Mehrere Beweggründe führten zum Bau dieses ganzjährig ausschließlich solar beheizten Informationshauses: Der Naturpark wollte den Beweis antreten, dass es auch im Bayerischen Wald, mit relativ rauem Klima möglich ist, ein Gebäude auf 600 m Meereshöhe so sparsam zu errichten, dass man auch im Winter den Heizbedarf ausschließlich mit Sonnenenergie decken kann. Es sollten die fossilen Energieträger Öl und Erdgas geschont werden, wertvolle Rohstoffe die viel zu schade zum Verheizen sind. Dies verlangt auch das Nachhaltigkeitsdenken im Rahmen einer Verantwortung für künftige Generationen.
Übergreifende ökologische Aspekte
Auch die Schäden, die weltweit an Wäldern und Ökosystemen durch Luftverschmutzung entstehen, dürfen nicht länger hingenommen werden. Ein weiterer Beweggrund war die Erkenntnis, dass viele Natur- und Artenschutzprojekte des Naturparks durch Luftschadstoffe und Klimaschäden negativ beeinflusst werden. Die Liste an vernetzten Problemen ließe sich noch weiter fortsetzen. Die Borkenkäferproblematik in den Wäldern ist ein weiterer Beleg.
Außerdem sollte das Gebäude beispielgebend sein, wie man im waldreichsten Landkreis der Bundesrepublik Deutschland mit heimischen, nachwachsenden Rohstoffen die regionale Wirtschaft ankurbeln und die Wertschöpfung in der Region erhöhen kann.
Pufferspeicher und Erdkollektor sammeln Energie
Über das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie hatte man aus dem Programm Rationellere Energiegewinnung der Innovationsberatungsstelle Südbayern Zuschüsse zur 110 qm großen Solaranlage mit dem 21.000 Liter fassenden Pufferspeicher und zum Erdkollektor erhalten. Daran war die Bedingung geknüpft, die Energiekennwerte bis zum Ende des Jahres 2003 zu erfassen und in einem Bericht herauszugeben. Dieses „Messprogramm“ wurde vom Naturpark freiwillig die letzten 20 Jahre weitergeführt.
Hochwertige Gebäudehülle
Beim Bau des Solarhauses wurde auf konsequente Wärmedämmung beim Wandaufbau und auf maximale Reduzierung der Energieverluste über Fensterflächen und Türen geachtet. Der ganzjährige Wärmeenergiebedarf beträgt in dem Gebäude mit 763 qm Nutzfläche nicht einmal 9.000 Kilowattstunden pro Jahr (würde man das Gebäude theoretisch vollständig mit Heizöl beheizen, wären nur ca. 1.200 Liter Heizöl für das Informationszentrum notwendig). Mit dem 110 qm großen, thermischen Solarkollektor auf der Südfassade des Gebäudes konnte in den vergangenen Jahren stets das 3 bis 3,5-fache der benötigten Heizenergie erzeugt und im zentralen Pufferspeicher im Treppenhaus des Gebäudes gespeichert werden. Damit können auch sonnenlose Zeiten und Nebeltage überbrückt werden. Der Engpass liegt erfahrungsgemäß meist im Dezember und im Januar.
Spektakulär niedriger Heizwärmeenergiebedarf
Heutzutage ist es üblich, den Heizwärmeenergiebedarf eines Gebäudes in Liter pro Quadratmeter Nutzfläche anzugeben, analog dem Verbrauch eines Autos in Litern auf 100 Kilometer. Bei herkömmlicher Bausubstanz und nicht wärmegedämmten Gebäuden werden heutzutage oft noch 20 Liter Heizöl pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr verbraucht. Die sogenannten Passivhäuser – das sind Gebäude die gut wärmegedämmt sind und nur mit Strom beheizt werden – erreichen je nach Bautyp zwischen 3 und 5 Liter pro Quadratmeter Nutzfläche. Spektakulär ist, dass das Naturpark-Informationshaus bei nur etwa 1,2 Liter pro Quadratmeter liegt.
Etliche andere Details wie zum Beispiel sensorgesteuerte Beleuchtung, wasserlose Urinale in den Herrentoiletten oder die bedarfsgerechte Steuerung des Lüftungsgerätes mittels eines Kohlendioxidsensors tragen zum Alleinstellungseffekt bei dem Gebäude bei. Eine Besonderheit stellt auch der vor dem Gebäude im Erdboden installierte Erdkollektor dar. Das Lüftungsgerät im Keller des Gebäudes kann dadurch im Winter bereits auf Erdtemperatur vorgewärmte Außenluft ansaugen und benötigt damit weniger Strom. Im Sommer dienen die fünf Kunststoffrohre, die in zwei Meter tiefe im Erdboden liegen dazu, die heiße Außenluft abzukühlen. Auch der Stromverbrauch des Gebäudes liegt mit etwa 15.000 kWh pro Jahr für ein Büro und Ausstellungsgebäude niedrig.
Die Baukosten lagen damals bei 1.515 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche. Für ein Gebäude, das weitgehend ökobilanziert wurde (wobei hier neben der Herstellungsenergie auch Transportentfernungen und Recyclingfähigkeit der Materialien mit Eingang gefunden haben) war dieser Wert durchaus im Rahmen. Für den Verein Naturpark Bayerischer Wald sind die relativ niedrigen laufenden Betriebskosten ein entscheidender Vorteil.
Neubauten eignen sich als Sonnenhäuser
Das „Nullenergiehaus-Projekt“ wurde ursprünglich mitunter belächelt. Dennoch fand das von den beiden Architekten Georg Dasch und Gunnar Hoffmann geplante Vorzeige-Infozentrum im Rahmen der Sonnenhausbau-Initiative des Sonnenhausinstitutes Nachahmer. Zur Massenbewegung auf dem Neubausektor hat es leider nicht animieren können und so diskutiert man heute die gleichen Themen ohne Lerneffekt: Wie erzeugt man nachhaltig Strom und Wärme, welche Speicher sind effektiv und was kann man ohne Komfort-Verlust einsparen?
Viele Neubauten könnten als Sonnenhäuser errichtet werden. Die Vorbildwirkung des Gebäudes besteht darin, dass mit einem hohen Maß an Wärmedämmung und einer intelligenten Ausnutzung der Sonnenenergie 80 Prozent des heutigen Heizenergiebedarfes eingespart werden könnten.
Energiethemen und Klimaschutz heute aktueller denn je
Das Naturpark-Informationshaus in Zwiesel wurde am 28. Februar 2002 durch den damaligen Bayer. Umweltminister Dr. Werner Schnappauf und den Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Fritz Brickwedde im Beisein zahlreicher Ehrengäste eröffnet. Hier trafen die Zukunftsminister verschiedener Länder aus allen Kontinenten zusammen. Energiethemen und das Thema Klimaschutz sind heute aktueller denn je. Zahlreiche Besucher*innen aus der ganzen Welt haben bis heute das Naturparkhaus besucht. Unzählige Veranstaltungen zu Energie- und Umwelt- sowie Naturschutzthemen wurden bisher abgehalten.
Quelle: Sonnenhaus-Institut e.V. / Delia Roscher