Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Gute Vorbereitung und Datenqualität sind wichtiger als Geschwindigkeit

BIM kann Kosten für Bau und Gebäudebetrieb reduzieren

Sebastian Theopold sieht Einsparpotenzial von 25 Prozent. © A. Morhart

Unsicherheiten vieler in der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche Aktiven über die richtige Strategie bei Building Information Modeling (BIM)  und Konflikte um Datenformate wurden bei einem Kongress in Berlin. Veranstalter waren der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) und die KfW. 

Eine funktionierende Digitalisierung im Allgemeinen und im Besonderen BIM als Gebäudemodell mit Datenverwaltungssystem böten allen an der Nutzung Beteiligten langfristig große Vorteile - da waren sich die Referenten weitgehend einig.

Sebastian Theopold, Geschäftsführer des Münchner Beratungsunternehmens Munich Strategy verwies auf Schätzungen in Großbritannien, wo BIM weiter verbreitet sei als hierzulande. Demnach gebe es ein Einsparpotenzial beim Bauen und Betreiben von größeren Wohn- oder Bürogebäuden, das über den gesamten Lebenszyklus hinweg bei 25 Prozent der Kosten liege. Theopold bekräftigte damit frühere Schätzungen zum Beispiel von Architekten, nach denen zwar nicht bei der Planung - die werde sogar eher aufwändiger -, aber allein durch Effizienz, Kosten- und Terminsicherheit im Bauablauf fünf bis zehn Prozent und durch vermiedene Instandsetzungskosten im Laufe des Gebäudebetriebs weitere Kosten eingespart werden könnten.

Deutschland ist bei BIM "Schwellenland"

Dem Berater aus München war die Begeisterung anzumerken, als er über BIM-"Vorreiter" wie Großbritannien sprach, gegen die Deutschland nur ein "Schwellenland" sei. Eine von seinem Unternehmen zusammen mit dem ZVSHK durchgeführte Befragung von gut 1200 Installateuren, dazu rund 120 Architekten und Gebäudetechnikplanern sowie den 50 Großen der deutschen SHK-Industrie ist die Grundlage für seine Einschätzung. Die Details werde Munich Strategy erst in den kommenden Tagen veröffentlichen; aber Theopold zeigte schon einmal eine Übersicht, nach der zwar 46 Prozent der SHK-Hersteller, aber lediglich 37 Prozent der Architekten und Planer sowie nur 5 Prozent der Handwerker "nach BIM arbeiten".

Was "nach BIM arbeiten" konkret bedeutet, erörterte später Professor Manfred Helmus von der Universität Wuppertal: "Handwerksunternehmen sind in der Regel, da bin ich relativ sicher, 'nur' BIM-Nutzer oder -Autoren. Sie werden - vor allem die kleineren Unternehmen - selten mal als BIM-Manager auftreten." Jedenfalls, so Sebastian Theopold, wisse man "aus anderen Bereichen der Technologie, dass ab einer Akzeptanzquote von etwa 40 Prozent die Innovationen sich durchsetzen."

Er leitete daraus ein Defizit bei Planern und Handwerkern ab. Die Branche laufe "Gefahr, den Anschluss zu verlieren." Theopold sagte in den Saal: "Wenn Sie als Branche es nicht machen, wird es jemand anderes machen." Er sprach vom Silicon Valley, und seine Überlegungen gipfelten in dem Satz: "Es liegt an Ihnen, dafür zu sorgen, dass der Angriff von außen erst gar nicht stattfindet."

Möglichkeiten von BIM sind charmant

Augenmaß behalten Manfred Helmus riet dagegen zu Augenmaß. Auch Helmus, der seit vielen Jahren BIM erforscht, Projekte damit durchführt und - zwar nicht die SHK-Branche, aber diverse kleinere und mittelständische Bauunternehmen - berät, nannte die Möglichkeiten von BIM allerdings "total charmant".

Vor allem zwei Vorteile stellte er heraus. Probleme, die heute ohne BIM bei praktisch jedem Bauvorhaben auftreten, hingen fast immer mit fehlenden Informationen zusammen: "Verantwortlichkeiten, Schnittstellen, Informationen haben gefehlt oder waren nicht zur rechten Zeit da." Bauprojekte brächten riesige Datenmengen, wenn man es über den Lebenszyklus denke, also über 50 Jahre oder vielleicht mehr.

