Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Anbieter entdecken gesundes Bauen als Marketinginstrument

Verbraucherschützer kritisieren Vielfalt an Bau-Siegeln

Gesundes Bauen gewinnt an Stellenwert. © P. Grund-Ludwig

Die Baywa hat ein neues Siegel an den Markt gebracht, das Verbrauchern Orientierung bieten soll, die baugesunde Produkte suchen. Auch andere Baumärkte nutzen Baugesundheit zum Eigenmarketing und richten dafür spezielle Bereiche ein. Verbraucherschützer kritisieren die Vielfalt der Öko-Plaketten. Sie fordern, dass  innenraumrelevante Bauprodukte, Farben und Lacke so zusammengesetzt sind, dass als Mindeststandard die Einhaltung der Vorsorgerichtwerte des Umweltbundesamtes garantiert ist.

"Eine gesetzliche Pflicht zur Volldeklaration halten wir im Sinne des Umwelt- und Gesundheitsschutzes und der Kreislauffähigkeit für erforderlich", sagt Kerstin Etzenbach-Effers vom Arbeitsbereich Umwelt und Gesundheitsschutz der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Vielfalt der Label im Baubereich überfordere Verbraucher, die Unterschiede der einzelnen Vergabegrundlagen seien selbst für Fachleute aufwendig zu recherchieren.

"Die Ursache für den Siegelwirrwarr sehen wir darin, dass die gesetzlichen Regelungen für Bauprodukte im Bereich Umwelt und Gesundheitsschutz nicht ausreichen: Die harmonisierten EU-Normen berücksichtigen den Umwelt und Gesundheitsschutz (noch) nicht, staatliche Zusatzanforderungen wurden nach dem EuGH-Urteil eingestellt. Eine Volldeklaration wird nicht verlangt."

Schutz vor Bauschadstoffen ist wichtig

Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt deshalb Maßnahmen, die vor schadstoffemittierenden Bauprodukten schützen. "Der Handel sollte aus unserer Sicht seiner Verantwortung nachkommen und ausschließlich Produkte für den Innenraum anbieten, die nachweislich sowohl Emissionsprüfungen als auch Stoffverbots- und Beschränkungslisten erfüllen, die beide ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau nach dem Vorsorgeprinzip sicherstellen müssen", so Etzenbach-Effers.

Produkte ohne diese Nachweise sollten nur angeboten werden, wenn anhand einer Offenlegung aller Inhaltsstoffe auszuschließen sei, dass sie Schadstoffe enthalten oder an die Innenraumluft abgeben.

Die Baubranche entdeckt das gesunde Bauen zunehmend als Marketinginstrument. Bei den Hagebaumärkten gibt es "Das grüne Regal", bei der Baywa das neue "Baywa BauGesund-Siegel". "Das wäre bei einer solchen verantwortungsvollen Sortimentsauswahl nicht erforderlich", argumentiert Etzenbach-Effers und lehnt die Schaffung firmeneigener, nicht unabhängiger Label unter anderem wegen einer wachsenden Siegelflut ab.

Datenbank berücksichtigt verschiedene Siegel

In der Datenbank der Baywa sind Produkte mit unterschiedlichen Siegeln abgelegt. Herangezogen werden unter anderem das eco-Institut-Label, das Emicode EC1 Plus Zeichen, das Natureplus-Label, das Indoor Air Comfort von Eurofins und das Prüfzeichen des TÜV Rheinland.

Es würden unterschiedliche Prüfsiegel heranzogen, da die Siegel meist nicht alle Kategorien von Bauprodukten abdeckten, erklärt Georg Polz, Referent Strategische Geschäftsentwicklung der Baywa gegenüber EnBauSa.de Auch Environmental Product Declarations, standardisierte Angaben zu Umwelteigenschaften, die bei Nachhaltigkeitszertifikaten heranzogen werden, fließen bei der Bewertung ein, wenn ein Prüfbericht über das Emissionsverhalten des Bauprodukts nach den Baywa-eigenen Kriterien vorliegt.

Auch Produkte ohne Siegel können emissionsarm sein

Es können auch Produkte zum Zuge kommen, für die kein Siegel, sondern ein unabhängiger Prüfbericht vorliegt. "Manche Hersteller haben Produkte, die die Kriterien erfüllen. Der Prozess, dafür ein Siegel zu erstellen, ist ihnen aber zu teuer", so Polz weiter. Das Baugesund-Siegel ziele zudem ausschließlich auf die Emissionen des fertigen Bauprodukts ab. Die bewerteten Produkte können außerdem ökologisch und nachhaltig sein, dies wird aber mit dem Siegel nicht explizit gefordert.

Kritik kommt aber nicht nur von Verbraucherschützern, sondern auch von Akteuren, die das Feld Wohngesundheit schon länger beackern. "Im Sinne einer grundsätzlichen Verbreitung einheitlicher Standards zum gesünderen Bauen und Wohnen sind übergeordnete, anbieterunabhängige Label besser als Insellösungen", meint etwa Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Institut. Die auf der Internetseite der Baywa genannten Prüfsiegel seien aber als Qualitätsmaßstab sinnvoll, da sie sich nach den Vorgaben des Ausschusses für die gesundheitliche Bewertung von Baustoffen (AgBB) richten. "Diese offizielle Grundlage nutzt auch das Sentinel Haus Institut", so Bachmann weiter. von Pia Grund-Ludwig

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.