Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Russischer Gaslieferstopp

Wärmekund*innen müssen trotz Stopp nicht frieren

Russland hat die Gaslieferungen nach Deutschland gedrosselt. Foto: tomas/stock.adobe.com

Russland hat seine Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 nach Abschluss der Wartungsarbeiten reduziert. So können die Speicher nicht weiter befüllt werden und es könnte zu Versorgungslücken im Januar und Februar 2023 kommen. Private Heizungskund*innen sind dennoch bis zum Schluss geschützt.

Wie angekündigt hat Russland die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 weiter auf 20 Prozent minimiert. Der russische Energiekonzern Gazprom hatte am 25. Juli angekündigt, wegen einer weiteren fehlenden Turbine nur noch 20 Prozent der Gaskapazität von Nord Stream 1 nach Westeuropa zu liefern. Vor und nach einer zehntägigen Wartungspause, in der gar kein Gas geflossen war, hatte Gazprom nur 40 Prozent der Kapazitäten durchgeleitet. Nach derzeitiger Rechtslage muss der Gasmangel bei nicht-geschützten Kund*innen kompensiert werden. Zunächst müssen die Gaskraftwerke abgeschaltet werden und Industriekund*innen bekämen weniger Gas.

Heizkund*innen sind geschützt

Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender – Ressort Energie des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DGVW) in Bonn, betont: „Selbst wenn nun gar kein russisches Gas mehr fließt, müssen die rund 19 Millionen Heizungskunden in Deutschland in ihren Wohnungen nicht frieren. Sie zählen zu den sogenannten geschützten Kunden und werden ähnlich wie Wärmekraftwerke, soziale Einrichtungen sowie Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen mit einer begrenzten Jahresentnahme auch den kompletten Winter über beliefert. Dies gibt der europäische Rechtsrahmen vor und ist im deutschen Energiewirtschaftsgesetz verankert.“

Obwohl für die Endverbraucher*innen in jedem Fall genug Gas verfügbar sei, begrüßt der Verein die von der EU-Kommission und der Bundesregierung vorgeschlagenen Einspar-Maßnahmen. „Durch Absenken der Raumtemperatur, einen sorgsamen Umgang mit warmem Wasser sowie eine optimale Einstellung der Heizungsanlage durch Fachleute, kann der Gasverbrauch signifikant reduziert werden. Als vollkommen falsch und fehlgerichtet stufen wir Entwicklungen ein, mit elektrischen Heizstrahlern überwintern zu wollen, denn mit Strom zu heizen ist teuer und kann zu Überlastungen des Systems führen. Mit Wärmebedarfsspitzen kann das Gasnetz viel besser umgehen, denn dafür ist es ausgelegt. Es liefert an kalten Wintertagen die dreifache Energiemenge wie das Stromnetz.“

Industrie nutzt am meisten Gas

Deutschland verbraucht rund 1.000 Terawattstunden Gas pro Jahr. Ungefähr 30 Prozent davon werden für das Heizen benötigt, knapp 40 Prozent nutzt die Industrie. Um Bedarfslücken beim Ausbleiben von Mengen aus Russland zu schließen, wird es weiterhin zu einer erhöhten Einspeisung aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden kommen müssen. Auch die Anbindung der schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel werden für Entlastung sorgen. Hierzu müssen die technischen Kapazitäten des deutschen Leitungssystems ertüchtigt werden, was durch die Branche bereits im Netzentwicklungsplan mitgedacht wurde.

Fließt nach der Wartung von Nord Stream 1 wieder russisches Gas, ist die Versorgungssituation wesentlich entspannter. „Es bleibt aber gerade dann die Aufgabe der Politik und der Versorgungswirtschaft, die Abhängigkeit von russischem Erdgas so schnell wie möglich zu beenden. Dazu gehört neben der Diversifizierung der Lieferländer auch ein breiteres Portfolio an Energieträgern. Die LNG-Terminals sind ein erster wichtiger Schritt. Wir müssen aber auch umgehend weitere Maßnahmen ergreifen, um klimaneutrale Alternativen zu Erdgas in den Markt zu bringen. Ein schneller Ausbau der heimischen Kapazitäten von klimaneutralem Wasserstoff und Biomethan ist jetzt vordringlich“, erklärt Linke. Biomethan-Anlagen seien bereits in der Warteschleife und müssten nun dringend angebunden werden. Hürden, die einem Anschluss und Hochlauf im Weg stehen, müssen umgehend durch die Politik beseitigt werden.

Politik muss jetzt handeln

Den Beweis, dass gerade der Wärmemarkt mit Biomethan und Wasserstoff dekarbonisiert werden kann, und dies zeitnah und zu vergleichsweise geringen Kosten, haben wissenschaftliche Studien und Feldtest längst erbracht. Nun komme es darauf an, dass die Politik technologieoffen diesen Systemen den Markteintritt ermöglicht. Einseitig auf Wärmepumpen zu setzen und Gasheizungen pauschal zu verbieten, hieße, signifikantes Klimaschutzpotenzial zu verschenken und die Energiewende sehenden Auges in eine Sackgasse zu steuern, mahnt Gerald Linke. Insofern sei das jetzt veröffentlichte Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Hauseigentümer*innen auch mit Grüngasheizungen das Erreichen des 65-Prozent-Erneuerbare-Ziel zu ermöglichen, prinzipiell richtig. Allerdings müssen bei seiner Umsetzung die sozialen Folgen mitgedacht werden, wenn der Grüngashochlauf nicht klares politisches Backing bekäme.

An einem schnellen Wasserstoff-Hochlauf führt kein Weg vorbei, wenn die Kosten für die Bürger*innen tragbar bleiben sollen. Wird er beschritten, dann hätte die Privatkund*innen in Deutschland die Option, mit günstigen H2-ready Heizungssystemen – preislich wie Erdgasgeräte angesiedelt - auch sozialverträglich ihr Eigenheim oder die Mietwohnung zu heizen und zwar unabhängig vom Gebäude- und Renovierungszustand.

Quelle: DGVW / Delia Roscher

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