Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Mieterstrom soll ausgebaut werden

Herausforderungen müssen zusammen gemeistert werden

Mieterstrom von einer PV-Anlage auf dem Dach bringt für die Verbraucher viele Vorteile, die Hürden hat der Betreiber zu überwinden. © Pixabay/Solarimo

Mit der Förderung von Mieterstrom wollte die Bundesregierung die Energiewende in Städten vorantreiben. Doch der Zubau ist schleppend, auch die kürzlich beschlossene Mini-EEG-Novelle stärkt den Mieterstrom nicht. Dabei haben Unternehmen und Verbände konkrete Vorschläge eingebracht, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Ein Überblick.

Die Dächer in den Städten haben das Potenzial, die Energiewende voranzubringen. Diese Erkenntnis ist natürlich nicht neu. Die Bundesregierung fördert aus diesem Grund seit dem Jahr 2017 das Konzept des Mieterstroms aus PV-Anlagen. Die Mieter sollen auf diese Weise am Ausbau der Erneuerbaren Energien mitwirken können. Rund 3,8 Millionen Wohnungen wären damals laut einer Studie, die das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte, für das Mieterstrommodel geeignet. Das machte rund 18 Prozent aller Wohnungen in Deutschland aus. Pro Jahr kann der Solaranlagen-Ausbau gefördert werden, bis die Grenze von 500 Megawatt erreicht ist.

Soweit so gut. Doch dieser Ausbau-Deckel ist seither nicht im Ansatz erreicht worden. Das zeigen die regelmäßig veröffentlichten Zahlen der Bundesnetzagentur und noch deutlicher der Mieterstrombericht, der Ende 2019 der Bundesregierung vorgelegt wurde. Bis Mitte vergangenen Jahres sind bei der Bundesnetzagentur 677 PV-Mieterstromanlagen mit insgesamt rund 13,9 Megawatt im Register gemeldet worden. Das Urteil des Berichts: „Das Modell bleibt damit weit hinter den Erwartungen zurück. Vor diesem Hintergrund ist der 500 MW-Deckel bisher bei weitem nicht zur Anwendung gekommen. Er wurde nur zu gut 1 % ausgenutzt.“ Bis Mai dieses Jahres waren es den Zahlen der Bundesnetzagentur zu Folge 1,813 Megawatt Mieterstrom im Mai gemeldet. Im laufenden Jahr sind das insgesamt 7,16 Megawatt. Insgesamt ist die Zahl der PV-Mieterstromanlagen auf mehr als 1000 Anlagen gewachsen. 

Doch warum läuft der Ausbau so schleppend, wenn das Modell des Mieterstroms für die Verbraucher im Grunde genommen nur Vorteile bietet? Sie erhalten grünen Strom vom eigenen Dach und zahlen dafür zehn Prozent weniger als für den den regulären Strom aus dem Netz. Das ist möglich, da Kosten wie Netzentgelte, Stromsteuer, Konzessionsabgaben und Umlagen, mit Ausnahme der EEG-Umlage entfallen. Noch attraktiver würde der Strompreis, wenn die EEG-Umlage auf null abgesenkt wird, wie es die Deutsche Energie-Agentur (dena), das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) sowie die Stiftung Umweltenergierecht in einer im Juli erschienen Kurzstudie vorschlagen. Die Gegenfinanzierung würde teilweise über die Verdoppelung der Stromsteuer angesetzt, die im Mieterstrommodell nicht bezahlt werden muss. Die Krux liegt also im Betreiben der Anlage, worauf Verbände und Unternehmen immer wieder hinweisen. Dazu zählen komplizierte Prozesse, gesetzliche Regularien, Steuergesetze und technischen Möglichkeiten. Zudem sinkt der Mieterstromzuschlag zusehends, wie bereits der Mieterstrombericht zeigte.

Mehrere Mieterstromanbieter haben sich zu einer Initiative zusammengeschlossen und konkrete Forderungen gestellt, während sich im Mai der Bundestag zur Mini-EEG-Novelle beraten hat.

