Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Einige Projekte sind erfolgreich abgeschlossen

Eisspeicher gibt es nicht von der Stange

Förderung für Eisspeicher gibt es nur im Einzelfall. © Sebastian Krug

In den vergangenen Jahren wurden in diversen Projekten Eisspeicher zur Gebäudeheizung eingesetzt. Sie bieten viel Potenzial für den Klimaschutz, sind aber weit entfernt von einer Standardlösung.

Knapp 500 Mieter in Hamburg-Wilstorf ernten seit einigen Jahren die Früchte einer mutigen Entscheidung des Eisenbahnbauverein Harburg e.G (EBV). Als eines der ersten Wohnungsbauunternehmen überhaupt entschied sich die EBV 2014 für den Einsatz eines Eisspeichers. Investitionskosten: rund acht Millionen Euro.

Zuvor wurden in den Wohnungen, die aus den 1950er Jahren stammen, alle bisherigen Elektrospeicheröfen aus- und dafür Gas-Zentralheizungen eingebaut. Der Betrieb der Gasbrenner ist jedoch nur für Übergangszeiten vorgesehen. Die größte Wärmelast trägt der 1.500 Kubikmeter große Eisspeicher.

"Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis", resümiert EBV-Vorstand Joachim Bode das Projekt in Hamburg-Wilstorf. "Die Mieter erhielten im ersten Jahr drei- bis vierstellige Beträge an Heizkostenvorauszahlungen zurück. Je nach persönlichem Bedarf an Heizungswärme und Warmwasser zahlen unsere Mieter nun entsprechend ihrer Wohnungsgröße zwischen 3,97 und 7,87 Euro pro Quadratmeter und Jahr. Damit ist das Ziel erreicht, die Kosten für Heizung und Warmwasser um durchschnittlich 50 Prozent zu senken."

Genehmigungsfrei, energie- und kosteneffizient

Eisspeicher sind große, ungedämmte Betonbehälter, die mit normalem Leitungswasser gefüllt und unter der Erde platziert werden. Sie nutzen die Energie, die frei wird, wenn Wasser gefriert und wieder auftaut und funktionieren als saisonale Speicher, also im jahreszeitlichen Wechsel von Wärmeentzug im Winter und Wärmezufuhr im Sommer. "Sie speichern Energie auf einem Temperaturniveau, bei dem es nicht zu den üblichen Transmissionswärmeverlusten durch die Behälterwand kommt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wärmepumpensystem sind sie genehmigungsfrei, in der Regel günstiger als Sondenbohrungen und lassen sich auch in Wasserschutzgebieten realisieren", beschreibt Bernd Schwarzfeld vom Ingenieurbüro BZE Ökoplan, der an dem Projekt in Hamburg beteiligt war und seither die meisten in Deutschland umgesetzten Eisspeicher-Einbauten betreut hat.

"Gerade wenn eine Wärmepumpen Heizung im Bestand nachgerüstet werden soll, sind Eisspeicher eine energie- und kosteneffiziente Lösung", so der Ingenieur. Bei einer Gebäudeheizung wirken in der Regel der Speicher, eine Wärmepumpe sowie Solarkollektoren oder -absorbern zusammen, die Wärme vom umgebenden Erdreich oder aus Abwärme von Gebäuden und Anlagen gewinnen und dem Speicher zuführen. "Die Wahl der spezifischen Anlagenkomponenten hängt entscheidend vom jeweiligen Energieversorgungskonzept ab", sagt Schwarzfeld.

Während der Heizperiode entzieht eine Wärmepumpe dem Eisspeicher dem Wasser so viel Energie, dass es auf 0 Grad abkühlt und zu vereisen beginnt. Die besonders hohe Effizienz und hohen Wärmespeicherkapazität des Eisspeichers rührt von der spezifischen Kristallisationsenergie des Wassers her: wenn Eis schmilzt werden dabei 335 Kilojoule je Liter Wasser frei. Das entspricht der Energiemenge, die benötigt wird, um Wasser von 0 auf 80 °C zu erwärmen. Im Sommer taut das Eis auf und kann als praktisch kostenlose Kältequelle zur Gebäudeklimatisierung oder für anderweitige Kühlung genutzt werden.

