Um den Nachweis über die Praxistauglichkeit innovativer Baumaterialien, Systeme und Technologien zu beschleunigen, baut das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern) in Würzburg ein Energy Efficiency Center (EEC). Die Siemens-Division Building Technologies ist Partner dieses Projektes und entwickelt in enger Zusammenarbeit mit dem ZAE Bayern und der Ebert-Ingenieure GmbH neue Regelungsstrategien für die Gebäude von morgen.
Viele der heutigen Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme (HLK- Systeme) entsprechen dem Entwicklungsstand der späten 1980er Jahre. Mit dem Bau des neuen Energy Efficiency Centers will das ZAE Bayern eine Technologiereferenz für zukunftsorientiertes Bauen und innovative Gebäudetechnik schaffen, die gleichzeitig als Innovationsbeschleuniger wirken soll.
Durch den forschungsbegleitenden Planungs-, Realisierungs- und Erprobungsprozess sollen die Ergebnisse der anwendungsbezogenen Energieforschung mit Unterstützung von Industriepartnern möglichst zeitnah in marktgängige Bauteile, Produkte und Systeme umgesetzt werden. Im Fokus stehen insbesondere die Wechselwirkungen des in Leichtbauweise errichteten Baukörpers und der neuartigen membranbasierenden Dachkonstruktionen mit den teilweise prototypischen HLK-Anlagen und der dafür notwendigen Regelungs- und Betreiberstrategien.
Das Ziel bei diesem Projekt ist der Nachweis, dass ein Gebäude aus energieoptimierten textilen Hüllen und hochwärmegedämmten, ultraschlanken Vakuumisolierpaneelen in der Wechselbeziehung mit innovativen HLK-Systemen unter Praxisbedingungen funktioniert und zu einer hohen Gebäudeenergieeffizienz führt.
Für die Siemens-Division Building Technologies ergibt sich durch die Zusammenarbeit mit dem ZAE Bayern, dem Architekturbüro Lang Hugger Rampp, und der Ebert-Ingenieure GmbH, die Chance, das bestehende Raum- und Gebäudeautomatisierungssystem Desigo unter realen Situationen zu testen und neue Regelalgorithmen zu entwickeln.
Die Besonderheiten des Projekts sind die gewerkübergreifende Verknüpfung von Raumtemperaturregelung, Beleuchtungssteuerung, Blend- und Sonnenschutz sowie deren Zusammenspiel mit neuartigen Materialien und innovativen gebäudetechnischen Komponenten. Eine weitere Herausforderung ist die Regelung und Steuerung der als Backup notwendigen konventionellen HLK-Anlagen als Grundinfrastruktur bei gleichzeitiger Einbindung der Forschungsprojekte und deren Priorisierung im Betrieb.
Zu den prototypischen Anlagen zählen unter anderem: Klima-Heiz- und Kühldecken aus Graphitplatten mit thermisch angekoppeltem Phasenwechselmaterial, so genanntem Phase Change Material (PCM), sorptive Klimaanlagensysteme in offener und geschlossener Bauart, nächtliche Strahlungskühlung über Dachflächen durch einen offenen Regenwasserkreislauf mit Einspeicherung des abgekühlten Wassers in einer Löschwasserzisterne, über Membransysteme belichtete und erwärmte Räume und deren Wechselwirkung mit den gebäude- und raumlufttechnischen Anlagen.
Das besondere Interesse des ZAE Bayern gilt dem Verhalten der Phasenwechselmaterialien unter statischen und dynamischen Bedingungen. Durch Wasserkreisläufe oder eine gezielte Konvektion über ein Lüftungssystem soll der Be- und Entladeprozess der Latentspeichermaterialien beschleunigt werden.
Auch Siemens ist an belastbaren Daten über das Verhalten von PCM- Bauteilen interessiert, zumal bei der Division Building Technologies bereits umfangreiche Erfahrungen mit der Regelung von thermoaktiven Bauteilsystemen vorliegen. Jetzt geht es darum, diese Erkenntnisse auf PCM-Bauteile zu übertragen und die Regelalgorithmen an die Besonderheiten der Phasenwechselmaterialien anzupassen. Durch die intelligente Be- und Entladung von PCM kann der Bedarf an konventionell erzeugter Kälte und damit auch der Spitzenstrombedarf eines Gebäudes reduziert werden.
Ein weiteres Planungsziel beim Energy Efficiency Center ist die Minimierung konventionell erzeugter Heiz- und Kühlleistung durch intelligente Regelungs- und Steuerungskonzepte. Voraussetzung dafür ist, die Mess-, Steuerungs- und Regelungs-Funktionen sowie das Gebäudeautomatisierungssystem gezielt für ein leichtes Niedrigenergiegebäude zu planen, denn der Anspruch an die Regelungsgüte und die -strategie ist dort ungleich höher als bei einem konventionellen Gebäude.
Dazu ist es notwendig, die Energiesparfunktionen übergreifend über die einzelnen Fachgewerke intelligent miteinander zu verknüpfen und Informationen aus den Gebäudesimulationen während der Planungsphase in die Regelungsstrategien miteinzubeziehen.
Da es sich beim EEC sowohl um ein Forschungsgebäude als auch um ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Forschungsprojekt handelt, werden an die Erfassung, Dokumentation und Weiterverarbeitung der Messwerte besonders hohe Anforderungen gestellt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurde bereits in der Planung ein gewerkübergreifendes Zähler- und Auswertungskonzept entwickelt. Von Vorteil war, dass durch die integrierte Planung die Protokolle für das Gebäudeautomatisierungssystem (BACnet), das Zählersystem für Wasser und Wärme (M-Bus) und für die Zählung und Messung elektrischer Energie (Mod-Bus) schon im Vorfeld festgelegt werden konnten. Quelle: ZAE Bayern / 117pgl