Die Politik muss sich im Wärmesektor sowohl durch den Ausbau von Forschung und Entwicklung als auch durch verbesserte Rahmenbedingungen für die beschleunigte Einführung von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz stärker einbringen, forderten die Wissenschaftler auf der Jahrestagung des Forschungsverbunds Erneuerbare Energien.
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Anteil Erneuerbarer Energien für Wärme und Kälte bis zum Jahr 2020 auf 14 Prozent zu erhöhen. Derzeit sind nicht einmal 11 Prozent erreicht. "Es geht nicht mehr um technische Einzellösungen, sondern um eine Optimierung des gesamten Energiesystems, in dem sich die verschiedenen Erneuerbaren Energien über die Sektorengrenzen hinweg sinnvoll ergänzen", so der wissenschaftliche Tagungsleiter Professor Vladimir Dyakonov vom ZAE Bayern. "Auch alle jetzt zu startenden Aktivitäten im Wärmesektor brauchen diese systemische Herangehensweise."
Der Erneuerbare-Energien-Markt findet bislang noch hauptsächlich auf dem Stromsektor statt, der Wärmemarkt werde zu wenig verstanden, so Gerhard Stryi-Hipp vom Fraunhofer ISE. Ziel müsse es sein, das Gesamtenergiesystem zu verstehen, um den Strom- und Wärmemarkt sinnvoll zu kombinieren. Hier schlummerten die großen ungenutzten Potenziale. Die komplexe Aufgabe und Fragen zu Kosten, Amortisation und Nachhaltigkeit löse bei Planern und Investoren allerdings noch Unsicherheiten aus.
Kosten für Wärme sollen transparenter werden
Ein Kostenlabel müsse es auch für den Wärmemarkt geben - beim Strom kann man die eingesparten Kilowattstunden ablesen, im Wärmebereich ist das komplexer, so Dyakonov. Es gelte weiterhin die Komponenten zu verbessern, so dass auch hier Kenngrößen verlässlich werden. Das Monitoring solle auch im Bereich des Wohnbaus im Mehrfamilienhaus ausgeweitet werden, um verlässliche Ergebnisse für das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu bekommen.
Professor Rolf Brendel, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Solarenergieforschung (ISFH) rät daher, die kostengünstigsten Maßnahmen erst mal umzusetzen, um das Gebäude energiefit zu machen und dann entsprechend mit Erneuerbaren Energien je nach vorhandener Infrastruktur zu kombinieren. Gute Möglichkeiten, ein wirtschaftlich sinnvolles Wärmesystem zu etablieren sehen viele Forscher vor allem im Quartiersbereich.
Eine Kosteneffizienz bei der Wärmeversorgung mit Implementierung Erneuerbarer Energien sei vor allem auf Quartiersebene zu erzielen, argumentierte Professor Dietrich Schmidt vom IBP. Dort ließen sich Synergie-Effekte mittels Strom-Wärmekopplung nutzen. Es zeige sich deutlich, dass der Einsatz von Erneuerbaren kostengünstiger sein könne als herkömmliche fossile Referenzsysteme. Um die optimalen Systeme für das jeweilige Quartier zu finden, seien aber kommunale Wärmepläne notwendig - dann können alle Akteure in den Planungsprozess eingebunden und Infrastrukturen genutzt werden.
Bei Speichern muss noch viel geforscht werden
Hohen Forschungsbedarf sieht Professor André Thess vom DLR Stuttgart bei der Erforschung von Speichern. Man sollte vor allem saisonale Wärmespeicher in Wärmenetzen stärker etablieren und Power to Heat nutzen - denn die Lösung könne nur in Hinsicht auf das Gesamtenergiesystem gefunden werden, so Stryi-Hipp. Das Investitionsrisiko dabei seien sinkende Verbräuche und geringe Anschlussquoten. Hier müssten durch Prüfung der sinnvollen Nutzung Erneuerbarer Energien Akteure mehr Orientierung erhalten, der Einzelne könne die komplexen Systeme nicht mehr beurteilen.
Lösungen für ein optimales Wärmeverteil-Konzept stellt Raphael Niepelt vom ISFH vor. Mit einer dezentralen Trinkwassererwärmung im Gebäude könne man beispielsweise Verluste bis zu 69 Prozent reduzieren. Luftkollektoren ließen sich gut mit der Wassererwärmung verbinden, PCM im Solar-Luft-System sei der beste Speicher und dadurch werde ein marktfähiger Speicherpreis erreicht. Die Bauteilaktivierung bringt hohe Effizienz und spare Kosten, indem vorhandene Speichermasse genutzt wird. Bei hybriden Speichersystemen gelte es, die Speicherkapazitäten und -leistung zu erhöhen sowie verschiedene Kombinationsmöglichkeiten zu optimieren. von Nicole Allé