Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Wohngesundheit

Behütet in Lehm

Innen sorgen Lehm und Holz für erdige Gemütlichkeit. Foto: Dietrichhof.com

Beim Dietrichhof wurden vier wohngesunde Pavillons in den bestehenden Stadel integriert. Foto: studio margareta schwarz

Die Schalen aus Stroh und Holz wurden durch die nachhaltigen Putze luft- und winddicht. Foto: studio margareta schwarz

Detail, auf dem man das freigewischte Stroh gut sieht, ebenso wie den Einblick in den nachhaltigen Wandaufbau. Foto: studio margareta schwarz

Margareta Schwarz plante in einen bestehenden Stadel vier organisch geformte Pavillons als Feriendomizile, rund wie mächtige Findlinge. Durch ihre mit Lehm und Kalk verputzten Schalen aus Stroh und Holz sind sie besonders wohngesund.

Die in Südtirol freischaffende Architektin Dr. Arch. Margareta Schwarz setzt seit Jahrzehnten leidenschaftlich Holz, Stroh, Lehm und Kalk ein. Diese Materialien sind kreislaufgerecht und frei von Schadstoffen. Sie eignen sich bestens für wohngesunde und baubiologische Räume.

Genau solche Räume zum Wohlfühlen wollte Szilvia Rauter für ihre Feriengäste. Sie führt mit ihrem Mann den Dietrichhof im Bozener Feldthurns im Eisacktaler Mittelgebirge auf fast 1.200 Metern Höhe. Zum Hof gehört unter anderem ein 21 m langer Stadel aus den 1960er Jahren, in den Architektin Schwarz für Feriengäste der Rauters vier Pavillons mit je zirka 30 m² Nettofläche einplante. Jeder Pavillon hat Strohwände und wird von einem Gewölbe aus Strohballen überspannt. Konstruiert sind sie aus tragenden, mit einem Ringbalken stabilisierten Holzbögen, zwischen die zertifizierte Baustrohballen geklemmt wurden. Zur Windaussteifung wurden Metallbänder unter die Bögen geheftet. Um Strukturrisse zu vermeiden, wurden auf die Hölzer Streifen aus Holzfasermatten als Putzträger getackert. Die Fensterbauer setzten Dreiglasscheiben ohne Rahmen in die Schlitze der Holzkonstruktion. Die Wandsegmente zwischen den Pavillons in Richtung Balkone wurden mit Holzfaser ausgedämmt und mit Schilfrohrputzträger belegt.

Wände und Gewölbe komplettierten mindestens 3 cm starke Lehm- bzw. Kalkputze auf beiden Seiten. Durch akustische Messungen wurde die Schalldämpfung zwischen den Pavillons nachgewiesen. Die 42 cm starke Wand aus Stroh und den schweren Putzen erreicht ein Schalldämm-Maß R’w = 56 dB (inklusive der Schallübertragung über die flankierenden Bauteile) und ist damit besser als die mindestens geforderten 55 dB. „Die Werte sind großartig“, ist Architektin Schwarz begeistert.

Schwere Putze

Die runden Flächen verputzte Patrick Plattner mit seiner Firma Plattner Patrick Bau aus Feldthurns. Er ist zertifizierter Baubiologe und auf ökologisches Bauen spezialisiert. Auf einem Mustergewölbe testete er die Verarbeitung und den Schichtaufbau. Zuerst versuchte er den Lehm direkt auf die unruhige Oberfläche aufzuspritzen, was aber eine zu dicke Schicht erzeugte. Deshalb rasierte ein Mitarbeiter mit der Heckenschere die Strohoberflächen und kürzte lang heraushängende Strohhalme. Dann entschied man sich, zuerst mit Kalk vorzuspritzen und den Untergrund innen wie außen so zu stabilisieren.

Vor allem das Putzen der konkaven Flächen im Inneren der Räume ist eine Herausforderung. „Das macht man am Besten in ein paar Lagen“, erklärt Plattner. „Dafür muss man sich Zeit nehmen.“ Gut, dass er auch auf Zeit abrechnen konnte.

