„Wir begrüßen, dass die Novelle des Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG) ab Januar 2023 den neuen Effizienzstandard 55 für alle Neubauten vorschreibt und alle ab 2024 in Betrieb genommenen Heizungen zu mindestens 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Auch eine Ausweitung der Förderungen für den Austausch von Gasheizungen hin zu effizienten und klimafreundlichen Wärmepumpen ist eine sinnvolle Maßnahme, um die Wärmewende zu beschleunigen,“ sagt Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).
Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) unterstützt das Maßnahmenpaket. Durch die Ausrichtung der Bundesförderung auf CO2-Reduktion als Zielwert könnten Klimaziele effektiver, schneller und kostengünstiger erreicht werden. „Insbesondere der verstärkte Fokus auf die Lebenszyklusbetrachtung ist ein sinnvoller Schritt“, sagt Maria Hill, Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Energie und Gebäudetechnik. „Immer mehr Unternehmen der Immobilienwirtschaft ziehen Lebenszyklus-Betrachtungen bereits in ihre Projektplanungen mit ein – auch im Hinblick auf die Regelungen der EU-Taxonomie.“ Dennoch müssten die Rahmenbedingungen noch vereinheitlich und in entsprechenden Regelwerken festgelegt werden. Für den Übergang schlägt Hill eine Förderung vor, die im Sinne der Innovationsklausel des §103 GEG über die BEG sinnvoll sei.
Effizienz im Wärmesektor steigern
Im Hinblick auf das im Koalitionsvertrag bereits formulierte 50-Prozent-Ziel der Erneuerbaren Wärmeerzeugung begrüßt der BEE, dass im Entlastungspaket auch die Umstellung der Fernwärme auf 50 Prozent Erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030 konkret adressiert wird. Denn der energieintensivste Bereich ist der Wärmesektor, bei dem die Effizienz erheblich zu steigern und die Abhängigkeit von Energieimporten zeitnah zu beenden ist. Dem stimmt auch Maria Hill bei, „wenngleich die Versorgungssicherheit hier die oberste Priorität haben sollte.“
Die Diversifizierung der Energiequellen begrüßt der BEE ebenfalls: „Der Fokus auf die verstärkte Nutzung heimischer Potenziale von grünen Gasen ist ein wichtiger Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit. Auch die Flexibilisierung der Rückverstromung und die Nutzung von Biomasse für die Methanisierung und Einspeisung ins Gasnetz ist ein sinnvoller Schritt, um ungenutzte Potenziale kurzfristig zu nutzen. Wenig sinnvoll ist es hingegen, den Kohleausstieg und die geplanten Stilllegungen auszusetzen. Die Erneuerbaren Technologien stehen breit aufgestellt bereit, um die Verantwortung im Energiesystem der Zukunft schnell und umfassend zu übernehmen“, Dr. Peter weiter.
Entlastungspaket unzureichend
Ganz anders sieht das die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF). Mit dem Entlastungspaket wiederhole die Ampelkoalition den Fehler der letzten Bundesregierungen: Die Potenziale von Energieeinsparungen und -effizienz zu vernachlässigen. Die Parteien hätten in ihren Statements zwar den Stellenwert der Energieeffizienz betont, im Papier fehle dazu jedoch die Substanz, so der Verband. Bevölkerung und Wirtschaft müssten jenseits einmaliger Unterstützungen dringend nachhaltig von steigenden Energieverbrauchskosten entlastet werden. Dazu sei ein historisches Energiesparpaket notwendig. Die Abhängigkeit von russischen Energieimporten lasse sich nicht allein durch Umstellung der Energieversorgung beenden. Gleichwohl begrüßte die DENEFF einige Vorschläge, beurteilt den Gesamtansatz aber als unangemessen, um der Energiekrise zu begegnen.
Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF: „Die Vorhaben des Entlastungspakets sind vollkommen unzureichend, um Energieeinsparungen und -effizienz als stille Reserve zu aktivieren. So schaffen wir den Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischem Gas sicher nicht. Der kommende Winter ist entscheidend. Bundesminister Habeck muss jetzt das notwendige historische Energiesparpaket nachlegen und mit hoher Priorität umzusetzen.“
Vorschlag für Energieeffizienzgesetz fehle
Wichtige Maßnahmen aus einem vorher bekannt gewordenen Entwurf des Koalitionsausschusses seien dem Rotstift zum Opfer gefallen, unter anderem ein Vorschlag für ein Energieeffizienzgesetz. Einige enthaltene Maßnahmen sind laut DENEFF aber absolut richtig und wichtig. Dazu gehörten eine große Energiesparkampagne, eine Zusage zur auskömmlichen Förderung für Gebäudeeffizienz und die hohe Priorität, die der Modernisierung der energetisch schlechtesten Gebäude zuteilwird.
Ein Energieeffizienzgesetz sei lange von vielen Seiten gefordert worden. Komme dies nicht, fehlten weiter verbindliche Ziele und Leitplanken. Dies sei eine wesentliche Ursache, dass die bislang unverbindlichen Ziele immer wieder verfehlt wurden und jetzt zu hohen Verbrauchskosten führten. Umsetzungspflichten für Unternehmen sollten greifen, wo wirtschaftliche Potenziale aus Energieaudits bereits bekannt seien und wo Unternehmen bei Energieabgaben entlastet würden.
Darüber hinaus sollten Haushalte und insbesondere kleinere Unternehmen mit unbürokratischen Energiespar-Gutscheinen unterstützt werden. Ein solcher Ansatz fehle noch. Bereits in diesem Jahr sollten außerdem einfache Klimaschutzinvestitionen in Unternehmen und Gebäuden mit einer Sofortabschreibung angereizt werden.
Energiekampagne wurde ausdrücklich empfohlen
Die DENEFF hatte in ihrem Vorschlag für ein historisches Energiepaket die nun angekündigte, breit angelegte Kampagne zum Energiesparen ausdrücklich empfohlen. Wichtig sei dabei auch die direkte Ansprache der Bürger*innen und Unternehmen durch die Bundesregierung mit konkreten Empfehlungen, „am besten sowohl vor der Tagesschau als auch direkt an Haushalte und an Unternehmen“, äußert sich Noll dazu.
Auch die Deutsche Energie-Agentur (dena) unterstützt ganz nachdrücklich das klare Bekenntnis zur Energieeffizienz und die Ankündigung einer breiten Kampagne dazu. Eine solchen Stakeholder-orientierte Kampagne, die sich an Haushalte und die Industrie richte, würde der Verband mit allen Kräften unterstützen und sei dazu bereits im Austausch mit dem Bundeswirtschafts- und Klimaministerium.
Vertrauensaufbau nach Förderstopp
Deutlich begrüßte die DENEFF die Ankündigung, eine auskömmliche Finanzierung der Förderung sicherzustellen und Förderstopps künftig vermeiden zu wollen. Diese sollte mindestens mit 20 Milliarden Euro jährlich ausgestattet sein. Nach dem Förderstopp zu Jahresbeginn müsse jetzt dringend wieder Vertrauen aufgebaut werden.
Begrüßenswert sei außerdem die Absicht einer flächendeckenden kommunalen Wärmeplanung. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch die angekündigte Integration von Abwärme, etwa aus Industrieprozessen, Abwasser oder Rechenzentren in die Wärmenetze.
Rein rechnerisch klimaneutral
Sehr kritisch sieht die DENEFF jedoch die angekündigte Ausrichtung der Gebäudeförderung an Treibhausgas-Einsparungen pro Quadratmeter. Dies könne zum Bumerang werden. Der Energieverbrauch des Gebäudes würde dann vollkommen zweitrangig, da auch ein sehr ineffizientes Gebäude rechnerisch klimaneutral sein könne, wenn es reiche, dazu nur die Energieträger zu wechseln. Die Zeche zahlten dann die Bewohner*innen.
Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena, fehlt zudem ein klarer Fokus auf die Skalierung von Innovationen. Deutschland habe großartige Start-ups, viel Innovationspotenzial und eine extrem engagierte Community, so Kuhlmann. Deren Aktivitäten müssten viel stärker als zuvor in den Vordergrund rücken.
Quelle: BEE / ZIA / DENEFF / dena / Delia Roscher