Doch "viele dieser Daten gehen zurzeit verloren an ganz vielen Stellen: Wir haben Medienbrüche; die Daten werden gar nicht erst richtig erfasst, werden auch nicht richtig gesammelt und nicht den rechten Leuten zur richtigen Zeit zur Verfügung gestellt." Vor allem der Auftraggeber eines Vorhabens habe von dem verbesserten Daten-Management später große Vorteile. Er sei mit BIM derjenige, der nachher, wenn er seine Immobilie verkaufen wolle, genau sagen könne: "Wann ist was darin verbaut worden?"

Als Beispiel nannte Helmus die Asbestproblematik. Richtig ins Schwärmen kam er dann darüber, dass man digitale Daten auch nachträglich von bestehenden Gebäuden erfassen könne - beispielsweise mit Photogrammetrie durch Überfliegen mit einer Drohne oder in Innenräumen mit millimetergenauem 3-D-Laserscanning.

Er berichtete vom Beispiel eines großen, komplexen Gebäudes, von dem es keine Planunterlagen mehr gegeben habe. "Normalerweise hätte man da zig Mann-Monate reinstecken müssen und Jahre gebraucht. Wir haben das digital bis auf das Dach in der ersten Stufe mit insgesamt 22 Mann-Tagen erfassen können - mit 3-D-Laserscanning plus einem halben Hiwi von der Hochschule."

"Manchmal ist es vielleicht besser, der Zweite zu sein"

Dennoch warnte der Professor vor Aussagen wie: "'Wenn Sie nicht BIM einführen, gibt's Sie in drei Jahren nicht mehr'." Er sei da "ganz, ganz vorsichtig: Wir sollten aufpassen, dass wir nicht in falsche Richtungen rennen. Wir sollten es lieber besser machen als das Ausland." Dort habe man nämlich auch an einigen Stellen Probleme - Stichwort fehlende Standardisierung. Manchmal sei es vielleicht sogar besser, der Zweite zu sein.

Manfred Helmus machte darauf aufmerksam, dass "auch sehr viele wirtschaftliche Interessen hinter der Digitalisierung" steckten. Und: "Wenn ich nicht genau weiß, welche Daten ich wann erhebe und wie ich sie weiterverarbeite, dann nutzt es mir nichts, irgendwelche weitergehende Digitalisierung zu machen." Man könne in einem Unternehmen so viel Digitalisierung betreiben, wie man wolle, könne "1000 Softwareprodukte kaufen" - mit mangelhaften Prozessen "nützt ihnen das nichts!"

Über Probleme mit knirschenden Prozessen, unzureichender Datenqualität und fehlender Standardisierung berichteten denn auch Unternehmenspraktiker bei dem Kongress in Hülle und Fülle. Im Bereich Großhandel/Handwerk gebe es "wahnsinnig viel zu tun", sagte zum Beispiel Benedikt Mahr, Vorsitzender des Deutschen Großhandelsverbands Haustechnik, und sprach von einem "Kampf" um die Datenqualität: "Wenn ich überlege, dass von den 120 Branchenfürsten vielleicht 20 Prozent die Datenqualitätsrichtlinie - die wir gemeinsam aufgestellt haben - erfüllen (...), und der Rest eben nur teilweise, dann ist das ein Armutszeugnis."

Für BIM müssten erst Datenstandards entwickelt werden, "die es noch nicht gibt." Hans Schramm, der Vorsitzende des ZVSHK-IT-Ausschusses, beklagte, dass ein zentraler Standort für Dokumente zur Arbeitsvorbereitung fehle. Solche Daten würden heute auf verschiedenen Herstellerplattformen zur Verfügung gestellt. "Und da müssen sie sich stundenlang damit beschäftigen, in unterschiedlichen Plattformen mit unterschiedlichen Passwörtern diese Dokumente zusammenzusuchen." Von Alexander Morhart www.morhart.com (ca. 6500 Zeichen) Abbildungen:

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