Vorspritz aus Kalk

Als Vorspritz sprühte er mit seinen Mitarbeitern Rudus Spritzputz der Firma „Calchèra San Giorgio“ ziemlich flüssig in ca. 5 mm Stärke innen wie auch außen auf. Das Bindemittel des Mörtels ist ein natürlicher hydraulischer Kalk NHL5 (EN 459-1), der bei Temperatur unter 1.000 °C gebrannt wurde und frei von Zement, Klinkerderivaten sowie Schadstoffen ist. Der Kalk umhüllte die aus der Wölbung noch relativ lang herausstehenden Strohhalme schuf eine sehr schön strukturierte Oberfläche, auf der die nächste Lage gut hält. Er erhielt mindestens fünf Tage Zeit zu härten. Derweilen befestigten die Handwerker eine 2 mm starke Drahtmatte mit einer Maschenweite von 8 x 8 mm an den Balken im Gewölbe oberhalb des Ringbalkens, um es zu stabilisieren.

Für die nächste Putzlage verwendeten sie Rudus Putzmörtel MAK12 von der gleichen Firma, der ebenfalls nur NHL5 als Bindemittel enthält. Sie spritzten den Kalk auf die unebene Oberfläche 2 bis 3 cm dick auf, zogen ihn glatt und ließen ihn 1‒2 Wochen härten. „Dann hatten wir eine feste Schicht und eine gute Unterlage für den Lehm“, erklärt Plattner. In der Zwischenzeit fräste der Elektriker die Installationen ein und verlegte die Leitungen. Plattner verschloss sie wieder mit dem Kalkputz.

Wohngesunde Lehmputze

Auf den gehärteten Kalkgrund putzten Plattners Mitarbeiter eine 1,5 cm starke Lage Lehmputz UP2 der Firma Levita. Der Unterputz enthält Stroh als Zuschlag und kam trocken im Bigbag auf die Baustelle. Nach dem Hersteller ist er frei von Schadstoffen, dampfdiffusions- und sorptionsfähig sowie wärmepuffernd, so dass er ein angenehmes Raumklima erzeugt. Auf den noch nassen Putz legten sie, wie bei einer Wandheizung in Lehmputz (s. Mappe-Technik 1.2023) überlappend Glasfasergewebe, mit 8x8 mm Maschenweite, ein und arbeiteten es mit der Traufel noch etwas in die Tiefe.

Vor den rahmenlosen Glasscheiben setzten sie ein Kunststoffprofi l und putzten daran den Lehm an. „Die Rundungen waren schon eine Herausforderung“, erinnert sich Patrick Plattner. Alle anderen Kanten zogen sie freihand. Abschließend putzten sie den Universallehmputz UNI1,8 der gleichen Firma in zwei Lagen. Der Feinputz enthält Rohrkolbenfasern als Armierung. Plattner mischte zudem kurze Strohhäcksel ein, die nach dem Freiwischen golden glänzen. Seine Mitarbeiter glätteten die Oberfläche mit der Kelle bis zu einem leichten Glanz ab. Dann wischten sie das Stroh vorsichtig frei, ohne den Glanz des Glättens zu verwischen. In den Bädern verspachtelten sie einen Marmorinoputz und glätteten ihn mit der Kelle. Außenseitig komplettierten zwei Lagen Kalkputz auf dem Grundputz den diffusionsfähigen Wandaufbau.

Gutes Raumklima

Am Ende wurde in einem Pavillon ein Blowerdoortest durchgeführt, den dieses problemlos bestand. Damit sind wohngesunde Räume entstanden, die auch modernen Anforderungen genügen. Die Putze machen die Pavillons innen wie außen sehr atmosphärisch. Wie massive Findlinge liegen sie vor der Natursteinwand im Erschließungsgang und laden die Gäste ein, in eine hochmoderne, archaische Welt einzutreten. Das kommt gut an. „Die Pavillons werden bei den Feriengästen wahnsinnig gut angenommen“, freut sich Szilvia Rauter und fährt fort: „Auch wenn ich selbst in den Kokon reingehe, fühle ich mich behütet.“ „Und das Raumklima ist großartig, weil es Lehm und Kalkputz regulieren“, lobt Architektin Schwarz. Alles entspricht den Kriterien des italienischen Siegels „Klimahaus Nature“, das ein Gebäude auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Bewohner zertifiziert. Und so wurden die Pavillons auch für den „Klimahaus Awards 2020“ nominiert.

Info: Wohngesunder Wandaufbau mit Stroh, Kalk, Lehm

Au­fbau (von innen nach außen): Lehm 3 cm dreilagig mit Armierung, Kalk-Grundputz NHL5 2-3 cm, Kalk-Vorspritz NHL5, gepresste Strohballen 36 cm zwischen Holzständer (belegt mit Streifen von Holzfasermatten als Putzträger), Kalk-Vorspritz, Kalkputz NHL5 3 cm zweilagig mit Armierung.

Achim Pilz

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