bau- und Dämmstoffe mit einem Programmvolumen von 20 Mio. Euro aufgelegen, aus dem u. a. ein KfW-Programm 'Natur Plus' finanziert wird. In der Ausbildung und beruflichen Weiterbildung in allen Bauberufen wollen wir ebenso wie in der Energieberatung die Nutzung von ökologisch vorteilhaften Baustoffen stärker verankern. Das Bauen mit Holz wollen wir durch eine nationale Holzbaustrategie erleichtern und unterstützen, die die Nutzung regionaler Rohstoffe gezielt voranbringt und gleichzeitig strenge soziale und ökologische Standards bei Holzanbau und -nutzung sicherstellt. Zudem muss künftig die sogenannte graue Energie, die für die Erstellung eines Gebäudes bzw. für die Herstellung der Bau- und Dämmstoffe verbraucht wird, bei deren Klassifizierung berücksichtigt werden.
Welche Maßnahmen halten Sie im Bereich Gebäude für geeignet, um die bislang formulierten Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen?
Neben den oben genannten Punkten ist es wichtig, die Wärmeversorgung sozial gerecht zu modernisieren. Sonst wird man dafür nicht die notwendige gesellschaftliche Unterstützung erreichen. Wir werden dazu eine robuste Mietpreisbremse mit einer Geltungsdauer von zehn Jahren einführen, die anders als die bisherigen Regelungen der Bundesregierung für echten Mieterschutz sorgt und Schlupflöcher wie Ausnahmen bei Neubau oder umfassender Modernisierung ausschließt. Die Modernisierungsumlage wollen wir in der prozentualen Höhe deutlich absenken und in der absoluten Höhe kappen und nur noch echte Energiesparmaßnahmen und Barriere-Abbau sowie Einbruchschutz bei der Umlage berücksichtigen. Selbst nutzende Eigentümerinnen und Eigentümer werden wir mit einem Steuerbonus bei Maßnahmen zur energetischen Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen, der beim Bezug von Grundsicherungsleistungen nicht auf diese angerechnet wird. Mit einem Klimawohngeld ermöglichen wir es Haushalten mit kleinem Einkommen, in energetisch saniertem Wohnraum zu wohnen. Wir werden die Übernahme der Wohnungs- und Stromkosten in der Grundsicherung einfacher, weniger streitanfällig und kostendeckend regeln dazu gesetzliche Rahmenbedingungen für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft entwickeln.