Zwei Studien, die die Heinrich-Böll-Stiftung beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft Berlin e.V. (FÖS) und dem Architektur- und Stadtplanungsbüro plan zwei aus Hannover in Auftrag gegeben hat, sollen Bewegung in die energetische Gebäudesanierung bringen. Ergebnis der Untersuchungen sind zwei neue Finanzierungsmodelle: zum einen ein marktbasiertes Prämienmodell und zum anderen ein eigenständiges Programm der energetischen Stadtsanierung unter dem Stichwort EKO-Quartier (Energie- und klimaoptimiertes Quartier) als klimapolitisch orientierte Ergänzung zur Städtebauförderung.
Mit dem Programm EKO-Quartier soll ein zusätzliches Fördermodell aus KfW-Mitteln für die energetische Stadtsanierung etabliert werden. Ziel ist dabei die energetische Optimierung der Gebäudehülle in Kombination mit einer regenerativen Wärmeversorgung, wobei die Gebäudesanierung quartiersgebunden erfolgt. In ausgewählten Vorranggebieten sollen durch Beratungsangebote und günstigere Konditionen bei KfW-Krediten gezielt die Sanierungsentscheidungen der Eigentümer in den Quartieren beeinflusst werden, erläuterte Klaus Habermann-Nieße vom Büro plan zwei das Modell jetzt bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Berlin.
Auf der Grundlage kommunaler Wohnraumversorgungs- und Klimaschutzkonzepte stünde den Kommunen damit ein differenziertes Instrumentarium zur Verfügung, um den lokalen und baulichen Erfordernissen entsprechend die quartiersbezogene energetische Sanierung abgestuft zu steuern. Sanierungswillige Einzeleigentümer könnten natürlich auch außerhalb definierter Gebiete weiterhin KfW-Mittel in Anspruch nehmen.
Es gebe bisher nur eine mangelhafte Verknüpfung von Sanierung und Stadtentwicklung, kritisierte Habermann-Nieße, der Rahmen kommunalen Handels solle deshalb deutlicher definiert werden. Die Ausgangslagen in den Stadtquartieren differieren enorm: die hohe städtebauliche Dichte, historische Gebäudestrukturen, unterschiedliche bestehende Wärme- und Energieversorgungssysteme, vielfältige Eigentümerstrukturen und eine spezifische regionale Situation am Wohnungsmarkt. Häufig sind die Mietobergrenzen bereits erreicht und Eigentümer nicht bereit zu investieren, da die Investitionen nicht auf die Mieten umgelegt werden könnten. Daher sind laut Habermann-Nieße individuell an die jeweiligen Quartierstypen angepasste Lösungen nötig, die zudem möglichst sozialverträglich gestaltet werden müssen. Ziel sei es, eine Warmmietenneutralität zu erreichen, so der Stadtplaner.
Das jedoch hält Michael Schäfer, Sprecher für Klima und Energie der Grünen Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, für unrealistisch. Ihm liegt dagegen an einer gerechten Verteilung der Kosten. Eventuell müsse man auf eine Aufteilung nach Einkommensgruppen zielen, so Schäfer.
Ein weiteres neues Fördermodell für die energetische Gebäudesanierung hat die FÖS entwickelt. Dieses sieht vor, dass Importeure und Händler von Erdgas und Heizöl Sanierern eine Prämie für Investitionen in den Gebäudebestand zahlen. Die dadurch entstehenden Kosten könnten die Energiehändler in Form einer Umlage an ihre Kunden weitergeben. Auf diese Weise soll das dem EEG vergleichbare haushaltsunabhängige Umlagesystem einen dynamischen Geldfluss sowohl in bessere Dämmung von Gebäuden als auch in die regenerative Wärmeversorgung lenken.
Das Modell soll eine haushaltsunabhängige Finanzierung sicherstellen und so mehr Investitionssicherheit für alle Beteiligten schaffen. Die Idee ist nicht neu. Bereits 2010 hat der Bundesverband Erneuerbare Energien vorgeschlagen, eine Abgabe auf Gas und Heizöl einzuführen und damit einen Fond zu bestücken, aus dem der Umstieg auf <link solar-geothermie solarthermie.html _self solarthermie>Solarthermie, <link heizung-warmwasser heiztechniken waermepumpen.html _self wärmepumpen>Wärmepumpen und <link heizung-warmwasser heiztechniken holzheizsysteme.html _self holzheizungen>Holzheizungen gefördert wird. Seiner Zeit stieß der Vorschlag bei Politik und Verbänden auf ein geteiltes Echo.
"Die Prämie decke die Zusatzkosten der Investitionen im Vergleich zu einer fossilen Wärmeerzeugung oder zu einer Weiternutzung eines Gebäudes ohne energetische Sanierung ab", warb jetzt Uwe Nestle von der FÖS für das Fördermodell. Die Prämie könne je nach durchgeführter Maßnahme variieren, wobei alle Akteure einen Anspruch darauf haben sollten, also Selbstnutzern von Gebäuden, Gebäudevermieter und Wohnungsbaugesellschaften, aber auch Contractoren, Planer oder Handwerker. Eine Kumulation mit anderen staatlichen Förderprogrammen zur energetischen Sanierung soll bei ein und derselben Maßnahme nicht möglich sein. Das Prämienmodell soll diese zumindest teilweise ablösen.
Bleibt die Frage offen, welche Maßnahmen nun über das Prämienmodell und welche über die anderen Förderprogramme bezuschusst werden. Warum aber dann nicht gleich auch die Effizienz beim Stromverbrauch mit in das Prämienmodell einbeziehen, so der Vorschlag von Christian Noll von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz Berlin. Auch sei die einseitige Besteuerung von Öl und Gas nicht ganz schlüssig, da andere Wärmesysteme wie Nachtspeicherheizungen und Wärmeversorgung aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken nicht mit einbezogen werden.
Ziel des Modells, so Nestle, sei auch die Motivation zu einem sparsameren Umgang mit fossilen Brennstoffen. So würde laut Studie der Einspareffekt durch eine Umlage von 0,1 Ct/kWh auf den Endenergieverbrauch von Heizöl und Erdgas zu einem Rückgang des Verbrauchs um insgesamt 0,3 Prozent führen. Für einen 4-Personen-Haushalt in einer 100 Quadratmeter-Mietwohnung würde eine Umlage von 0,1 Ct/kWh eine jährliche Mehrbelastung von rund 16 Euro bedeuten. Es könne allerdings nicht im Voraus bestimmt werden, wie hoch die Kosten für die Verbraucher tatsächlich sein werden.
Zur Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz sollten laut Studie zur Einführung des Prämienmodells Kompensationsmaßnahmen für einkommensschwächere Haushalte realisiert werden. Zudem solle das Modell so ausgestaltet werden, dass ein zu starkes Ansteigen der Umlage vermieden wird. Während Nestle betonte, dass das Prämienmodell für alle Beteiligten ein hohes Maß an Investitionssicherheit gewährleistet, stellten Architekten und Energieberater in Frage, ob das administrativ doch eher aufwändig erscheinende Modell wirklich einen Vorteil zu mittlerweile einfach zu handhabenden Förderprogrammen darstellt.
Von Nicole Allé