Sand wird in vielen Ländern dieser Erde knapp. Ein Grund dafür ist der Bauboom. Für neue Hotelanlagen, Einkaufszentren und Industrieparks werden Unmengen an Beton benötigt, der zum Großteil aus Sand und Kies besteht. Dubai etwa musste Sand aus Australien importieren, um den Wolkenkratzer Burj Khalifa zu bauen - der eigene Wüstensand eignete sich nicht dafür.
Selbst in Deutschland mit seinen vorhandenen Vorkommen an Kies und Sand sind Grenzen sichtbar, wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe vor kurzem veröffentlichte. Der weltweite jährliche Verbrauch an Sand und Kies liegt bei 40 Milliarden Tonnen.
In Deutschland fallen jährlich rund fünf Millionen an feinkörnigem Bauschutt aus dem Abriss von Bauwerken und Infrastruktur an. Bislang landet dieser auf Deponien oder wird im Straßenbau verwendet - hochwertige Verwertung findet nicht statt. Im Projekt "BauCycle" haben es sich daher die Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP, für Materialfluss und Logistik IML, für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB zur Aufgabe gemacht, den Bauschutt wieder aufzubereiten, aus dem mineralischen Gemisch einen nachhaltigen Wertstoff zu generieren und Anwendungsmöglichkeiten für den Hochbau aufzuzeigen.
Ziel ist es, Partikel mineralischer Bauabfälle wiederzuverwerten, die kleiner als zwei Millimeter sind. Im Projekt behandeln die Forscherinnen und Forscher die komplette Wertschöpfungskette - von der Entwicklung innovativer Sortierverfahren und hochwertiger Baustoffe bis hin zum Aufbau einer dynamischen Marktplattform, einer Rohstoffbörse.
"Bausand gibt es eben nicht wie Sand am Meer, in Europa sind beispielsweise Schweden und Frankreich vom Sandmangel betroffen", weiß Volker Thome, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IBP. "Bereitet man Bauschutt nach herkömmlichen Methoden auf, so wird dieser zerkleinert. Bestandteile, die kleiner als zwei Millimeter sind, werden ausgesiebt und landen auf der Deponie. Würde man den feinkörnigen Bauschutt recyceln, der aus den Hauptkomponenten Kalksandstein, Ziegel, Beton und geringen Anteilen Gips besteht, könnte man dem Sandmangel langfristig entgegenwirken", so der Forscher.
Im ersten Schritt muss der unterschiedlich zusammengesetzte Schutt sortiert werden, wobei vor allem die Gipspartikel selektiv getrennt werden, da sie ein entscheidendes Kriterium für die Wiederverwertbarkeit der Betonfraktion darstellen. Hierfür entwickelten die Forscher ein opto-pneumatisches Sortierverfahren für Feinfraktionen, das neben Farb- und Helligkeitserkennung auch chemische Unterschiede in den Partikeln wie sulfatisch oder silikatisch erkennt und nach diesen Kriterien trennen kann.
"Die Bestandteile werden vereinzelt und über ein Förderband transportiert. Eine Infrarotkamera mit speziellen Filtern erkennt die unterschiedlichen Feinfraktionen. Am Ende des Förderbands fallen die Partikel im freien Fall an Düsen vorbei, die die Hauptkomponenten mittels gezielter Luftdruckstöße in unterschiedliche Behälter schießen", beschreibt Thome das Optical Computing-Verfahren. Inzwischen ist es Thome und seinem Team gelungen, Partikel mit einer Größe von einem Millimeter voneinander zu unterscheiden. Mithilfe der Technologie lässt sich ein Durchsatz von 1,5 Tonnen pro Stunde erzielen.
Im Idealfall lassen sich vier reine Mischungen wiederverwerten und für die Herstellung von Porenbeton nutzen, einem leichten Baustoff mit guter Wärmedämmung. Dieser eignet sich für den Bau zweistöckiger Häuser, aber auch als Isoliermaterial in Innenräumen. Tests ergaben, dass Mischungen aus Beton und Kalksandstein ebenfalls wiederverwertbar sind und sich als sekundärer Rohstoff für die Produktion von Porenbeton mit konkurrenzfähigen Festigkeiten eignen. Beste Ergebnisse erzielten die Experten mit einem Mix aus 80 Prozent Kalksandstein und 20 Prozent Altbeton.
Ein weiteres Ergebnis des Projekts: Aus den Komponenten Ziegel und Altbeton lassen sich Geopolymere herstellen, ein zementfreier Baustoff mit betonähnlichen Eigenschaften was die Festigkeit und Säureresistenz anbelangt. Zudem zeichnen sich die Geopolymere durch eine sehr gute CO2-Bilanz aus. Quelle: Fraunhofer IBP /pgl