Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Alternative Betreibermodelle sind notwendig

Kennzahl zeigt Netzdienlichkeit von Wärmepumpen

Einzelne Wärmepumpen können Lastverschiebung kaum netzdienlich nutzen. © IDM

Bislang lohnt sich die Lastverschiebung mit Wärmepumpen kaum. Eine Kennzahl zur Bewertung haben Fraunhofer-Forscher entwickelt.

Kann man messen, wie gut das Auf und Ab des Strombezugs einer Wärmepumpe zum Großhandelspreis oder zum Erneuerbaren-Anteil des Stroms passt? Das ist leicht, wenn man Daten eines intelligenten Stromzählers hat. Kann man aus den Ergebnissen über ein ganzes Jahr eine einfache Kennzahl errechnen, die aussagt, wie gut diese Koppelung funktioniert? Das haben Doreen Kalz vom Fraunhofer ISE und zwei ihrer Mitarbeiter geschafft. Aber lässt sich mit dieser Kennzahl der Betrieb von Wärmepumpen - oder auch Blockheizkraftwerken - so optimieren, dass überschüssiger Wind- und Solarstrom kostenoptimal für Gebäudebetreiber, Volkswirtschaft und Netz verwertet wird? Da beginnen die Probleme.

Entwickelt haben die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg  die Kennzahl Grid Support Coefficient (GSC) zur Bewertung der Netzdientlichkeit. Wer sich mit dem Konzept auseinandersetzen will, kommt an der Berechnungsformel für die GSC nicht vorbei.

Zuerst werden eine Bezugsgröße und ein Zeitabschnitt gewählt, nach der die GSC den Verlauf des Strombezugs bewerten soll. Das ist zum Beispiel der Großhandelspreis an der Strombörse EEX über eine Zeit von drei Stunden. Angenommen, eine Wärmepumpe würde in der ersten und der zweiten Stunde jeweils stillstehen (0 Kilowatt Leistung) und in der dritten mit der maximalen Leistung von 10 Kilowatt (kW) durchlaufen. Und weiter angenommen, es sei vom Betreiber der EEX-Großhandelspreis zu zahlen; dieser wäre in der ersten Stunde 5 Cent/Kilowattstunde, in der zweiten 10 Cent/kWh und in der dritten Stunde 15 Cent/kWh. Dann würde zum Berechnen des GSC im Nenner das  Produkt aus Leistung und Preis stehen: 0 mal 5 plus 0 mal 10 plus 10 mal 15 = 150 Cent. Im Zähler steht das Produkt von Summe des Strombezugs und durchschnittlichem Preis in den drei Stunden stehen, also 0 plus 0 plus 10 x (5 plus 10 plus 15, geteilt durch 3) = 100 Cent. Das ergibt den GSC, der in diesem Fall 1,5 wäre.

Koeffizient bewertet Netzdienlichkeit von Wärmepumpen

Ein GSC von 1,5 sagt aus, dass der in den betrachteten drei Stunden bezogene Strom für die so betriebene Wärmepumpe pro Kilowattstunde 1,5-mal teurer wäre, als wenn das Gerät drei Stunden lang gleichmäßig durchgelaufen wäre. Der Betreiber könnte also beispielsweise die Steuerung so verändern, dass die Wärmepumpe zukünftig gedrosselt auf 3,33 kW von Anfang bis Ende läuft (GSC zirka 1,0), oder - noch besser - mit 10 kW nur in der günstigen ersten Stunde (GSC = 0,5). In der zweiten und dritten Stunde müsste die benötigte Wärme dann zum Beispiel aus einem in der ersten Stunde aufgeheizten Warmwasserspeicher kommen. Auch die thermische Trägheit einer im Estrich verlegten Fußbodenheizung und Ähnliches könnte eine solche Lastverschiebung erlauben.

Doch je höher man von der Einfachheit des Rechenbeispiels auf realistische Betrachtungszeiträume wechselt - auf 24 Stunden, einen Monat, ein Jahr -, desto größer werden die nötigen Speicher und damit die Probleme für den Wärmepumpenbetreiber, der einen niedrigen GSC ausnutzen will, wenn er keine Ersatz-Wärmequelle hat.

Hinzu kommt, dass ein normaler Haushaltskunde gar nicht von einem schwankenden EEX-Großhandelspreis profitieren könnte. Im derzeitigen Strompreissystem bieten die Versorger in aller Regel nur konstante Tarife an, nicht zeitveränderliche. "Außerdem", sagt Doreen Kalz, "wird der Strompreis zum größten Anteil durch fixe Abgaben, Umlagen und Steuern (...) bestimmt." Sie hat das Ganze mit aktuellen Daten von Bürogebäuden durchgerechnet. Ergebnis: Sogar bei günstiger Beschaffenheit des Baus lassen sich durch das Verschieben der Heizlast auf GSC-günstige Tageszeiten nur etwa 4 Prozent der Kosten für den Wärmepumpen-Betriebsstrom einsparen.

Kalz will deshalb "alternative Finanzierungs- und Betreibermodelle diskutieren". Konkret sei es denkbar, dass Zwischenhändler Gebäude zu einem virtuellen Kraftwerk bündeln und zum Beispiel Regelleistung anbieten.

Smart Meter kommen bald

Einige der Rahmenbedingungen wie die Installation von Smart Metern ändern sich gerade. Für weitere Änderungen liefern Vorarbeiten wie das Projekt "Netzreaktive Gebäude" die exakte Datengrundlage. So haben die Fraunhofer-Forscher an den Beispielgebäuden außer dem EEX-Großhandelspreis auch andere Bezugsgrößen für den GSC durchgerechnet. Dabei ergab sich, dass die günstigste Tagesstunde beim Optimum für "Wind- und Photovoltaikanteil im Strommix" mittags zwischen 12.30 und 13.30 Uhr ist. Die beste Zeit beim EEX-Preis ist aber frühmorgens von 3.00 bis 4.00 Uhr. Würden Hausbesitzer also den GSC zukünftig nach dem Strompreis ausrichten, könnte das in manchen Fällen zur Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen führen.

Anders sieht es aus, wenn es nicht ums Heizen, sondern ums Kühlen geht. Die Fraunhofer-Forscher stellen fest: "Im Kühlfall scheint ein guter Kompromiss zwischen ökologischen und ökonomischen Anforderungen darin zu liegen, einen bedeutenden Teil des zur Kälteerzeugung notwendigen Stroms in den Mittags- und Nachmittagsstunden zu beziehen." Bemerkenswert ist dabei, dass möglicherweise Übergabesysteme wie Fußbodenheizung oder Bauteilaktivierung wegen zu großer Trägheit einen Strich durch die Rechnung machen.

Der Ansatz besticht, weil es bislang wenig Kennzahlen gibt, um die thermische Speicherfähigkeit von Gebäuden zu bewerten. Allerdings berücksichtigt er Engpässe im Übertragungs- und Verteilnetz kaum. Es geht in erster Linie um die Verwertung von Strom aus Erneuerbaren. Allerdings sind ja bisher erst drei der vier Projektdauer-Jahre abgelaufen. Und interessant könnte auch werden, dass sich der GSC spiegelbildlich ebenso auf BHKW anwenden lässt. von Alexander Morhart

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