Abkoppelung von Preissteigerung

Eisspeicherheizung, Solarthermie und Wärmepumpe: Mit dieser Kombination hält die WIRO Wohnen Wohnungsgesellschaft mbH in ihrer 2015 neu gebauten Wohnanlage in Rostock mit 39 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit die "zweite Miete" gering. Dafür wurde im Außenbereich der Häuser ein Betonspeicher in der Erde versenkt. "Unser Ziel war eine weitgehende Abkopplung von Energiepreissteigerungen", beschreibt Dagmar Horning die Beweggründe.

Die Erzeugung der Heizenergie ist im Rostocker Projekt mit diesem System völlig unabhängig von fossilen Brennstoffen. "Auf aufwendige Maßnahmen zur Dämmung und Energieeinsparung über die EnEV-Mindestanforderungen hinaus konnten wird verzichten - ein entscheidender Beitrag zu geringeren Baukosten und wettbewerbsfähigen Mieten", sagt Horning.

Die Mieter der beiden Neubauten zahlen nach Angaben der WIRO für die warmen Betriebskosten 44 Cent pro Quadratmeter und Monat. In einem vergleichbaren Haus mit einem Fernwärmeanschluss wäre es mindestens ein Drittel mehr gewesen, so die WIRO. Aktuell plant die Wohnungsbaugesellschaft die Bebauung des Rostocker Werftdreiecks. "Hier denken wir auf jeden Fall über den erneuten Ansatz eines Eisspeichers nach", sagt Horning.

Akzeptanzprobleme bei den Mietern

Anders in Köln. Dort wurde die Eispeichertechnik für ein Mehrgenerationen-Quartier der Vivawest Wohnen GmbH mit 112 Wohnungen eingesetzt. "Obwohl die Eisspeichertechnik durchaus einen vielversprechenden Lösungsansatz zur Vermeidung von CO2-Emissionen darstellt, hat unser Monitoring gezeigt, dass Investition, Aufwand und Nutzen des Technikeinsatzes gegenwärtig noch nicht in einem wirtschaftlich ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen", sagt Unternehmenssprecher Uwe Schäfer.

Ein Teil des Konzepts sind so genannte Teil-Inklusivmieten. Das bedeutet, dass die Nebenkosten der Wärmeversorgung bereits in die Miete integriert werden, um mögliche steigende Gas oder Ölpreise abzufedern. "Traditionelle Umgangsweisen mit der Haustechnik, insbesondere Erwartungshaltungen an die Wärmeversorgung, sind derart etabliert, dass kaum Verständnis für die Funktionsweise von Anlagen mit Niedertemperaturtechnik zu erlangen ist. Die meisten Menschen sind es einfach gewohnt, je nach individuellem Empfinden spontan die Heizung hochzudrehen nachdem die Fenster geöffnet waren, unabhängig davon, dass dies mit Mehrkosten für sie verbunden ist, " sagt Schäfer.

Vermeintliche Einschränkungen wie beispielsweise der Umstand, dass der Heizkörper nicht "heiß" wird, würden nach wie vor als Verlust an Wohnkomfort oder gar als Mangel wahrgenommen, so Schäfer.

Auch in Frankfurt äußert man sich kritisch. "Wir werden erstmal kein zweites Projekt dieser Art aufsetzen", sagt Jens Duffner, Leiter Kommunikation bei Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH. Das EnergiePlus-Haus mit dem Eisspeicher auf dem Frankfurter Riedberg sei ausdrücklich als Pilotprojekt geplant gewesen, um Erfahrungen zu sammeln wie sich ein technisch komplexes Gebilde und der Verbund unterschiedlicher Technologien wie Eisspeicher, Wärmepumpe und Energie-Speichermedien im normalen Vermietungsgeschäft handhaben lässt. "Dass die Erwartungen der Ingenieure sich im Alltagsbetrieb nicht eins zu eins erfüllt haben, hat uns nicht überrascht", sagt Duffner. Künftig wolle man auf bewährte und preiswertere Standardlösungen setzen.

Förderprogramme nicht auf Eisspeicher ausgelegt

Dass der Eisspeicher noch weit davon entfernt ist, eine Standardlösung zu sein, musste auch Sebastian Krug, Klimaschutzmanager des Kreises Rendsburg-Eckernförde, erfahren. In Rendsburg wird künftig der denkmalgeschützte Uhrenblock aus dem 19. Jahrhundert, ein ehemaligen Kasernengebäude, welches heute Privatwohnungen, Gewerbeeinheiten und ein kleines Schwimmbad beherbergt sowie des Kreishaus, Baujahr 1979, mit einem Eisspeicher beheizt.

