Bei den derzeitigen Koalitionsverhandlungen steht bei der Debatte um die Kosten der Energiewende der Strom im Mittelpunkt. Im Wärmebereich bleiben die Konzepte vage, zur Gebäudesanierung war bislang ebenfalls nicht viel zu hören. Dabei spielt die "zweite Miete" eine wichtige Rolle bei den Lebenshaltungskosten und ist in der Regel höher als die Stromkosten, so Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums.
Vorschläge, wie bei den Heizkosten auch für Mieter eine Kostenbremse eingezogen werden kann, hat das Hamburg Institut im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie erarbeitet. Sie haben ein Maßnahmenpaket von zehn Punkten erarbeitet, das die Energiewende auch im Wärmebereich forcieren soll.
An erster Stelle steht aus Sicht der Hamburger Forscher eine erneute Reform des Mietrechts mit einer Stärkung der Rechte der Mieter. Insbesondere empfehlen sie zu prüfen, ob eine Umlage der Heizkosten gedeckelt werden kann wenn ein Hausbesitzer eine Energieschleuder nicht saniert. Außerdem empfehlen sie zu prüfen, ob Mieter einen Rechtsanspruch auf warmmietenneutrale Sanierung haben können.
Der Staat könne von Eigentümern von Gebäuden ein Mindestmaß an energetischer Instandhaltung verlangen, so die Vorstellung der Autoren. Sie ziehen dabei den Vergleich zu Autos. Der Vergleich hinkt aber, denn Autos lassen sich aus dem Verkehr ziehen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllen, das geht bei Gebäuden nicht. Ein Zwang zur Sanierung dürfte nicht durchsetzbar sein, und schon die Definition einer "Energieschleuder" ist in der Praxis nicht so einfach.
Im zweiten Punkt fordern die Forscher ein Investitionsprogramm Wärme-Infrastruktur mit Maßnahmen für Nah- und Fernwärmenetze, Wärmespeicher, netzintegrierter Solarthermie und Geothermie.
Spannend ist der dritte Punkt. Darin fordern die Autoren die Ausrichtung auf kostengünstige Sanierungsfahrpläne und eine Steuerung der Finanzströme zu den Zielgruppen sozialer Wärmepolitik. In ersten Bundesländern gibt es für die Erarbeitung von Sanierungsfahrplänen bereits Anreize. So können Hausbesitzer in Baden-Württemberg einen solchen Fahrplan auf die dort geforderte Erneuerbaren-Quote von demnächst wohl 15 Prozent anrechnen lassen.
Die Experten plädieren außerdem für eine "sozial ausgerichtete Neufassung der Förderpolitik" und eine Konzentration der Fördermittel auf Wohnungsbestände mit einem hohen Anteil einkommensschwacher Mieter. Für Empfänger von Sozialleistungen schlagen die Autoren vor, dass die Warmmiete zum Maßstab für Wohngeld gemacht wird. Das könnte in diesem Segment das Nutzer-Investor-Dilemma zumindet schmälern. Hausbesitzer hätten ein Interesse an einer Sanierung insoweit diese warmmietenneutral bleibt, da sie bei geringeren Nebenkosten eine höhere Kaltmiete verlangen können. Die Experten schlagen außerdem einen Zukunftsbonus für energieeffiziente Wohnungen vor.
Nicht neu ist die Zusammenführung der bestehenden zahlreichen Rechtsvorschriften wie Energieeinsparverordnung, Kraftwärmekopplungsgesetz und Erneuerbare Energien Wärmegesetz. Mit der jüngsten Novelle der EnEV, die nach langen Debatten 2014 in Kraft treten wird dürfte dieses Ziel aber erst einmal wieder verschoben sein. Zu komplex sei eine Zusammenführung, argumentierte die alte Bundesregierung.
Die Experten fordern außerdem, dass neue Parameter im Wärmeschutzrecht eingeführt werden. Bislang orientieren sich die Ziele am Primärenergieverbrauch. Die Experten wollen dies durch eine Kombination von Endenergiebedarf und CO2-Emission sowie einer Berücksichtigung der Kosten pro Tonne Co2-Einsparung ablösen.
Spannend ist die Überlegung der Hamburger, aus Kostengründen den Fokus von der Effizienz auf die stärkere Einbeziehung Erneuerbarer zu verschieben. Als Beispiel dient Dänemark. Dort gibt es viel Erfahrung vor allem mit solarthermischen Großanlagen, die Wärmenetze versorgen und einen Wärmepreis zwischen 4 und 5 Cent pro Kilowattstunde Wärme erreichen. Die Experten empfehlen, diese Ansätze genauer unter die Lupe zu nehmen und nicht zu einseitig auf eine Reduzierung des Energiebedarfs im Gebäudebereich zu setzen. Sie berufen sich dabei unter anderem auf eine Untersuchung des Arrhenius-Instituts, nach der das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis für das Gesamtsystem bei einer Reduzierung des Heizwärmebedarfs von 50 Prozent gegenüber dem jetzigen Stand liegt. von Pia Grund-Ludwig