Zu Beginn der Heizsaison setzen sich wieder viele Menschen mit der Frage auseinander, wie sie ohne Komfortverlust Heizkosten sparen können. Heizkörperthermostate, die sich auf bestimmte Heizzeiten programmieren oder gar von unterwegs steuern lassen, gibt es von einigen Anbietern. Nun hat ein Hamburger Start-up eine Lösung entwickelt, die sich auch ohne Handy und App den Gewohnheiten der Nutzer anpasst und nur dann heizt, wenn es notwendig ist.
Ovis nennt sich das neue Produkt, am 7. November beginnt die Kickstarter-Kampagne, mit der die Tüftler von Vilisto die Produktion der ersten 1.000 Thermostate finanzieren wollen. Vilisto wird außerdem durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und KIC InnoEnergy unterstützt, einem Verbund für Innovationen im Energieumfeld, an dem Forschungsunternehmen, aber auch große Unternehmen der Energiewirtschaft beteiligt sind. Vom Bundeswirtschaftsministerium gab es ein einjähriges EXIST-Gründerstipendium.
Das Besondere an dem Produkt der Hamburger ist, dass sie alles in Heizkörperthermostaten untergebracht haben, es sind keine weiteren Meßfühler oder Sensoren in der Wohnung mehr nötig. Die Benutzer müssen nur Thermostate und ein Gateway installieren.
System kennt die Heizgewohnheiten
Außerdem lernt das System aus dem Verhalten der Bewohner, und zwar für jeden Raum einzeln. Es werden also keine Szenarien wie Abwesenheit für die komplette Wohnung definiert, das System läuft und passt sich dann den Gewohnheiten an. "Der entscheidende Vorteil des Systems ist die vollautomatische Regelung, die beispielsweise Kalendereinstellungen unnötig macht. Der Nutzer behält dabei stets die Möglichkeit, die Leistung der Heizung direkt am Thermostat nach seinen Wünschen zu korrigieren und ist nicht durch die programmierten Algorithmen eingeschränkt", erklärt Energietechniker und Vilisto-Gründer Christoph Berger. Es sei aber dennoch schnell in der Lage, sich auch neuen Mustern anzupassen, ergänzt Christian Brase, der bei Vilisto für den kaufmännischen Bereich zuständig ist.
Die Einzelraumsteuerung können auch bestehende Systeme wie Enkey von Kieback und Peter. An verschiedenen Punkten unterschiede sich die Lösung davon aber, so Brase. So sei bei Enkey keine Wetterprognose in die Heizungssteuerung integriert. Außerdem sei bei Ovis die Sensorik im Thermostat verbaut, während Enkey neben dem Ventilregler noch ein Raumthermostat benötige.
Prototypen sind im Test
Soft- und Hardwarekomponenten sind bereits vollständig entwickelt. Prototypen werden ab kommender Woche bei einer lokalen Wohnungsbaugenossenschaft installiert, um das System noch einmal großflächig zu testen.
Andere Lösungen, etwa von Tado oder Google, werden per App gesteuert, die Daten über das Nutzerverhalten oder auch geplante Abwesenheiten werden gesammelt und liegen in zentralen Datenspeichern. Das bietet durchaus Möglichkeiten für Mißbrauch. So erkennen die Systeme per Geolocation, wenn sich ein Bewohner dem Haus nähert und fahren dann die Heizung hoch. Sie verwenden dazu die Geoinformationsdaten aus den Handys der Benutzer. Das setzt aber voraus, dass die Bewohner nicht nur ihr Handy dabei haben, wenn sie kommen oder gehen, sondern außerdem Internet-Verbindung haben.
Auch bei Vilisto gibt es eine App, zum Beispiel um dem System mitzuteilen, dass jemand früher nach Hause kommt oder um Statistiken abzurufen. Welche Daten dabei an die App übermittelt werden, entscheidet der Nutzer aber selbst durch eine vorherige Freigabe.
Tado kann jetzt auch Zentralheizungen steuern
Die Hamburger Tüftler hoffen, dass sie das System zu einem Preis von 120 Euro pro Thermostat auf den Markt bringen können. Dann seien die Anschaffungskosten in der Regel nach zwei Jahren wieder drin, so das Unternehmen. Wie andere Hersteller von intelligenten Thermostaten gehen sie von einem Einsparpotential von zirka 30 Prozent durch die intelligente Regelung aus. Ausgeschlossen sind lediglich Heizungssysteme ohne Thermostate, wie zum Beispiel Fußbodenheizungen.
Auch andere Hersteller von Heizthermostaten arbeiten an der Verbesserung ihrer Systeme. Tado hat bislang nur für Heizungen funktioniert, die an Thermen in den Wohnungen angeschlossen waren. Eine Lösung, die mit Zentralheizungen zusammenarbeitet war für den Herbst angekündigt, "sie kommt in den nächsten Tagen", so das Unternehmen gegenüber EnBauSa.de. Tado lässt sich außerdem in Lösungen von Google oder Apple zur Hausautomation einbinden.
Bei Honeywell gibt es mit Evohome eine Lösung, die Einzelraumregelung ermöglicht und ebenfalls mit der Zeit lernt, wann die Raumtemperatur gesenkt und wann angehoben werden muss. Vor kurzem hat Honeywell sein Heizungsregelungssystem außerdem um eine funkbasierte Einzelraumregelung ergänzt, die mit der Wärmeerzeugung gekoppelt ist. Das ermögliche eine Start-Stopp-Automatik für die Heizung, so Honeywell. Es wird also keine Wärme auf Verdacht vorgehalten. Dies führe zu einer effizienteren Heizungsregelung als bei den meisten Anlagen, die lediglich mit der Außentemperatur als Führungsgröße arbeiten. von Pia Grund-Ludwig