Energieausweise könnten ein Mittel sein, um das Bewusstsein von Hausbesitzern und Mietern für die Heizkosten und den energetischen Zustand von Wohnungen und Häusern zu schärfen. Die Betonung liegt aber auf könnte, denn in der EU, auch in Deutschland, wird das kaum genutzt. Eine Studie des Building Performance Institute Europe (BPIE) hat Vorschläge erarbeitet, die nun in den weiteren Umsetzungsprozess einfließen sollen.
"Energieausweise sind in allen Mitgliedstaten formal umgesetzt, aber werden in der Praxis bei Vermietung oder Verkauf noch nicht überall eingesetzt. Sanktionsmassnahmen bei einer Nichtumsetzung werden nur ansatzweise ergriffen und sind heute eher noch die Ausnahme. Einige Studien belegen, dass Energieausweise sich auf den Wert der entprechenden Immobnilien auswirken", betont Ralf Lottes, der das Institut in Deutschland vertritt.
Mit der Gebäuderichtlinie, die in Deutschland mit der Novelle der Energieeinsparverordnung EnEV 2014 im Mai 2014 Realität wurde, sollten Kontrollen eingeführt, die Qualfikation der Ausweis-Aussteller erhöht sowie Sanktionen verhängt werden, wenn gegen die Vorschriften verstoßen wird oder die Qualität der Energieausweise nicht ausreicht.
Bei Qualifikation steht Deutschland gut da
Bei den Qualifikationen der Aussteller steht Deutschland im internationalen Vergleich gut da. Aussteller müssen hierzulande zum einen Basisqualifikationen wie ein Studium der Architektur oder des Bauingenieurswesens, einen einschlägigen handwerklichen Meisterbrief oder eine auf Gebäude spezialisierte Technikerausbildung vorweisen. Darüber müssen sie entweder ein Studienschwerpunkt auf dem energiesparenden Bauen oder einschlägige Berufserfahrung von zwei Jahren mitbringen, eine abgeschlossene Fortbildung nach den Vorgaben der EnEV haben oder eine öffentliche Bestellung als vereidigter Sachverständiger im Bereich energiesparendes Bauen nachweisen. Zugelassen sind auch Energieberater, die vor dem 25. April 2007 als Vor-Ort-Berater der BAFA registriert worden sind, Personen, die zu diesem Zeitpunkt über eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich Baustoffe und eine abgeschlossene Weiterbildung zum Energiefachberater im Baustoff-Fachhandel oder in der Baustoffindustrie verfügen sowie alle, die eine abgeschlossene Weiterbildung zum Energieberater des Handwerks haben. Nur in der Hälfte der Mitgliedsstaaten sind aber Schulungen verpflichtend vorgeschrieben. Eine Weiterbildung derjenigen, die Energieausweise ausstellen, verlangen gar nur acht Staaten.
Eine Anforderung der EU-Gebäuderichtlinie ist auch die Qualitätskontrolle der Energieausweise. Die gibt es meist als Validitätsprüfung. Das heißt, dass überprüft wird, ob die eingegebenen Werte plausibel sind, also nicht grob aus dem Rahmen dessen fallen, was üblich ist. In Deutschland erfolgt diese Kontrolle dreistufig. Für die beiden ersten Stufen ist das Deutsche Institut für Bautechnik zuständig. Dort müssten Aussteller von Energieausweisen Registriernummern beantragen. 20.000 Nutzer sind registriert, sie haben von Mai 2014 bis Ende des Jahres 320.000 Registriernummern beantragt, so das DIBt gegenüber Enbausa.de.
Stufe 1 ist eine reine Plausibilitätsprüfung, es wird also nur geprüft, ob die Daten überhaupt stimmen können. In Stufe 2 werden die eingegebenen Daten und die Berechnung unter die Lupe genommen, soweit dies mit einer elektronischen Prüfung möglich ist. Stufe 3, eine Prüfung vor Ort, müsste das jeweils zuständige Bundesland veranlassen. Zuständig ist das Bundesland, in dem sich das betroffene Gebäude befindet. Doch das wird noch dauern, der Aufbau der Infrastrukturen dazu läuft.
