Ein bisschen fühlte man sich an Bilder von der Präsentation neuer Apple-Produkte erinnert, als Christian Kreisel mit seinen beiden Brüdern "Mavero" vorstellte, die "Akku-Revolution" für die Stromspeicherung im Wohnhaus und im kleineren Gewerbebetrieb. Fast drei Stunden lang konnten 50 geladene Gäste in einer ehemaligen Berliner Werkshalle die drei Firmenchefs in T-Shirt und Jeans sowie zwischendurch die Hamburger Electro-Band Sono erleben. Großer Aufwand und ein hoher Anspruch also für das Familienunternehmen Kreisel, das mit 30 Mitarbeitern in Österreich beheimatet ist.
Wer gehofft hatte, am Ende der Show, versehen mit umfassenden technischen Informationen, einschätzen zu können, ob das Produkt wie angekündigt "neue Maßstäbe in Sachen Wirtschaftlichkeit" setzen und "Tesla das Fürchten lehren" wird, muss sich allerdings nun doch noch eine Weile gedulden. Außer einer Pressemitteilung, einem kleinen Faltblatt und einem (freilich gut aufgemachten) Video gab es kaum Greifbares und vor allem nichts Detailliertes für die Journalisten.
Dass man aber als Hausbesitzer und Photovoltaikanlagen-Betreiber den angekündigten Auslieferungsbeginn "Anfang 2017" für den Mavero im Auge behalten sollte, dafür spricht allein schon der Umstand, dass Kreisel bisher bereits Zulieferer für einen großen Teil der europäischen Fahrzeugindustrie ist. Wer Fahrstrom-Akkus für VW, Porsche und Co. liefert, muss anders als bisher noch im Gebäudebereich sehr harte Anforderungen und Technikstandards erfüllen und preislich konkurrenzfähig sein.
Der Kaufpreis als wichtigstes Argument
Der Preis war dann auch das erste von vier Hauptargumenten, die Christian Kreisel für sein Produkt nannte. "Deutlich unter 700 Euro" pro Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität werde der Mavero den Endkunden kosten. Auf Nachfrage stellte er klar, dass mit "deutlich" zum Beispiel 640 Euro/kWh für die größte Variante mit einer nutzbaren Kapazität von 22 kWh gemeint sei; und dass das ein Nettopreis sei und sich auf die verschalteten Lithium-Ionen-Zellen, das Gehäuse und die Ladezustandsanzeige (schick mit umlaufender LED-Leiste in wechselnden Farben) bezieht. Auch die Schnittstelle zum Wechselrichter (der Mavero ist ein reines Gleichstromsystem) ist dabei.
Nicht enthalten, so würde sicher zum Beispiel ein Vertreter des deutschen Marktführers "Sonnen" einwenden, sind jedoch Komponenten wie die zum Anschluss nötige Messtechnik sowie Dienstleistungen - zum Beispiel die Installation oder die Vernetzung mit anderen Speicherbetreibern.
Kreisel hat angekündigt, nach der Intersolar auch ein Komplettsystem anzubieten, doch freilich wird das einen höheren Preis haben. Das Revolutionäre an unter 700 Euro pro Kilowattstunde sei laut Kreisel, dass der legendäre Mitbewerber und Branchenschrittmacher Tesla Motors für seine "Powerwall"-Modelle "circa 1.000 Euro pro Kilowattstunde" verlange. Von Tesla war dazu offiziell keine Stellungnahme zu bekommen; ein Mitarbeiter sagte allerdings, einen Endkundenpreis gebe sein Unternehmen gar nicht an, sondern nur den Großhandelspreis. Aus diesem wiederum ergebe sich für Tesla ein Preis von ebenfalls unter 700 Euro/kWh, wobei darin sogar Installation und Mehrwertsteuer schon enthalten seien.
Das zweite Hauptargument der Mavero-Macher ist ein Wirkungsgrad von 96 Prozent. Auch diesen vergleichen sie mit Konkurrent Tesla, der nur 92 Prozent vorzuweisen habe. Ein Branchenkenner sagte dazu, 96 Prozent sei ein inzwischen üblicher Wert, während der Tesla-Insider die fehlende Definition von "Wirkungsgrad" bemängelte.
Mehr Autarkie durch eine höhere Maximalleistung
Drittens wies man bei Kreisel darauf, dass man dem Mavero je nach Größe eine maximale Leistung von 4,8 bis hin zu 9,6 Kilowatt entnehmen könne - im Gegensatz zu Teslas Powerwall, die nur auf höchstens 3,3 Kilowatt komme. Somit erlaube der Mavero ein höheres Maß von Autarkie, auch bei einem Ausfall des öffentlichen Netzes.
Aus dem Tesla-Lager war dazu zu hören, das spiele kaum eine praktische Rolle, denn das Netz stehe so gut wie immer zur Verfügung. - Das schon, antwortete darauf Christian Schlögl von Kreisel, "aber zu welchem Kilowattstundenpreis?" Die mit Solarstrom selbst erzeugte Energie sei schließlich viel billiger als der Netzstrom.
Das vierte und letzte Hauptargument von Kreisel ist ein technisches Alleinstellungsmerkmal. Die Österreicher - die die Einzelzellen nicht selbst herstellen, sondern zukaufen -, verbinden diese mit einer speziellen Laser-Schweißtechnik. Zum einen, so Christian Kreisel, würden dadurch die Zellen nicht wie beim herkömmlichen Schweißen (oder gar Löten, wie in Asien üblich) "verletzt" und so in der Leistung beeinträchtigt.
Schneller laden durch spezielle Verbindungstechnik
Zum anderen führten solche konventionellen Verbindungen zwischen den Zellen zu uneinheitlichen Widerständen. Die Steuerung merke dann am Ende des Ladens, dass manche Zellen aus diesem Grund noch nicht voll geladen seien, und lade diese nach. Das könne den Ladevorgang gegenüber den bei Kreisel mit Laser hergestellten Verbindungen um mehr als 10 Prozent verlängern.
Auf jeden Fall zu erwarten ist vom Kreisel-Markteintritt in dieses Segment eine weitere Belebung im Sinne der Käufer. Eines wird andererseits nicht eintreten, wie Christian Kreisel bereits eingeräumt hat: eine noch deutlichere Verbilligung von Speicherinstallationen bei großen Mehrfamilienhäusern durch den Mavero. Denn das Produkt sei zwar modular aufgebaut und sogar innerhalb des Startgehäuses in der Kapazität erweiterbar. Sobald man aber mehrere Gehäuse zu einer wirklich großen Anlage verbinden müsse, entstehe erheblicher Aufwand und eine gewisse spezifische Leistungsminderung. Der Preis pro Kilowattstunde nehme deshalb mit der Größe der Gesamtanlage kaum ab. Von Alexander Morhart