Smarte Gebäude spielen auf dem Energiemarkt mit

Immer grüner arbeiten und wohnen

Die Wohnungen im Pool von Leanheat werden mit künstlicher Intelligenz gesteuert. © Leanheat

Smart Buildings stehen für mehr Energieeffizienz und Wohnkomfort. Eine Konferenz des Buildings Performance Institute Europe (BPIE) erkundete jüngst die Möglichkeiten. Demnach können Energiemanagementsysteme in Gewerbebauten 13 bis 66 Prozent Energie einsparen. Die Nutzung der Gebäude als Energieerzeuger und -speicher verspricht Fortschritte bei der Dezentralisierung des Energiesystems.

Als eines der nachhaltigsten Gebäude der Welt gilt momentan "The Edge" in Amsterdam. Im britischen Zertifizierungssystem Breeam erreicht der Bürokomplex den bisher höchsten Nachhaltigkeitswert von 95,36 Prozent. Über Solarpanele an der Glasfassade produziert das Gebäude mehr Energie als es verbraucht und betreibt damit auch die Grundwasser-Wärmespeicher-Pumpen, die für die nachhaltige Heizung und Kühlung des Gebäudes sorgen.

Sensoren messen Tageslicht, Temperatur, Infrarotstrahlung und Bewegungen und optimieren automatisch die Raumbedingungen. Über eine App, die mit den Sensoren vernetzt ist, können Mitarbeiter das Raumklima und die Beleuchtung am Arbeitsplatz regulieren. Das intelligente System kann den einzelnen Mitarbeitern auch Empfehlungen zu sparsameren Verhalten geben. "Man kann immer noch grüner arbeiten", heißt es in einer Präsentation des Projektentwicklers OVG Real Estate zu The Edge.

Auch für Mietshäuser gibt es intelligente Lösungen

Dieses Vorzeigemodell eines Smart Buildings bietet einen Blick in die Zukunft von höchster Energieeffizienz und intelligenter Technologie, die sich den Bedürfnissen und Präferenzen der Bewohner anpasst. "Smart Buildings bieten den Bewohnern eine gesündere und komfortablere Arbeits- und Lebensumgebung, bei der sowohl Energie als auch Geld gespart werden kann", so Sibyl Steuwer, Programmleiterin für Deutschland am BPIE.

Nicht nur für Bürogebäude, sondern auch für Miethäuser gibt es intelligente Lösungen. Das 2011 gegründete finnische Unternehmen Leanheat bietet eine der größten Internet of Things (IoT)-Lösungen für kollektives Heizen an. Das System ist bereits in 35.000 Wohnungen in Finnland, Dänemark, Schweden und China installiert, ein Pilotprojekt in Deutschland ist gerade in Planung.

Die künstliche Intelligenz von Leanheat lernt das thermodynamische Verhalten eines Gebäudes über die in den Wohnungen installierten Sensoren kennen und kann Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagensysteme optimal steuern. "Die künstliche Intelligenz arbeitet immer besser als ein Mensch", verspricht Jukka Aho, Geschäftsführer und Mitgründer von Leanheat. "Alle 15 Minuten findet die künstliche Intelligenz die beste Lösung für die Regulierung der Zentralheizung des Gebäudes. Bei herkömmlichen Heizsystemen, werden die Einstellungen nur zirka zweimal pro Jahr überprüft", sagt Aho.

Smarte Gebäude als Speicher für das Energiesystem

In der Cloud werden neben den von den Sensoren aufgenommenen Daten zu Temperatur und Luftfeuchtigkeit des Gebäudes auch Wettervorhersagen und Energiepreise gesammelt und verarbeitet. Durch diese Informationen können Stromspitzen vermieden und erneuerbare Energien besser genutzt werden. Das intelligente Heizsystem kann starke Schwankungen im Energieverbrauch frühzeitig ausgleichen und schon im Voraus heizen oder kühlen. "Es ist eine Win-Win Situation für die Umwelt, das Klima und den Verbraucher", meint Jukka Aho.

Durch die Verbindung von intelligenten Netzen und Gebäuden können diese zum Demand Response Management beitragen. Erneuerbare Energiequellen machen Häuser sowohl zu Energieerzeugern, als auch zu Energiespeichern. Smart Buildings fungieren dann als Batterie für das gesamte Energiesystem. "Die Nutzung von Gebäuden zur Netzstabilisierung kann im Energiesystem der Zukunft eine große Rolle spielen", betont Sibyl Steuwer. "Wenn die Energieerzeugung in der EU dezentraler organisiert wird, verändert sich das gesamte Energiesystem", so Steuwer.

Schutz der Privatsphäre als große Herausforderung

Als größte Herausforderung für Smart Buildings gilt die erhöhte Anfälligkeit für Cybersicherheit und der Schutz der Privatsphäre. In "The Edge" könnten über die Sensoren und die direkte Verknüpfung zur persönlichen App Aktionen, Vorlieben und Gewohnheiten der einzelnen Mitarbeiter nachverfolgt werden. OVG gibt an, dass es nicht um personalisierte Daten gehe. Betriebsrat und Datenschutzbeauftragte würden die Datensicherheit garantieren und Arbeitnehmer könnten letztendlich selbst entscheiden, wie intensiv sie die App nutzen, meint das Unternehmen Deloitte, das in das Gebäude eingemietet ist.

Jukka Aho sieht den Schutz der Privatsphäre als eines der größten Hindernisse bei der schnellen Verbreitung seines IoT-Systems. In Deutschland gibt es noch keine allgemeine Übereinkunft über den Umgang mit künstlicher Intelligenz im Wohnbereich. "Es muss klar sein, was ist zu privat und was ist nicht privat", meint Aho, "damit Unternehmen bereit zu Investitionen sind". Leanheat gibt an, private Daten dadurch zu schützen, dass die Informationen der Sensoren nicht direkt einer Wohnung zugeordnet werden, sondern nur das Gesamtgebäude betrachtet wird. Dadurch würde keine direkte Verbindung zwischen Verbraucher und Wohnraumnutzung hergestellt.

Eine direkte Verbindung zwischen Sensordaten und Bewohner kann jedoch hilfreich sein, etwa um auf Schwankungen der Luftfeuchtigkeit schnell zu reagieren. Dann kann das System eine SMS mit der Nachricht "Bitte lüften" an den Bewohner schicken. So versucht Leanheat, hohe Wartungskosten durch Alarmhinweise vorzubeugen und die Wohnqualität zu erhöhen.

Noch sind die Installationskosten hoch

Nach Angaben des BPIE sind Nachteile der neuen Technologie bisher noch die hohen Installationskosten. Zur Umstellung des Systems muss erst investiert werden, bevor Energie und Kosten gespart werden können. "Wie man bei der Entwicklung von Photovoltaik Anlagen und Batterien sehen kann", so Steuwer, "rechnen sich die Investitionen erst, sobald ein gewisser Produktionsumfang erreicht ist". Außerdem ist für den Erfolg von Smart Buildings darauf zu achten, dass die intelligenten Systeme und Geräte kompatibel sind, selbst wenn sie von verschiedenen Anbietern kommen, betont das BPIE.

"Sicher ist, dass wir immer noch am Anfang einer Reise der Umgestaltung sind", sagt Steuwer. Intelligente Technologien werden bisher meist von Handelsgesellschaften und einzelnen Vorreitern genutzt. Laut BPIE müssen für die weitere Verbreitung von Smart Buildings die vielen regulatorischen und finanziellen Hindernisse auf europäischer und nationaler Ebene überwunden werden. von Nastasja Metz

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