Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Experten noch uneins über die genauen Potenziale

Wärmepumpen arbeiten immer besser

Auch Altbauten können mit Wärmepumpen beheizt werden. © Alexander Morhart

Drei aktuelle Energiemarktstudien mit einem Betrachtungszeitraum bis 2050 machen Aussagen zum Potenzial und zu den Grenzen von Wärmepumpen. Ihre Rolle schätzen Experten sehr unterschiedlich ein.

"Die Wärmepumpe ist die gesetzte Technologie im Neubau für die nächsten 20, 30 Jahre", sagt Barbara Kaiser vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Marek Miara vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) sieht das auch für den Gebäudebestand so. Roger Corradini von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FFE) und Falk Auer von der Nachhaltigkeitsorganisation Agenda 21 sind da skeptisch.

Drei große Energiemarktstudien für Deutschland mit einem Betrachtungszeitraum bis 2030 und 2050 sind in der vergangenen zwölf Monate herausgekommen und machen jeweils auch Aussagen zu Potenzial und Grenzen von Wärmepumpen. Die drei Studien sind: Das Zwischenfazit der Dena-Studie "Integrierte Energiewende", deren Endfassung für Juni angekündigt ist. Die Studie "Wärmewende 2030" der Fraunhofer-Institute für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und für Bauphysik (IBP) für Agora Energiewende von Februar 2017. Und die erst vor vier Wochen präsentierte Arbeit für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Diese drei Studien halten im Jahr 2030 zwischen etwa vier Millionen und acht Millionen Wärmepumpenanlagen für sinnvoll. Für 2050 ist in der BDI-Studie sogar die Rede von bis zu 16 Millionen Wärmepumpenanlagen, die "der stärkste Hebel" zur Reduktion von Treibhausgasen seien. Man kann sich leicht ausrechnen, dass zu den heute rund 800.000 Anlagen im Durchschnitt jährlich netto über 470.000 hinzukommen müssten. Zum Vergleich: Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hat sich vor kurzem über das Rekordjahr 2017 mit einem Absatz von 78.000 Heizungswärmepumpen gefreut. Dena-Chef Andreas Kuhlmann stellte die BDI-Zahlen bei der Deutschen Wärmekonferenz in Berlin als unrealistisch dar.

"Ein Nachtspeicherofen ist keine Zentralheizung"

Manfred Greis, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), wurde bei der gleichen Konferenz konkreter. Er griff eine Passage aus der BDI-Studie heraus, nach der die Stromnachfrage im Gebäudesektor trotz 14 Millionen neuer Wärmepumpen bis 2050 fast stabil wäre, "weil parallel vier Millionen elektrische Direktheizungen (vor allem alte Nachtspeicheröfen) aus dem heutigen Bestand reduziert werden, die einen drei- bis viermal so hohen Strombedarf haben" und "meist in schlecht gedämmten Gebäuden stehen."

Greis sagte, das würde voraussetzen, dass die Gebäude im Bestand so ausgestattet seien, dass sie den Einsatz von Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl (gewonnene Umgebungswärme geteilt durch eingesetzte Elektroenergie übers Jahr) von 4 erlaubten. "Mindestens genau so fahrlässig" sei bei dieser Rechnung die Vernachlässigung der Tatsache, dass ein Nachtspeicherofen keine Zentralheizung sei: "In einem Haus, wo Nachtspeicheröfen eingebaut sind, sind mehrere eingebaut, weil die in der Regel nur ein Zimmer beheizen."

"Jahresarbeitszahlen sind unrealistisch"

Zu anderen Punkten, aber mit der gleichen Stoßrichtung hat Falk Auer in Artikeln unter anderem auf der Internetseite des Bundes der Energieverbraucher und in der DGS-Zeitschrift "Sonnenenergie" die Agora-Studie kritisiert. Die darin vorausgesetzten Jahresarbeitszahlen für Luftwärmepumpen seien unrealistisch hoch und die darauf basierenden Treibhausgas- und Wirtschaftlichkeitsangaben nicht haltbar. Auer, Inhaber eines Ingenieurbüros und bis 2014 Projektleiter eines "Feldtests Wärmepumpen" der lokalen Agenda-21-Umweltgruppe im badischen Lahr, stützte sich dabei auf eine siebenjährige Auswertung von Messungen an 65 Anlagen.

Genau diese Auswertung hatte allerdings schon kurz nach ihrer Veröffentlichung der BWP mit einer Reihe von methodischen Argumenten infrage gestellt. Der Wärmepumpenverband berief sich dabei auf die Forschungen von Marek Miara vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, der seit inzwischen 15 Jahren ebenfalls reale Anlagen misst und die Daten auswertet. Miara kann in der deutschen Forschungslandschaft mittlerweile als "Mister Wärmepumpe" bezeichnet werden. Im vergangenen November haben Miara und sein Kollege Danny Günther bei einer Tagung des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins in Bremen neue Ergebnisse vorgestellt.