Vor-Ort-Überprüfung der Energieausweise in den Ländern läuft erst an
Die Länder müssen eigentlich auch sicherstellen, dass die Immobilienunternehmen ihren Informationspflichten beim Energieausweis in Anzeigen und bei Vermietungen nachkommen. Wenige Monate vor Inkrafttreten der EnEV 2014 hatte erst ein einziges Bundesland die Infrastrukturen geschaffen, hat die Deutsche Umwelthilfe in einer Umfrage ermittelt. Derzeit hakt sie nach und will wissen, wer nachgebessert hat. Vor Ostern sollen dazu Ergebnisse vorliegen.
Das BPIE kann den Energieausweisen auf europäischer Ebene trotz bestehender Unzulänglichkeiten durchaus etwas abgewinnen, fordert aber unter anderem eine bessere Qualitätssicherung. Als Maßnahmen nennt die Studie unter anderem eine Stärkung der Anforderungen an die Aussteller, eine physische Präsenz der Aussteller in den Gebäuden sowie digitale Instrumente zur Qualitätskontrolle. Besonders beim zweiten Punkt, der Präsenz der ausstellenden Personen in den Gebäuden, sei man von offizieller Seite "auf wenig Begeisterung gestoßen", sagt Lottes. Ein Problem dabei: Das würde die Ausweise teurer machen. Online sind sie als Verbrauchsausweis derzeit ab 50 Euro Euro zu haben, bei einer Datenerhebung vor Ort wäre man sicher bei einigen hundert Euro.
Energieausweise sollten, so ein weiterer Vorschlag aus dem Ländervergleich, eine Voraussetzung für öffentliche Förderung sein. Die Autoren schlagen außedem vor, dass Immobilien mit einem vor der Sanierung hohen Energieverbrauch eine relativ höhere Förderung erhalten. Dann erreiche man die Gebäude, in denen das Energieeinsparpotential besonders hoch sein. In Deutschland ist der Ansatz, etwa bei KfW-Krediten, aber auch bei Unterstützung auf Länderebene anders. Es wird vom erreichten Effiizenzsstandard ausgegangen. Ist der hoch, sind die Zinskonditionen besoners gut und Zuschüsse höher.
Energieausweise könnten Vergleichbarkeit von Gebäuden erleichtern
Die Studie regt außerdem an, dass die Daten aus den Ausweisen genutzt werden, um eine "gebrauchsfertige Informationsquelle über den Gebäudebestand" zu erhalten. Das würde auch länderübergreifend Sinn machen. "Auch wenn sich dadurch Details der Systeme unterscheiden, so sollten doch einige Elemente vergleichbar sein. Im Sommer 2015 wird ein Fortschrittsbericht zur EPBD-Umsetzung veroeffentlicht werden, der voraussichtlich neue Argumente für verstärkte Verpflichtungen und die Harmonisierung des Ansatzes liefern wird", schätzt Lottes.
Eine Vereinheitlichung würde auch in Deutschland Sinn machen, denn zum realen Zustand des Gebäudebestands gibt es keine zuverlässigen Daten. Doch dazu müsste man weg vom Dualismus zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis. Nur das würde einen wirklichen Vergleich erlauben, sowohl für die Politik als auch für Hausbesitzer und Verbraucher.
Man habe auf die Vorschläge aus der Studie keine formelle Resonanz der zuständigen Ministerien erhalten, so Lottes, wisse aber aus Diskussionen mit verschiedenen Interessensverbaenden in Deutschland, dass durchaus die Notwendigkeit gesehen werde, die Wirkung und Marktpräsenz des Energieausweises zu stärken. Lottes weiter: "Letztendlich bestätigen die positiven Erfahrungen mit Energielabeln auf Haushaltsgeräten, dass der Verbraucher mehr Transparenz will und auch sein Kaufverhalten danach ausrichtet. Eine ähnliche Wirkung wäre für die Renovierung des Gebäudebestands sicherlich wünschenswert." Von Pia Grund-Ludwig