Dena-Kongress rückt CO2 in den Fokus

Gewinner des Energy Efficiency Award 2017 der Dena war im Gebäudebreich Aldi Süd. Das Unternehmen wurde für sein Energiemanagementsystem, Photovoltaikanlagen zur Eigenstromnutzung und Stromtankstellen für Elektroautos ausgezeichnet. © Dena/Frederic Schweizer

Eigentlich sollte es beim Energieeffizienzkongress der Dena um die Agenda für die integrierte Energiewende gehen. Stattdessen dominierte am Montagvormittag das Aus der Jamaika-Verhandlungen die Auftaktveranstaltungen. Das Thema "Erreichen der Klimaschutzziele 2020" sei nicht der Grund für das Scheitern gewesen, waren sich die Vertreter von FDP und Grünen einig. In diesem Punkt habe man sich weitgehend angenähert.

"Dass wir das 2020-Ziel nicht erreichen werden, ist doch naheliegend. Viel wichtiger ist es doch, jetzt einen Pfad zu entwickeln für 2030 und 2050", sprach Dena-Chef Andreas Kuhlmann den fast 900 Kongressteilnehmern in seiner Eröffnungsansprache aus der Seele.

Sektorkopplung, so Kuhlmann weiter, beschreibe nicht ausreichend, was für die Energiewende nötig sei. "Das ist mehr, das ist viel komplexer." Statt von einer Kopplung der Sektoren spricht der Dena-Chef daher lieber von einer integrierten Energiewende. Und so lautete der Titel des Kongresses in diesem Jahr "Agenda für eine integrierte Energiewende".

Wichtigster Punkt auf dieser Agenda ist für Kuhlmann, einen stärkeren Fokus auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu setzen. Mit welchen Technologien die Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden sollen, möchte die Dena allerdings offen lassen und beruft sich dabei auf die Dena-Leitstudie zur Energiewende. Deren erste Zwischenergebnisse waren im Oktober veröffentlicht worden, die endgültige Version soll im Mai/Juni 2018 fertig sein. Klar ist für Kuhlmann, dass sich heute noch gar nicht absehen lässt, welche Lösungen letztendlich zum Ziel führen werden. Nötig sei ein ökonomischer Rahmen, der den Markt konsequent auf die Vermeidung von Kohlendioxid ausrichtet.

Nationaler Alleingang contra europaweite Abstimmung

Auch in der Politiker-Runde – dem ersten parteiübergreifenden Podium nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen, wie Kuhlmann betonte – herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass eine politische Rahmensetzung in erster Linie darauf zielen sollte, Kohlendioxid zu bepreisen. Insbesondere der Vertreter der FDP, Henner Schmidt, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und umweltpolitischer Sprecher der Fraktion, sowie Oliver Krischer, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, waren sich hier einig.

Während Joachim Pfeiffer, Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU-Fraktion, diesen für falsch hält, plädiert Krischer für einen nationalen Alleingang bei der Kohlendioxid-Bepreisung. "CO2 braucht endlich einen Preis in diesem Land. Das wird sich europäisch nicht regeln lassen, denn da sind die Entscheidungen für die nächsten Jahre längst gefallen."

Vattenfall-Chef redet Klartext

"Im Bereich der dezentralen Wärmelösungen gibt es ein paar Tabuthemen, die endlich auf den Tisch müssen. 30 Prozent der Heizungen in Deutschland sind Ölheizungen", sprach Tuomo Hatakka, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vattenfall GmbH, in der Diskussionsrunde der Wirtschaftsvertreter Klartext. Vattenfall verfolge das Ziel einer konsequenten Dekarbonisierung. In den Ballungsräumen werde Fernwärme weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber es gelte, auch sie zu dekarbonisieren. Dabei sei der Kohleausstieg der erste Schritt, sagte Hatakka.

Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsbaugesellschaft Vonovia, mahnte ein vernünftiges Gebäudeenergiegesetz an. "Dieses sollte CO2-Einsparungen vorgeben und nicht mit irgendwelchen Primärenergiefaktoren hantieren", so Buch. Auch hier gelte es, das Kind direkt bei Namen zu nennen: Kohlendioxid.

"Nur nachhaltige Bauten sind energieeffizient"

Zum Thema "Energiewende im Gebäude" äußerte sich die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, am zweiten Tag des Kongresses in einem Vortrag mit weitem Horizont. Die Energiewende im Gebäude bedürfe baukulturell angemessener Lösungen, sagte die Expertin. Gefragt seien außerdem Energieexpertise, gestalterische Kreativität und eine an Nachhaltigkeit orientierte Denkweise.

Ettinger-Brinckmann hat fünf Forderungen an das energieeffiziente Bauen: Erstens müsse es Identität stiften und die Ortsmitte stärken wie das neue Bürgerzentrum in Wettstetten vom Büro Bembé Dellinger. Denn: "Eine Stadt der kurzen Wege spart Energie."

Zweitens müssten Bauten langlebig sein wegen der grauen Energie, die in ihnen steckt. "Wir dürfen Gebäude erst aufgeben, wenn dieser Rucksack aufgebraucht ist." Erreicht werde dies durch Nutzungsoffenheit und Anpassungsfähigkeit wie im sogenannten Ausbauhaus des Büros Praeger Richter in Berlin-Neukölln.

Drittens forderte Ettinger-Brinckmann Maßhalten ohne Verzicht mit klugen Grundrissen. Noch steigen die Quadratmeterzahlen an Wohnfläche ja ständig an und mit ihnen der Energieverbrauch. Das Gegenbeispiel der Architektin war das Berliner Projekt R50 Cohousing des Instituts für angewandte Urbanistik und Jesko Fezer sowie Heide & von Beckerath. "Die kleine Wohnung ist nicht als Notbehelf zu denken: Sie ist ein nachhaltiges soziales Modell des Wohnens", schreiben die Architekten. Baulich findet dies seinen Ausdruck in einem hohen Anteil von gemeinschaftlich genutzten Flächen sowie den umlaufenden, der Begegnung dienenden Balkonen.

Viertens sollte das energetisch gute Bauen den Bestand viel stärker nutzen. Bezahlbares Bauen ließe sich außerdem ohne Qualitästeinbußen leisten wie im Mehrfamilienhaus in Ansbach vom Büro Deppisch. Es wurde im Modellvorhaben "e% - Energieeffizienter Wohnungsbau" gefördert und kommt auf außerordentlich niedrige 1400 Euro Baukosten pro Quadratmeter.

Fünftens sollte energieeffizientes Bauen teamfähig sein wie ein Projekt in Erfurt. Die denkmalgeschützten Gebäude der Schottenhöfe haben Osterwold Schmidt durch ein moderne Häuser ergänzt und zum kleinen Quartier geformt. Gemeinsam unterbieten sie im Ensemble die Vorgaben der Energieeinsparverordnung um 22 Prozent. "Nur nachhaltige Gebäude sind auch energieeffizient", fasste Ettinger-Brinckmann zusammen. von Silke Thole und Susanne Ehlerding

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