Obwohl die Planungen für den Eisspeicher bereits 2014 anliefen, wird das neue Heizsystem erst diesen Winter in Betrieb genommen. Doch nicht die Technologie sei das Problem gewesen, sondern fehlende Fördermittel. "Praktisch alle bestehenden Nahwärme- oder Speicherförderungen sind einfach nicht auf kalte Systeme auslegt", sagt Krug. Das Vorzeigevorhaben konnte schlussendlich durch eine Förderzusage in Höhe von 200.000 Euro durch das Land Schleswig-Holstein realisiert werden.

"Bei dem Projekt steht ganz klar die CO2-Einsparung im Vordergrund. Das heißt, die Geldgeber waren bereit, Mehrkosten im Vergleich zu einem konventionellen Heizsystem von vier Prozent zu tragen", sagt Krug. "Dafür haben wir nun aber Planungssicherheit in Hinblick auf CO2-Steuern und steigende Heizkosten, die auf uns viel weniger Auswirkungen haben werden, als wenn wir uns für einen Gaskessel entschieden hätten", sagt Krug.

Die Besonderheit bei diesem Vorhaben: Auf Sanierungsmaßnahmen wurde weitgehend verzichtet, es wurde lediglich ein veraltetes BHKW abgebaut und alle Heizkörper ausgetauscht. Der Wärmebedarf liegt pro Gebäude bei rund einer Gigawattstunde.#

Die Stadtwerke versenken aktuell einen 560 Kubikmeter fassenden Speicher auf einer Wiese am Kreishaus. Eine ausgeklügelte Kaskadenschaltung bestehend aus einer Gasabsorptionswärmepumpe und drei Elektrowärmepumpen wird die notwendigen Vorlauftemperaturen für eine angenehme Raumtemperierung erzielen. An den in der Region nur sehr seltenen außergewöhnlich kalten Tagen sorgt ein Gas-Spitzenlastkessel für eine ausreichende Innentemperatur.

Ideal für Sektorkoppelung

Ermutigt von dem ersten Erfolg hat die EBV inzwischen ein weiteres Projekt in Angriff genommen. Am Reeseberg in Hamburg wird die Situation genutzt werden, dass zu bestimmten Zeiten Ökostrom in Norddeutschland im Überfluss vorhanden ist und deswegen Strom an der Börse besonders günstig erhältlich ist. Fällt der Preis dort unter einen bestimmten Wert, wird dieser genutzt, um über Heizstäbe die insgesamt zwei Millionen Liter umfassenden Eisspeichern zu erhitzen.

"Die Anlagen koppeln auf diese Weise die Segmente Strom und Wärme", sagt Bernd Schwarzfeld, der erneut in diesem Projekt involviert ist. Für diesen Beitrag die Stromnetze stabil zu halten, erhält die EBV einen Teil der Umlagen auf den bezogenen Überschussstrom zurückerstattet.

In den Wohnungen am Reeseberg werden die alten Stromspeicheröfen durch normale Heizwasser-Heizkörper ersetzt und eine Frischwasserstation mit elektrischer Nachheizung integriert. Ein Auszug der Mieter während der Maßnahme ist nicht nötig. Bei den insgesamt 19 Gebäuden, die aus den Baujahren 1963 bis 1966s stammen hätte eine klassische Sanierung mit hohen Dämmstärken Kosten von 400 bis 500 Euro pro Quadratmeter verursacht. Durch die Eisspeicherheizung liegen die Ausgaben nach Angaben der EBV inklusive Austausch der alten Elektroöfen in den Wohnungen bei nur rund 120 Euro pro Quadratmeter.

Insgesamt plant die Wohnungsbaugesellschaft für das neue Eisheizungsprojekt acht Millionen Euro zu investieren. Aus der ersten Anlage in Hamburg-Wilstorf haben die Techniker einiges gelernt. Anstatt einem einzigen großen Speicher werden diesmal Projekt vier kleinere verbaut. "Das senkt den Platzbedarf und damit den baulichen und organisatorischen Aufwand, da die Speicher jetzt besser zwischen die Häuserzeilen passen und die Erdarbeiten einfacher werden", sagt Bernd Schwarzfeld. Für die Mieter soll die Nettokaltmiete bei durchschnittlich 5,50 Euro bleiben. Das Klima profitiert von dem neuen Eisspeicher-Projekt des EBV erheblich: der CO2-Ausstoß soll um über die Hälfte gesenkt werden. Von Daniela Becker 

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