Dass sich die Spechtschäden vor allem im Frühjahr häufen spricht dafür, dass es sich bei den schadenverursachenden Spechten um Jungtiere handelt, die ein eigenes Revier suchen. Gerade in besiedelten Gebieten werden die traditionellen Bleiben in Form morscher Bäume rar. Auf der Suche verwechseln die Vögel vor allem gedämmte, grob verputzte Hauswände mit Bäumen. „Die raue Struktur des Putzes gleicht der Baumrinde, das Dämmmaterial hat in etwa die gleiche Konsistenz wie weiches, vermodertes Holz“, schreibt der Bayrische Landesbund für Vogelschutz (LBV), der eine Broschüre zum Thema herausgegeben hat.
Hinzu kommt: Gerade im Frühjahr, wenn die Nächte noch kalt, die Fassaden jedoch von der täglichen Sonneneinstrahlung erwärmt sind, lassen sich viele Insekten auf der Fassade nieder. Wird es dann nachts kalt, erstarren sie oder kriechen nur sehr langsam herum. Mit kleinen Hack-Attacken sorgt der Specht zunächst dafür, dass Nischen entstehen, in denen die kleinen Krabbeltiere in kühlen Nächten eine warme Unterkunft finden. Kommt er dann wieder, findet er den Tisch reich gedeckt und fühlt sich wie zu Hause. Dann beginnt die eigentliche Zerstörung: mit bis zu 20 Hieben pro Sekunde hämmern die Tiere auf die Fassaden ein.
Hausbesitzer sollten Spechtschäden umgehend beseitigen, denn durch die Verletzungen am Putz dringt Feuchtigkeit in die Dämmschicht ein. Das gilt insbesondere für witterungsbelastete, wenig geschützte Fassaden. Allerdings ist zu beachten: die Reparatur ist nur erlaubt, wenn sichergestellt ist, dass keine Vögel in der Spechthöhle brüten. Spechte brüten zwischen April und August, danach können aber auch andere Vogelarten wie Meisen, Sperlinge oder Mauersegler die Höhle nutzen. Am besten sollten die Schäden daher außerhalb der Brutzeiten beseitigt werden. Noch besser ist es freilich, den Schäden vorzubeugen. Schließlich kostet die Reparatur je nach Aufwand und Fassade zwischen 150 und 700 Euro. Außerdem kommt es immer wieder vor, dass Spechte bereits verschlossene Löcher wieder öffnen oder daneben neue hacken. Ein Patentrezept, Spechthöhlen zu vermeiden gibt es nicht.
Experten empfehlen dicken Putz
Weitgehend einig sind sich die Experten darüber, dass eine dicke Putzschicht hilft, die der Specht nicht durchdringen kann. Empfohlen werden etwa sieben Millimeter starke Gewebespachtelungen. Zusammen mit drei Millimetern Oberputz entsteht so eine ein Zentimeter starke Putzschicht, die sowohl Schnabelhieben als auch anderen mechanischen Verletzungen gut standhält, dafür aber auch ihren Preis hat. Geeignet seien aber auch Platten, die als Verkleidung vor die Dämmung montiert werden. Wird die Dämmung jedoch mit Bauelementen aus Holz, Metall oder Kunststoff verkleidet oder mit Klinker, Ziegeln oder Natursteinen verblendet, muss die Fassade hinterlüftet werden. In diesem Fall so rät der Verband Privater Bauherren VPB, müssen die Zu- und Abluftöffnungen mit Vogelschutzgittern versehen werden, sonst nisten sich die Vögel hinter der Fassade ein. Gleiches gilt für Dachvorsprünge und Pfettenüberstände.
Als weitere wirkungsvolle Methode gilt es, die Fassaden zu begrünen. „Spechte halten sich an Bäumen meist in Stammnähe oder an dickeren Ästen auf. Dichtes Strauchwerk meiden sie“, schreibt dazu der LBV. Schon die unbegrünten Rankhilfen könnten Spechte am Anflug der Fassade hindern – sie müssten dazu möglichst engmaschig sein. Von engmaschigen Drahtnetzen an Hauswänden rät allerdings der Naturschutzbund ab, denn hängen diese Netze schlaff durch, können sie zur Todesfalle für die geschützten Spechte werden.
Buntspechte lieben Mauerkanten
Eine weitere bauliche Maßnahme zur Spechtabwehr sind dünne Metallbleche an den Hauskanten. Denn aufgrund der Anatomie seiner Zehen fliegt vor allem der weit verbreitete Buntspecht mit Vorliebe Gebäudekanten an, berichtet der österreichische Gutachter Michael Hladik in einem Fachbeitrag zu Spechtschäden. Deshalb finden sich die Löcher des Buntspechts oft an Bauteilkanten entlang aufgereiht. Die etwas andere Zehenanatomie des Schwarzsprechts dagegen erlaube diesem, sich auch an ebenen Flächen niederzulassen und festzuhalten. Finden sich die Löcher also auf Flächen, treibt eher ein Schwarzspecht sein Unwesen.
Abhilfe schaffen könnte hier bei Neubauten oder Sanierungen, eine besonders glatte Putzschicht aufzutragen, die den Vögeln keinen Halt bietet. Ist eine ältere Fassade Gegenstand der Attacken, raten Vogelschützer dazu, die Spechte zu vertreiben. Lärm und Flatterbänder haben sich als erfolgreich erwiesen. Allerdings mahnt der VPB zur Mäßigung: Der Specht ist geschützt und darf nicht gejagt werden, ebenso wie Schwalben oder Fledermäuse. Wenn sie am Haus brüten, darf dort nicht gebaut werden.
Manche Experten schlagen vor, CDs an die Hauswand zu hängen. Sowohl für Flatterbänder als auch für CDs gilt: Es genügt nicht, sie einmalig aufzuhängen. Sie müssen regelmäßig umgehängt und anders platziert werden. Andernfalls gewöhnen sich die Vögel daran und klopfen schon bald wieder an der Hausfassade. Als wirkungsvoll hat sich laut Hladik in vielen Fällen auch erwiesen, Greifvogel-Silhouetten aufzumalen oder entsprechend ausgeschnittene Folien auf die Fassade zu kleben. Allerdings müssten diese Silhouetten auch wirklich die Umrisse eines Greifvolgels zeigen, sonst lassen sie den Specht kalt.
Etwas aufwändiger, aber nach Ansicht vieler Experten ebenfalls wirkungsvoll ist das Anbringen von Greifvogel-Attrappen. Geeignet sind Uhu-, Eulen-, Habicht- oder auch Storchen-Attrappen. Allerdings gilt auch für diese, dass sich ihre Position regelmäßig ändern sollte. „Ein Plastik-Uhu, der tagelang am selben Fleck sitzt, verliert schnell seinen Schrecken“, so der LBV. Wird der Specht auf frischer Tat ertappt, gilt es, ihn von Beginn an zu stören: Lautes Klatschen, Trommeln, Pfiffe oder das Wedeln mit Tüchern – alles ist erlaubt. von Silke Thole