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Start-up präsentiert Mikro-Windturbinen für den Balkon

E-Autos könnten Bedarf an Kleinwindkrafträdern erhöhen

Kleine Windräder sind im kommen, sagen Experten. © Sonkyo

Weil immer mehr Elektroautos geladen werden müssen, könnte die Kleinwindkraft lukrativer werden. Doch der Markt ist unübersichtlich, noch immer tummeln sich dort schwarze Schafe, mahnen Experten. Immerhin einige Start-ups machen mit neuen Technologien auf sich aufmerksam.

Durchgesetzt hat sie sich bislang nicht: die Kleinwindkraft. Während hierzulande auf den Dächern schätzungsweise fast eine Million kleinere Photovoltaikanlagen installiert sind, gibt es nur 15.000 bis 20.000 Kleinwindräder. Eine solche Anlage lohnt sich bislang nämlich nur bei einem hohen Eigenverbrauch. Denn der Strom einer kleinen Anlage mit einer Leistung von weniger als 50 Kilowatt wird nur mit wenigen Cents pro Kilowattstunde vergütet.

Doch in nächster Zeit könnten kleine Windräder plötzlich begehrt werden, mutmaßen Experten. „Bei der Kleinwindkraft stehen wir eigentlich kurz vor dem Durchbruch, der Markt wird deutlich anziehen“, sagte etwa Stephan Schwartzkopff, der Vorsitzende des Bundesverbandes Kleinwindanlagen (BVKW), bereits auf der 5. Fachtagung Kleinwindkraft im vergangenen Jahr. Er glaubt, dass die Technik vor allem für viele Kommunen oder Gewerbebetriebe eine interessante Option ist, um Elektroautos zu laden. Und im Zuge der Neuausrichtung vieler Automobilhersteller werden auch immer mehr Privatpersonen ein E-Auto fahren – sodass ein kleines Windrad auch für den Heimgebrauch lukrativ werden könnte.

Der Markt mit den Kleinwindrädern ist jedoch unübersichtlich, weltweit werden über 1000 unterschiedliche Modelle in verschiedensten Bauformen und Größen angeboten – vertikale oder horizontale Rotoren, mit großen und kleinen Spannweiten und unterschiedlicher Effizienz. Das macht es Verbrauchern schwierig, die Wirtschaftlichkeit einer Anlage zu berechnen. Als Durchschnittswert setzen Experten rund 5000 Euro pro Kilowatt Generatorleistung an. Eine für Privatpersonen gängige Windanlage mit zwei Kilowatt würde also 10.000 Euro kosten. Ganz so leicht sei die Rechnung allerdings nicht, sagt Patrick Jüttemann, unabhängiger Experte und Betreiber des Onlineportals „www.klein-windkraftanlagen.com“. „Die Generatorleistung sagt wenig über die Ertragskraft der Windkraftanlage aus“, erklärt Jüttemann. Entscheidender sei etwa die Länge der Rotorblätter.

Kleinwind-Marktreport 2020 ist erschienen

Jüttemann gibt jährlich den Kleinwind-Marktreport heraus, die aktuelle Ausgabe ist gerade erst erschienen. Auf Basis einer aufwendigen Analyse werden nur erprobte Kleinwindanlagen in die Übersicht aufgenommen. Der Kleinwind-Marktreport 2020 umfasst die ausführliche Beschreibung von 31 Herstellern und 68 Windgeneratoren. Darüber hinaus werden wichtige Themen wie Wirtschaftlichkeit, Genehmigung und technische Grundlagen erläutert. Im Vergleich zur Vorgängerversion sind im aktuellen Report fünf Hersteller neu dabei. Darunter erstmals eine vertikale Windkraftanlage über 20 kW Leistung. Der Marktreport wird als PDF-Datei angeboten und kann online bestellt werden.

Und natürlich muss eines vorhanden sein: möglichst viel Wind. „Für Kleinwindanlagen geeignete Standorte sind zum Beispiel am Siedlungsrand oder im ländlichen Raum“, sagt Jüttemann. Im Vergleich zur Photovoltaik sei das Standortpotenzial aber kleiner. „Solaranlagen kann man auf die meisten Dächer bauen, kleine Windanlagen auf Dächern machen in der Regel kein Sinn.“ Doch das scheinen nicht alle Besitzer zu berücksichtigen. Oftmals würden die Anlagen an Standorten ohne ausreichende Windgeschwindigkeiten stehen und erwirtschafteten aufgrund ihrer geringen Höhe keine kostendeckenden Erträge, erklärt der BWE. „Das muss unbedingt vorher geprüft werden“, fügt Jüttemann hinzu. Bei der Anlagentechnik seien mittlerweile Kleinwindanlagen mit horizontaler Rotorachse der Stand der Technik, auch was Wirkungsgrad und Stromerträge angeht, sagt der Experte. „Diese Bauform hat sich nicht umsonst bei den Megawattanlagen durchgesetzt.“