Sie wollen, dass Mieterstrom und Eigenversorgung gleichbehandelt werden. Dazu solle der Mieterstromzuschlag deutlich erhöht werden. Gewerbesteuerliche Barrieren für die Solarenergie gehörten beseitigt. Wohnungsunternehmen und Immobilienbesitzer würden Gefahr laufen, ihre Gewerbesteuerbefreiung zu verlieren. Zudem fordern sie flexible Umsetzungsmodelle für PV-Mieterstrom. Bislang fehle die rechtliche Klarstellung, dass das Lieferkettenmodell beim Mieterstromzuschlag keine Einschränkung darstelle. Das Lieferkettenmodell ermöglicht demVermieter, die PV-Anlage zu betreiben ohne dabei zum Stromversorger zu werden.

Ein weiterer Ansatz ist, Mieterstrom auf Gewerbedächern zu ermöglichen. Derzeit müssen mindestens 40 Prozent des Gebäudes dem Wohnen dienen. Diese Anforderung für den Mieterstromzuschlag soll laut Initiative ersatzlos gestrichen werden. Mit Blick auf Baden-Württemberg, wo im Mai eine Photovoltaik-Pflicht für Neubauten im Nicht-Wohnbereich beschlossen worden ist, wäre das ein riesiger Schritt. Zumal Umweltminister Franz Untersteller darin den Einstieg zu einer Pflicht für Photovoltaikanlagen auf allen Neubauten sieht. Hamburg ist einen Schritt weiter. Dort wird diese Pflicht zwar ein Jahr später, also 2023, kommen. Allerdings wird sie dort auch für Wohnbauten gelten. Bremen und Bremerhaven haben diese Pflicht im Juni dieses Jahres ebenfalls eingeführt. Auch in Berlin gibt es Bestrebungen für die PV-Pflicht. Zudem soll die Pflicht in Hamburg und Bremen im Laufe der Zeit auf Dachsanierungen ausgeweitet werden.

Schließlich wollen die Mieterstromanbieter, dass PV-Anlagen, die auf unterschiedlichen Gebäuden errichtet werden und technisch nicht zusammenhängen, in der gesetzlichen Sichtweise nicht zusammengefasst werden.

Unterstützt wird die Initiative vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) sowie der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften (DGRV). Dazu sagte im Mai bne-Geschäftsführer Robert Busch: "Die Menschen wollen sich an der Energieversorgung beteiligen und helfen, diese dezentraler und digitaler und damit resilienter zu machen. Dafür ist Mieterstrom ein Musterbeispiel. Jetzt ist die letzte Chance, die Barrieren bei Mieterstrom abzubauen; Ansonsten platzt der Wunsch der Politik nach einer urbanen Energiewende wie eine Seifenblase." So betonte auch Daniel Fürstenwerth, Geschäftsführer von Solarimo und Mitglied der Initiative: „Seit dem vergangenen Sommer hat Bundesminister Altmaier angekündigt, die Barrieren für Mieterstrom endlich zu beseitigen. Die Vorschläge aus dem Ministerium liegen seit dem Herbst 2019 auf dem Tisch. Jetzt muss die Regierung handeln. Die Wohnungswirtschaft und die Mieter wollen loslegen.“ Fürstenwarth prognostizierte, dass mindestens fünf Millionen Mietern die Energiewende in die Wohnung bringen, würden die Barrieren fallen.

Die Barrieren sind jedoch geblieben. Und damit die von Fürstenwarth kritisierte soziale Ungerechtigkeit in der Energiewende, denn er sieht die wohlhabenden Hausbesitzer im Vorteil, die von der Eigennutzung profitieren „Hier muss die Politik die Ungerechtigkeiten endlich abräumen. Die Politik steht schon viel zu lange auf der Bremse. Die Gerechtigkeitslücke zwischen Mietern in Mehrfamilienhäusern und Eigenheimbesitzern muss geschlossen werden.“ Es bleibt abzuwarten, ob Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine seit Herbst 2019 versprochenen Änderungen doch noch vorlegt, die von den Vorschlägen des Evaluierungsberichts zum Mieterstrom geprägt und politisch unstrittig sind. Denn auch Altmaier sah in einem offenen Brief an die SPD-Fraktion im Bundestag, das der räumliche Zusammenhang, die Höhe der Vergütung, die Abschaffung der Anlagenzusammenfassung und das Lieferkettenmodell zu berücksichtigen sei.  Von Anne Leipold

 

 

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