Einführung parallel zum laufenden Betrieb schwierig

BIM verändert die Baubranche

Wie sie BIM einführen könnten, liegt für viele Baubetriebe noch im Dunkeln. © Ehlerding

Wer bei der neuen dreidimensionalen Planungstechnologie Building Information Modeling (BIM) nicht mitmacht, riskiert aus dem Markt verdrängt zu werden. Das ist die Ergebnisse einer neuen Roland Berger-Studie. Die Einführung von BIM wird aber keineswegs aus einer traditionalistischen Verweigerungshaltung verzögert, sondern vor allem aus praktischen Erwägungen, hat eine Studie von Bauinfoconsult ergeben.

Das Building Information Modeling (BIM) erfasst alle baurelevanten Daten auf einer Plattform, verknüpft sie und erstellt dann ein digitales Modell, teilt Roland Berger mit. Der Vorteil: Alle Beteiligten können so das fertige Bauprojekt schon in der Planungsphase virtuell begehen und schnell modifizieren. Außerdem können Bauunternehmen auf Basis der in BIM eingestellten Informationen und Angebote frühzeitig über Materialien und ausführenden Firmen entschieden.

"Damit werden Planung, Umsetzung und Verwaltung von Bauprojekten viel schneller und effizienter", erklärt Kai-Stefan Schober, Partner von Roland Berger, anlässlich der Veröffentlichung der Studie. "Fehler in der Bauplanung lassen sich so früher erkennen; neue Erkenntnisse werden im System hinterlegt und können für die nächsten Projekte wieder genutzt werden."

In der klassischen Bauplanung werden in verschiedenen Schritten Pläne an Behörden überspielt, Kostenkalkulationen erstellt und einzelne Gewerke auf der Baustelle koordiniert. Im Gegensatz dazu verbindet BIM alle Beteiligten auf einer Plattform und erspart so viele Koordinationsschritte. "Jede Änderung wird bei BIM automatisch im gesamten Bauplan umgesetzt", erläutert Schober. "Bauelemente oder Dienstleistungen der einzelnen Firmen können wie in einem Baukasten neu zusammengestellt oder durch neue Anbieter ersetzt werden."

Die Vorteile der neuen Technologie schlagen sich in den Marktzahlen nieder: So wird sich der Markt für BIM-Anwendungen zwischen 2014 und 2022 voraussichtlich vervierfachen - von 2,7 auf ca. 11,5 Milliarden Dollar. Dies bedeutet aber auch, dass Bauunternehmen, die diese Technologie nicht einsetzen, im Nachteil sein werden. "Dabei geht es nicht nur um Kosteneinsparungen", warnt Roland Berger-Experte Philipp Hoff: "BIM entwickelt sich zunehmend zum Standard für die gesamte Bauindustrie. Ohne Zugang zum System werden Unternehmen mittelfristig aus dem Markt gedrängt, da sie auf dieser Plattform nicht sichtbar sind und der Abstimmungsprozess mit ihnen zeit- und kostenaufwändig ist."

Die starken Veränderungen, die sich durch die Digitalisierung der Baubranche ergeben, zwingen allerdings alle Marktteilnehmer dazu, ihre Geschäftsmodelle zu revidieren. Denn durch BIM können zum Beispiel Architekten und Planer direkt über Dienstleister und Materialien entscheiden. Außerdem werden etwa Bauprojekte mit niedrigen Margen noch stärker unter Druck stehen; lukrative Nachträge für Bauunternehmen fallen weg. Und auch Generalunternehmer und Baustoffhändler werden deutlich an Einfluss verlieren, da die Material- und Produktentscheidung im Bauprozess immer weiter nach vorne verlagert wird.

Baubranche müsste erst umfangreich schulen

Warum der Einsatz von BIM am Bau in Deutschland trotzdem noch ein Nischenphänomen ist, haben die Marktforscher von Bauinfoconsult im Rahmen des BIM Monitors 2017 ermittelt. Sie haben mittlere und große Bau- und Planungsfirmen gefragt, was der digitalen Bau- und Planungsmethode vor allem im Weg steht. Das Ergebnis sieht anders aus als erwartet: Die Einführung von BIM wird keineswegs aus Unkenntnis oder einem dem Bau so gern nachgesagtem Traditionalismus verzögert, sondern vor allem aus konkreten praktischen Erwägungen heraus.

Als Hindernisse für eine Verbreitung von BIM werden vor allem der damit verbundene Schulungsaufwand für die Mitarbeiter sowie die momentan noch hohen Investitionen genannt. Es gehe dabei nicht nur um die Kosten für Fortbildung und Infrastruktur-Änderungen: „Die Umstellung auf BIM kann schließlich nicht einfach von heute auf morgen geschehen, sondern bringt einen fundamentalen Wandel aller Arbeitsprozesse im Unternehmen mit sich“, teil Bauinfoconsult mit. Der Weg dahin dauert laut den Erfahrungen von BIM-Intensivnutzern gut ein Jahr - während das Unternehmen gleichzeitig weiterhin alle laufenden Projekte stemmen muss wie bisher. Quelle: Roland Berger / Bauinfoconsult / sue

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