Neue Studie zu Wärmepumpen im Bestand

EnBauSa hat Miara bei einem Gespräch in Berlin nach dem Stand der Dinge aus seiner Sicht gefragt. "Mit der neuesten Studie, wo wir die Wärmepumpe explizit im Bestand untersucht haben, sehen wir, dass Wärmepumpen auch dort schon vernünftig arbeiten können", sagte der Forscher. Das klingt ähnlich wie bei Barbara Kaiser vom BDH. Sie hatte gesagt, bei entsprechender Sanierung seien Wärmepumpen "auch in älteren Gebäuden zweckmäßig einsetzbar". Laut Miara kann es schon viel bringen, wenn man Heizkörper tauscht: "Manchmal ist es sinnvoll, zwei oder drei Radiatoren auszuwechseln, die dann deutlich niedrigere Vorlauftemperaturen benötigen, um die gleiche Energiemenge zu übertragen. Dafür reichen grob 1000 Euro pro Radiator", berichtete er.

Die neueste Auswertung von knapp 30 Anlagen in Bestandsgebäuden habe sogar bei den Luftwärmepumpen eine mittlere Jahresarbeitszahl von 3,1 erbracht. Auch die schlechteste Anlage habe noch 2,5 geschafft. Bei den Erdwärmepumpen sei der Mittelwert 3,7. Verglichen mit einer früheren Auswertung am Fraunhofer ISE von Christel Russ im Jahr 2008 ist das eine Verbesserung. Damals waren die Luftwärmepumpen im Mittel nur auf 2,7 und die Erdwärmepumpen auf 3,3 gekommen. Für die Treibhausgasbilanz, sagte Miara, reiche eine Jahresarbeitszahl von etwas über 1,9, um besser zu sein als ein Erdgaskessel mit 90 Prozent Jahresnutzungsgrad, wenn man von 530 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde des verwendeten Stroms ausgehe.

Auf den Strommix kommt es an

Genau hier hakt Roger Corradini von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FFE) in München ein, der die Emissionen stundengenau für ein komplettes Jahr verglichen hat. Man dürfe nicht den durchschnittlichen Strommix ansetzen, sondern müsse den in Rechnung stellen, den die Wärmepumpe tatsächlich anfordere.

Marek Miara ließ diesen Einwand nicht gelten. Zum einen habe Corradini den Gaskessel mit Solarthermie kombiniert: "Wenn man fairerweise Wärmepumpen mit PV auf der einen Seite mit Solarthermie mit Gaskessel auf der anderen Seite verglichen hätte, dann wäre das Bild total anders." Was den stundengenauen Strommix angehe, mache das keinen wesentlichen Unterschied: "Wir haben vor sechs Jahren schon einmal dynamische Kennzahlen ermittelt, und es hat sich gezeigt: Wenn man den deutschlandweiten Strommix bei statischen Kennzahlen und dynamischen Kennzahlen vergleicht, sind die Ergebnisse sehr ähnlich. Wir haben dennoch vor, das jetzt auch 15-minütlich auszuwerten."

Roger Corradini sagte im Gegensatz dazu später, die Abweichungen zwischen übers Jahr gemitteltem und zeitlich aufgelöstem Strommix, den eine Wärmepumpe verwendet, entsprächen "momentan einem Unterschied bei den CO2-Emissionen von fünf bis zehn Prozent." Und: Sie stiegen mit dem Anteil des erneuerbar erzeugten Stroms sowie mit der Summe der Wärmepumpen-Stromlast an.

Im Winter liefern Fossile den Strom

Auch dem konkreten Argument von Miara, im Winter liefen inzwischen so viele Windenergieanlagen, dass sie den dann nicht vorhandenen PV-Strom kompensierten, widerspricht Corradini. Schon heute lieferten im Winter vor allem fossile Kraftwerke den Wärmepumpenstrom. Man könne das online sehen, wenn man beim sogenannten Agorameter zum Beispiel den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2017 anzeigen lasse.

Daran, so Corradini, ändere auch eine zukünftige Optimierung des Strombezugs von Wärmepumpen nicht unbedingt etwas: "Eine Wärmepumpe, die in Abhängigkeit vom Strompreis betrieben wird, kann zu höheren CO2-Emissionen führen als eine, die man nur nach dem Wärmebedarf betreibt."

Für eine solche Optimierung, sei es nach dem Strompreis oder nach den Treibhausgasen, ist ein zusätzlicher thermischer Speicher nötig. Ebenso könne er erforderlich sein, um nächtlichen Lärm zu verringern, sagte Barbara Kaiser: "Man kann den Nachtbetrieb, für den die TA Lärm (= Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) natürlich strengere Grenzwerte vorschreibt, reduzieren, wenn die Wärmepumpe zum Beispiel mit einem genügend großen Speicher geplant wird."

Speicher einrechnen oder nicht

Ob man dessen Verluste in die Jahresarbeitszahl einrechnen sollte oder nicht, war ein wichtiges Thema im Disput zwischen Marek Miara und Falk Auer gewesen. Auer kann sich unter den Gesichtspunkten Optimierung und Lärmschutz im Nachhinein bestätigt sehen. Und er bekommt, sowohl was den nachteiligen Einfluss eines solchen Speichers, als auch, was das Niveau der Jahresarbeitszahlen allgemein angeht, Schützenhilfe ausgerechnet aus einem anderen Fraunhofer-Institut.

Antje Bergmann und Hans Erhorn vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart untersuchen nämlich ebenfalls in einem Feldversuch 16 Wärmepumpen. Die drei Luftwärmepumpen, bei denen einschließlich des Speichers bilanziert werden konnte, erreichten nur eine mittlere Jahresarbeitszahl von 2,2. Die acht Anlagen mit Bilanzierung ohne den Speicher waren etwas besser, kamen aber im Mittel auch nur auf 2,6. von Alexander Morhart.

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