Die Neuvertragsmieten für Wohnungen in Deutschland sind im vergangenen Jahr flächendeckend in allen Wohnwert- und Baualtersklassen sowie in allen Städtegrößen weniger dynamisch angestiegen als in den Jahren zuvor. Dies ist das zentrale Ergebnis des Wohn-Preisspiegels 2014/2015 des Immobilienverbands IVD.
Für den Verband ist das ein Grund, die Mietpreisbremse abzulehnen. Die greift aber ohnehin nur dann, wenn die Mieten stark steigen. Bei Neuvermietungen darf der Mietpreis künftig höchstens zehn Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausnahmen gibt es im Neubau bei der Erstvermietung. Das soll verhindern, dass der Neubau einbricht. Auch bei umfangreichen Modernisierungen gilt die Mietpreisbremse nicht. Die Länder hatten Anfang November im Bundesrat weitere Änderungen der Mietpreisbremse im Sinne der Mieter gefordert.
Im Deutschland-Durchschnitt zahlt man für eine Wohnung mit mittlerem Wohnwert, die nach 1949 entstanden ist, 5,78 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um lediglich 2,1 Prozent. Er liegt damit nur knapp über der Inflation. In vielen Großstädten wie Düsseldorf, Frankfurt am Main und Dresden sowie Bonn und Wiesbaden sind die Mieten im vergangenen Jahr nicht gestiegen. "Selbst in München käme die Mietpreisbremse angesichts eines deutlich unterdurchschnittlichen Mietanstiegs von 0,84 Prozent nicht zum Tragen", kommentiert Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbands IVD.
Die Erkenntnis, dass die Wohnungsmieten in Deutschland zwar weiterhin steigen – jedoch mit deutlich geringerer Dynamik als im Vorjahr, gilt für alle Städteklassen. Die Neuvertragsmieten für Wohnungen mit mittlerem Wohnwert, die nach 1949 errichtet worden sind, liegen in Städten mit über 500.000 Einwohnern bei 7,96 Euro pro Quadratmeter und damit 3,1 Prozent über dem Vorjahreswert. 2013 waren die Mieten noch um 4,6 Prozent gestiegen. "Es sind kaum noch Mietpreisentwicklungen zu beobachten, die oberhalb der Inflationsrate liegen", sagt Schick.
Unter den Städten mit 200.000 bis 500.000 Einwohnern gibt es zehn Städte, in denen die Neuvertragsmieten im Vergleich zum Vorjahr nicht gestiegen sind. Hierzu zählen beispielsweise Aachen, Mönchengladbach und Erfurt. Einer der Gründe sei Schick zufolge die Entlastung des Mietmarktes durch die hohe Nachfrage auf dem Markt für Eigentumswohnungen.
In den unterschiedlichen Städteklassen entwickeln sich die Mieten allerdings sehr unterschiedlich. Während in den Metropolen im Durchschnitt knapp 8 Euro pro Quadratmeter verlangt werden, sind es in Kleinstädten mit weniger als 30.000 Einwohnern nur rund 5 Euro pro Quadratmeter
Die gleiche Entwicklung zeigt sich auch bei Neuvertragsmieten für Neubauwohnungen. Die Wohnungen mit mittlerem Wohnwert im Neubau erfuhren in Städten mit über 500.000 Einwohnern einen Preisanstieg von 4,8 Prozent, nachdem die Mieten im Vorjahr noch um 5,94 Prozent gestiegen waren. In den anderen Städteklassen liegt das Mietwachstum deutlich darunter.
Für eine Neubauwohnung mit gutem Wohnwert zahlt man derzeit im Deutschland-Mittel für einen Quadratmeter nettokalt 8,11 Euro – ein Preisanstieg gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent. Im Vorjahrespreisspiegel hatte der Anstieg um einen Prozentpunkt höher gelegen.
Der bundesweit teuerste Wohnungsmarkt ist nach wie vor München. Hier sind für eine Wohnung mittleren Wohnwerts mit Baujahr nach 1949 im Schnitt 12 Euro pro Quadratmeter zu bezahlen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies allerdings ein Anstieg um 0,8 Prozent. An zweiter und dritter Stelle folgen Stuttgart (10,50 Euro, +5 Prozent) und Frankfurt am Main (8,80 Euro, +0 Prozent). Dynamischer ging es dagegen in den Städten Berlin und Essen zu. In Essen stieg der Mietpreis für Wohnungen mit mittlerem Wohnwert und einem Baujahr ab 1949 um 7,7 Prozent und liegt nun bei 7 Euro pro Quadratmeter. In Berlin ist ein Anstieg von 5,7 Prozent zu verzeichnen. Hier zahlt man im Durchschnitt 7,50 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung mit mittlerem Wohnwert.
