Marktanreizprogramm und KfW-Mittel sind betroffen

Förderprogramme werden neu gestaltet

Stellt noch für Oktober ein neues Förderkonzept in Aussicht: Thorsten Herdan. © S. Thole

Die Beschlüsse des Klimakabinetts haben Folgen für die Förderprogramme des Bundes. Sowohl das Marktanreizprogramm als auch die KfW-Programme werden massiv umgebaut, kündigte Thorsten Herdan, Abteilungsleiter Energiepolitik im Bundeswirtschaftsministerium auf dem 2. BAFA-Energietag an. Noch im Oktober soll es dazu einen Lösungsvorschlag geben.

Die Zeit drängt, denn die Verantwortlichen wollen unbedingt vermeiden, dass zunehmende Unsicherheit im Markt zu einem Investitionsstau führt. „Die Beschlüsse der Klimakonferenz sind für uns der Startschuss, die Förderprogramme neu zu konzipieren“, sagte Herdan auf dem BAFA-Energietag Anfang Oktober und stellte noch für den laufenden Monat eine Lösungsvorschlag in Aussicht.

Das Problem, das es zu lösen gilt: Die bestehenden Förderprogramme müssen in Einklang gebracht werden mit den  Ankündigungen des Klimakabinetts. „Die steuerliche Förderung von Einzelmaßnahmen ab 2020 muss zusammenpassen mit der 40-Prozent-Förderung beim Austausch von Öl-Heizungen“, nennt Herdan ein Beispiel. Und das wiederum müsse mit dem Ziel seiner Abteilung unter einen Hut gebracht werden, dass neue Heizungen umso mehr gefördert werden sollen, je weniger Treibhausgase sie ausstossen.

Wie genau die neue Förderlandschaft aussehen wird, ließ der Leiter der Abteilung „Energiepolitik – Wärme und Effizienz“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie offen. Die Gerüchteküche brodelt aber bereits. So war am Rande der Veranstaltung in Frankfurt zu hören, die Anforderungen der KfW-Effizienzhausstandards sollten drastisch gesenkt werden, um so die Sanierungsquote deutlich zu erhöhen. Eine Erhöhung der Sanierungsquote ohne Sanierungstiefe sei jedoch nicht zielführend. An anderer Stelle hieß es, bei Einzelmaßnahmen solle die Fachplanung und qualifizierte Baubegleitung durch einen externen, unabhängigen Experten für Energieeffizienz künftig nicht mehr gefördert werden. Das ginge ebenfalls zu Lasten der Sanierungsqualität, denn damit entfallen Kontrollen. „Es ist kaum davon auszugehen, dass das Finanzamt die Durchführung der steuerlich begünstigten Maßnahmen kontrolliert“, so ein Konferenzteilnehmer.

Einigkeit herrschte in Frankfurt darin, dass die Energieeffizienz von entscheidender Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele ist. „Der Energiebedarf in Deutschland beträgt aktuell rund 2.500 Terawattstunden. Sonne und Wind liefern 120 Terawattstunden“, machte Herdan deutlich, dass es kaum möglich sein wird, alle Wirtschaftsbereiche durch den Einsatz erneuerbarer Energien zu dekarbonisieren. „Wir brauchen eine Energieeffizienzstrategie“, so Herdan, der dabei vor allem auf Innovationen setzt, die durch marktgetriebene Mechanismen hervorgebracht werden. Die Einführung eines Preises für CO2 schaffe dafür die Voraussetzung. Sie sei der größte Erfolg des Klimakabinetts, auch wenn der Startpreis aus seiner Sicht gerne höher hätte sein dürfen.

Langfristige Renovierungsstrategie muss im März vorliegen

Unumstritten ist, dass im Gebäudebereich das größte Effizienzpotenzial in der Sanierung des Gebäudebestands liegt. „Die neue Europäische Gebäuderichtlinie EPBD hat das Thema ,Langfristige Renovierungsstrategie’ enorm gestärkt“, berichtete Oliver Rapf, Executive Director beim Buildings Performance Institut Europe (BPIE). Danach sollen die Mitgliedsstaaten einen klaren Fahrplan zur Modernisierung des Gebäudebestands bis zum Jahr 2050 mit Meilensteinen für die Jahre 2030 und 2040 erstellen. Die langfristigen Renovierungsstrategien sollen neben einem Überblick über den nationalen Gebäudebestand auch Auskunft über kosteneffiziente Maßnahmen, Maßnahmen zur Verringerung der Energiearmut und Strategien zur Mobilisierung von Investitionen geben.

Die Mitgliedstaaten haben bis März 2020 Zeit, die Richtlinie und damit auch die Erstellung einer langfristigen Renovierungsstrategie umzusetzen. „Ich weiß nicht, wo sie liegt. Es gibt aber Gerüchte, dass es sie gibt“, so Rapf zum Stand der langfristigen Renovierungsstrategie in Deutschland. Klar sei, so der Experte, dass Deutschland erheblichen Nachholbedarf habe.

Ein Mittel zur CO2-Reduzierung im Gebäudesektor sieht das BPIE in der Stärkung der individuellen Sanierungsfahrpläne (iSFP). Das sehen die Beschlüsse des Klimakabinetts auch vor. Zu bestimmten Anlässen wie einem Eigentümerwechsel sollen in Zukunft Beratungen obligatorisch und Gebäudeeigentümer im Rahmen eines individuellen Sanierungsplans über den Mehrwert von energetischen Modernisierungsmaßnahmen informiert werden. Martin Pehnt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltvorschung, warnte in Frankfurt allerdings davor, den individuellen Sanierungsfahrplan zwangsweise einzuführen. „Wenn der Energieberater zum Pflichtberater wird, ändert sich das Verhältnis zwischen Gebäudeeigentümern und Beratern. Weg von einem Vertrauensverhältnis.“ Dennoch begrüßt auch Pehnt die Initiative, Triggerpunkte wie den Eigentumswechsel oder den Auszug der Kinder zu nutzen. Es sei eine gute Idee, mehr Anlässe für das Nachdenken über Effizienzmaßnahmen zu schaffen.

Die Frage sei, wie man es hinbekomme, dass solche Punkte mehr genutzt werden, ergänzte Veit Bürger, stellvertretender Bereichsleiter Energie & Klimaschutz im Öko-Institut. Ein langfristig angekündigtes Vermietungsverbot für besonders ineffiziente Immobilien, wie es dem BPIE zufolge in vielen EU-Ländern bereits besteht oder im Rahmen der langfristigen Sanierungsstrategie geplant ist, könnte neben einem wirkungsvollen CO2-Preis ein Weg sein. Bürger sieht jedoch nicht, dass es ohne ordnungsrechtlichen Rahmen geht. „Ich fürchte, dass wir in fünf Jahren feststellen, dass die Leute die bereitgestellten Fördergelder nicht abgreifen. Ohne Verschärfungen beim Ordnungsrecht wird es nicht gehen“, sagte er in Frankfurt. von Silke Thole

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