Die Energieeinsparverordnung ist aus unterschiedlichen Ecken in die Kritik geraten. So will die neue Regierung in Nordrhein-Westfalen die jüngste Novelle aussetzen mit der Begründung, diese mache das Bauen zu teuer. Unter den Energie- und Wohnungsbaupolitikern ist das umstritten.
Für Eva Bulling-Schröter, Sprecherin für Energie und Klimaschutz der Bundestagsfraktion Die Linke, ist nicht die aktuelle EnEV der Grund dafür, dass es zu wenig Wohnraum gibt. Ihrer Partei gehe es um die Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. "Durch die Aufstockung der Wohnraumförderung und den privilegierten Zugang zu Steuererleichterungen, Fördermitteln und öffentlichen Grundstücken für öffentliche und gemeinnützige Wohnungsunternehmen wollen wir 250.000 bezahlbare Wohnungen pro Jahr mit dauerhaften Sozialbindungen schaffen" erklärt sie.
Chris Kühn, Wohnungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen kann sich eine Reform der EnEV vorstellen und will die Vielzahl der Gesetze "durch ein einfacheres und transparentes Energiesparrecht ersetzen, das die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zu den wesentlichen Bemessungsgrößen macht. Dazu sollten die EnEV, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und das EnEG zu einem Gesetz zusammengeführt werden und auf die Klimaschutzziele ausgerichtet werden."
EnEV bleibt in der Diskussion
Aus Sicht von Thomas Bareiß, dem Energiebeauftragten der Bundestagsfraktion von CDU/CSU, entspricht die EnEV 2016 den europäischen Anforderungen zum Niedrigst-Energie-Standard. Das sei ausreichend: "Weitere über die EU-Vorgaben hinausgehende Verschärfungen lehnen wir mit Blick auf Baukostenentwicklungen ab." Seine Fraktion wolle in der kommenden Wahlperiode keine Maßnahmen beschließen, die die Schaffung von Wohnraum zusätzlich verteuern, betont er.
Für Michael Gross, den Wohnungspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist die EnEV eine "Verordnung aus dem letzten Jahrtausend." Notwendig ist aus seiner Sicht "eine Diskussion über und eine Versorgung durch regenerative, dezentrale Energiegewinnung für Strom, Wärme und Kälte sowie die intelligente Speicherung der Energie und keine über Häuser als Thermoskannen."
Der SPD-Mann betont zudem ein stärker quartiersbezogenes Denken und verweist dabei auf positive Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen. "Wir brauchen eine graswurzelorientierte Bewegung und Begeisterung der Akteure in den Stadtteilen. Das Erreichen der Klimaschutzziele hängt vom Verhalten der Menschen im Quartier, der Wirtschaftlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Konzepte und Maßnahmen ab", betont Gross.
Steuerförderung ist immer noch ein Thema
Thomas Bareiß verweist auf das bestehende Förderangebot für mehr Energieeffizienz. "Eine Verschärfung der Anforderungen an den Bestand wird es mit der Union nicht geben", betont er. Neben der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung schlägt er vor, zu prüfen, ob der Wärmesektor mittelfristig auch in den Europäischen Emissionshandel integriert werden kann.
Chris Kühn will "eine robuste Mietpreisbremse mit einer Geltungsdauer von zehn Jahren einführen, die anders als die bisherigen Regelungen der Bundesregierung für echten Mieterschutz sorgt und Schlupflöcher wie Ausnahmen bei Neubau oder umfassender Modernisierung ausschließt." Weitere Maßnahmen sind eine Senkung der Modernisierungsumlage sowie ein Steuerbonus bei Maßnahmen zur energetischen Sanierung für selbst nutzende Eigentümerinnen und Eigentümer. Außerdem schlägt er ein Klimawohngeld für Haushalte mit kleinem Einkommen in energetisch saniertem Wohnraum vor.
Eva Bulling-Schröter verweist darauf, dass zur Erfüllung der Klimaziele die Sanierungsrate im Bestand verdoppelt werden muss. Ihre Partei unterstützt den Ansatz "Effizienz First", da ein Ausweichen auf regenerative Wärme wegen Nutzungskonflikten nur begrenzt möglich sei. Sie fordert eine Aufstockung der KfW-Fördermittel auf mindestens fünf Milliarden im Jahr sowie zusätzlich steuerliche Anreize. Verbindliches Ziel der Förderung müsse die Warmmietenneutralität für die Mieterinnen und Mieter der sanierten Wohnungen sein. Zudem seien Luxussanierungen oder die falsche Zurechnungen so genannter "Sowieso-Kosten" zu verhindern. von Pia Grund-Ludwig