Der Anteil des Nettohaushaltseinkommens, den Mieter für die warmen Wohnkosten ausgegeben haben, ist in den vergangenen 20 Jahren leicht zurückgegangen. 1994 mussten Mieter im Bundesschnitt etwa 19 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens für ihre Wohnung ausgeben. Seit 2000 liegt der Anteil konstant bei etwa 15 bis 16 Prozent. "Gründe hierfür sind die fallenden Mietpreise in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre und die stetig steigenden Nettohaushaltseinkommen", erklärt Schick.
In den größten Städten Deutschlands liegt der Wohnkostenanteil generell über dem Bundesdurchschnitt. Wie im Bundestrend hat er aber auch hier signifikant abgenommen – am stärksten in Berlin und Leipzig. Zwischen 1994 und 2014 hat er sich um sieben beziehungsweise um mehr als zehn Prozentpunkte reduziert.
Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Bestand haben sich im vergangenen Jahr weiterhin positiv entwickelt. Für eine Eigentumswohnung mit mittlerem Wohnwert werden gegenwärtig 1.082 Euro pro Quadratmeter bezahlt, das sind 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. "Damit liegt das durchschnittliche Preisniveau für Eigentumswohnungen immer noch 10 Prozent niedriger als vor 20 Jahren", kommentiert Schick. "Bei den Preisen für Eigentumswohnungen ist seit 2010 ein Aufholprozess zu beobachten. Zuvor waren nach dem Immobilienboom der 90er Jahre die Preise für Wohneigentum überproportional zurückgegangen."
Je nach Wohnwert und Städtekategorie unterscheiden sich die Entwicklungen jedoch deutlich. So hat sich die Preiskurve bei Bestandsobjekten mit mittlerem Wohnwert in vielen Städteklassen im Vergleich zum Vorjahr abgeflacht. In den Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern verlangsamte sich der Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr am stärksten: Im Berichtszeitraum kletterten die Preise um 4,7 Prozent nach oben und damit um 0,8 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
Die dynamischsten Preisentwicklungen sind in den Großstädten ab 500.000 Einwohnern zu beobachten. Dort sind die Preise für Bestandswohnungen um knapp 9,3 Prozent auf einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 1.689 Euro gestiegen. Der Vorjahresanstieg lag bei 7,8 Prozent. Die Entwicklung der Preise für bestehende Eigentumswohnungen in den Großstädten spiegelt dabei das Wachstum der Bevölkerung in den Metropolen wider. Die stärksten Zuwächse bei den Preisen hat es mit einem Plus von 14,29 Prozent in München gegeben: 3.600 Euro pro Quadratmeter werden derzeit für eine Eigentumswohnung mittleren Wohnwerts bezahlt. Dies sind 10,53 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Mit großem Abstand auf Platz zwei folgt Stuttgart (2.245 Euro, +9,87 Prozent), auf dem dritten Platz steht Hamburg (2.100 Euro, +10,53 Prozent). Einen kräftigen Preisanstieg gab es mit einem Plus von 12,9 Prozent in Berlin auf 1.750 Euro pro Quadratmeter.
Für neugebaute Eigentumswohnungen mit mittlerem Wohnwert sind die Preise im Berichtszeitraum um rund 5,1 Prozent gestiegen. Das entspricht einem Anstieg von 0,4 Prozentpunkten gegenüber dem Vorberichtszeitraum. "In den Metropolen sind die Preise für neue Eigentumswohnungen jedoch deutlich schneller gestiegen", sagt Schick. "Dort wächst die Bevölkerung und mit ihr die Nachfrage nach Wohnraum."
In Städten mit 100.000 bis 250.000 Einwohnern wurden neu errichtete Wohnungen mit mittlerem Wohnwert um mehr als 7 Prozent teurer. Das sind rund zwei Prozentpunkte mehr als im Vorberichtszeitraum. "Anleger investieren verstärkt in B-Städte wie Münster, da sie sich dort höhere Renditen als in den Metropolen versprechen", erläutert Schick. "Zu sogenannten B-Städten zählen außerdem viele Universitätsstädte wie Freiburg und Heidelberg, in denen die Nachfrage nach Wohnraum hoch ist und in denen sich diese Tendenz voraussichtlich auch in den kommenden Jahren nicht ändern wird." Quelle: IVD / pgl