Effizienz des Freiburger Rathauses steht auf dem Prüftstand

Auch ein Verwaltungsbau kann Plusenergie

Das Gebäude umschließt einen begrünten Innenhof. © Ingenhoven Architects

Die Stadt Freiburg im Breisgau hat 2016 den Neubau eines Verwaltungszentrums inklusive Rathaus bezogen, um ihre über das Stadtgebiet verteilten Behörden zusammenzufassen. Ein Höchstmaß an Energieeffizienz war Ziel der Planer von Ingenhoven Architects. Das nach der Inbetriebnahme gestartete Monitoring soll nun zeigen, ob der Betrieb des neuen Plusenergiegebäudes hält, was die Planung versprochen hat.

840 Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben ihren neuen Arbeitsplatz in dem Neubau. Im Erdgeschoss befindet sich das Bürgerservicezentrum mit Konferenzräumen und das Mitarbeiterrestaurant. Die Ämter der Stadtverwaltung nutzen die darüber liegenden Geschosse. Ein Plusenergiegebäude dieser Größe sucht in Europa seinesgleichen, teilt das Forschungsprojekt Energiewendebauen mit.

Das Gebäude ist hochwärmegedämmt und erlaubt durch die deckenhohe Dreifachverglasung in Kombination mit einem außenliegenden Sonnenschutz eine optimale Tageslichtnutzung. Optisch prägend sind hervorstehende Elemente aus Lärchen, die aus der Region stammen. Darin sind PV-Module integriert.

Grundwasser als Wärmequelle dient über Wärmepumpen zum Heizen und über einen Wärmeübertrager zur direkten Kühlung, ergänzt durch Rückkühler auf dem Dach. Ein mit Biogas befeuerter Kessel deckt die Spitzenlast und sichert in Kombination mit Solarthermie die Trinkwassererwärmung, die in erster Linie für die Kantine benötigt wird. Die Räume erhalten Frischluft über eine Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung.

Die Wärme beziehungsweise Kälteübergabe in den Büroräumen erfolgt über Betonkernaktivierung und Heizkühlsegel. Die öffentlichen Bereiche sind größtenteils mit einer Fußbodenheizung sowie einer Teilklimaanlage ausgestattet.

Ein Plusenergiehaus erzeugt mehr Energie über regenerative Quellen als es für Heizen, Kühlen, Lüften und Beleuchten benötigt. So deckt es rechnerisch seinen Energiebedarf selber. Neben einer gut gedämmten Gebäudehülle erfordert dies in der Regel große solaraktive Flächen. Für große, kompakte Gebäude ist das eine Herausforderung, denn die Nutzfläche als Maßstab für die absolute Höhe des Energiebedarfs steigt mit zunehmender Größe des Gebäudes schneller als die Hüllfläche. Einem höheren Bedarf steht also immer weniger zusätzliche Fläche zur Energiegewinnung am Gebäude gegenüber. Außerdem entsteht eine Flächenkonkurrenz zwischen Solarthermie und Photovoltaik.

Deshalb wird beim neuen Freiburger Verwaltungszentrum sowohl das Dach als auch die Fassade zur photovoltaischen Stromerzeugung genutzt. In Teilbereichen produzieren photovoltaisch-thermische Hybridkollektoren (PVT) gleichzeitig elektrischen Strom sowie Warmwasser für die Trinkwassererwärmung.

Während sich der Verbrauch bei Null- beziehungsweise Plusenergiegebäuden zwar in der Jahresbilanz rechnerisch regenerativ decken lässt, zeigt eine genauere Betrachtung vor allem bei der Solarenergie ein saisonales, wetter- und tageszeitabhängiges Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Einem hohen Bedarf im Winter steht ein geringes Strahlungsangebot gegenüber, während im Sommer aufgrund eines geringeren Bedarfs bei hohem Angebot Überschüsse erzeugt werden. Ein Beispiel: Bei der Beleuchtung verläuft der Kunstlichtbedarf entgegengesetzt zur Verfügbarkeit von Tageslicht und damit solarer Einstrahlung. Diese Diskrepanz muss das Stromnetz ausgleichen.

Der steigende Anteil der fluktuierenden erneuerbaren Energien stellt eine Herausforderung für den Netzbetrieb dar. Deshalb ist es das Ziel der Planung, den Eigenverbrauch zu maximieren und gleichzeitig Lastspitzen sowohl beim Bezug als auch bei der Einspeisung von Strom in das Versorgungsnetz vermeiden. Intelligente Regelungstechnik soll einen netzdienlichen Betrieb unterstützen.

Betrachtet man den Gesamtverbrauch, ermöglicht der Nutzungstyp Verwaltungsgebäude aufgrund seiner Ausstattung mit EDV-Arbeitsplätzen, die tagsüber Strom benötigen, eine hohe Eigennutzung des am Gebäude erzeugten PV-Stroms. Bei dem Freiburger Neubau fließt er in die Kälte- und Wärmeversorgung, zum Großteil aber in Arbeitsmittel wie EDV. Um genauere Daten hierzu zu erhalten, wird im Forschungsprojekt auch dieser Nutzerstrom erfasst. In die Plusenergiebilanz eingerechnet ist er nicht.

Die Stadt Freiburg, das Planungsbüro DS-Plan und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE begleiten Bau und Betrieb des Gebäudes mit einem Forschungsprojekt. Eine zentrale Frage ist, wie sich die Ziele der Planung in den Betrieb überführen lassen und wie ihre Umsetzung überprüft werden kann. Im Rahmen des Projekts wird daraus ein Handbuch "energetischen Inbetriebnahme" erarbeitet.

Das Monitoring des Fraunhofer ISE liefert Daten zur Betriebsanalyse und Qualitätssicherung. Mithilfe einer modellbasierten Analyse untersuchen die Wissenschaftler geeignete Versorgungs- und Regelungsszenarien für einen netzdienlichen Betrieb. Diese sollen künftigen Gebäuden als Vorbild dienen. Quelle: Energiewendebauen / sue

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