Nicht nur mangelnder Wind könnte neuen Besitzern von Kleinwindanlagen einen Strich durch die Rechnung machen. Schwierig werden könnte auch das Genehmigungsverfahren. Denn ob eine Anlage zugelassen wird, entscheidet jedes Bauamt anhand von eigenen Kriterien. Neben den baurechtlichen Anforderungen, die in den jeweiligen Landesbauordnungen festgehalten sind, können je nach Standort auch Naturschutzgesetze oder der Denkmalschutz einem Vorhaben im Weg stehen. „Manche Behörden blockieren von Anfang an“, sagt Jüttemann. Dabei falle auf, dass oft ein vollkommen falsches Bild über Kleinwindkraft vorherrsche. „Man kann es nicht oft genug sagen“, sagt Jüttemann. „Kleinwindkraftanlagen sind optisch unauffällig, haben kein Einfluss aufs Landschaftsbild.“ Zuletzt seien aber immer mehr Bundesländer dazu übergegangen, kleine Windkraftanlagen mit einer Höhe von bis zu zehn Metern auch ohne Genehmigung zuzulassen.

Bei kleinen Windkraftanlagen gilt Vorsicht

Doch gerade bei kleinen Windanlagen bis zu fünf Kilowatt Nennleistung, die zumeist bei privaten Hausbesitzern zum Einsatz kommen, gilt Vorsicht. „Leider gibt es nach wie vor zu viele Anbieter auf dem Markt, deren Kleinwindturbinen nicht empfehlenswert sind“, sagt Jüttemann. Manche Kleinwindräder seien nicht oder nur unzureichend getestet worden, was etwa Sturmsicherheit und Dauerbelastung angeht. „Mangelhafte Technik wird gerne mit unrealistischen Ertragsdaten angepriesen“, sagt Jüttemann. Bei allzu optimistischen Versprechen sollten Käufer also skeptisch werden.

Potenzial sieht Jüttemann bei jungen Start-ups, die mit technischen Innovationen auf sich aufmerksam machen wollen. Eines davon ist Enbreeze aus Berlin. Die Anlage der Jungfirma ist deutlich kleiner als handelsübliche Großwindkraftanlagen, liegt mit einer Nabenhöhe von rund 20 Metern jedoch über der von Kleinstanlagen für den Privatgebrauch.  Dafür besitzt die Anlage einen außerordentlich großen Rotor mit einem Durchmesser von elfeinhalb Metern. Eine Nische, die sich vor allem für Gewerbebetriebe in stadtnahen Gebieten lohnen könnte. Ab einer Windgeschwindigkeit von acht Metern pro Sekunde erreicht das Windrad eine Nennleistung von 15 Kilowatt. Bei mittlerer Windgeschwindkeit könnte der Stromertrag pro Kilowatt Leistung doppelt so hoch ausfallen wie bei durchschnittlichen PV-Anlagen in Deutschland, rechnet das Unternehmen vor.

Die Firma Mowea macht es umgekehrt und setzt auf Mikroturbinen. Das kleinere Einzelmodell hat einen Durchmesser von gerade einmal 90 Zentimetern und kommt auf eine Leistung von 50 Watt, ein größeres schafft immerhin 400 Watt. Durch ihre Kompaktheit sind die Anlagen für Regionen mit schwachen Windverhältnissen ausgelegt. Außerdem können die kleinen Rotoren jeweils auch Einzelteil eines beliebig großen Systems sein. Sie lassen sich nämlich nach dem Lego-Prinzip zu größeren Netzen zusammenschließen. Hinzu kommt, dass die Anlagen als Plug-and-Play-Ergänzung zu Solaranlagen genutzt werden. Ihre Einsatzfelder: auf dem Privatbalkon, aber auch auf Telefonmasten oder den Dächern von Industriegebäuden.

Deutsche Start-ups haben jedoch mehr im Blick als nur den deutschen Privathaushalt. „Die meisten jungen Hersteller wollen für den Weltmarkt produzieren, der große Chancen bietet“, sagt Jüttemann. In vielen Klimazonen kämen Verbraucher alleine mit Photovoltaik und Batterien nicht übers ganze Jahr, wenn dort eine unabhängige Stromversorgung entstehen soll. „Die Miniwindanlage deckt den Bedarf in der sonnenarmen Jahreszeit“, sagt Jüttemann. Ein Markt mit großem Potenzial, denn immer noch leben weltweit mehr als eine Milliarden Menschen ohne Strom. Doch auch bei Start-ups gelte: Erst unabhängige Tests der Technik würden zeigen, ob eine konkrete Windanlage reif für den Markt ist. von Laurin Meyer

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