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Solarstrom vom Lärmschutzwall

Baugenehmigung für 2-Megawatt-Solarpark an der B33

Der Bürgermeister von Allensbach, Stefan Friedrich, und Solarcomplex-Vorstand Bene Müller am Standort des geplanten Solarparks entlang des Lärmschutzwalls. Foto: Gemeinde Allensbach

Photovoltaikanlagen am Straßenrand können große Mengen Solarstrom erzeugen, ohne zusätzliche Flächen zu beanspruchen. Dieses Potenzial nutzen künftig die Gemeinden Allensbach und Reichenau im Landkreis Konstanz. Auf einem Lärmschutzwall an der Bundesstraße 33 entsteht bald ein interkommunaler Solarpark mit einer installierten Leistung von zwei Megawatt.

Die Baugenehmigung wurde am 27. September 2023 erteilt. Das Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner begleitete die Kommune rechtlich, wirtschaftlich und finanziell. Herausgekommen ist dabei eine Besonderheit bei der Solartstromvermarktung: In den ersten fünf Jahren nehmen die Stadtwerke Konstanz den Strom zu attraktiven Konditionen ab. Ein Vorzeigeprojekt am Straßenrand – auch für andere Kommunen.

Damit der Solarstromausbau in Deutschland keine Flächennutzungskonflikte auslöst, sollten Photovoltaikanlagen künftig in erster Linie auf bereits anderweitig verwendeten Flächen errichtet werden, fordern Experten. Hierfür bieten sich Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen an. Das Potenzial ist hoch: Das deutsche Straßennetz setzt sich zusammen aus 13.000 Kilometern Autobahnnetz, 37.000 Kilometern Bundesstraßen und 87.000 Kilometern Landes- und Staatsstraßen. Sie bedecken mit 18.000 Quadratkilometern rund fünf Prozent der Fläche Deutschlands.

Sinnvoll für die Solarstromerzeugung nutzen lässt sich nur ein Teil dieser Fläche. Trotzdem sind dort mindestens 72 Gigawatt Solarstromleistung möglich, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE berechnet. Das ist so viel, wie aktuell in ganz Deutschland errichtet ist und rund ein Achtel der erforderlichen Solarstromleistung hierzulande bis 2045. Die Photovoltaikmodule könnten unter anderem auf Lärmschutzwällen, Lärmschutzwänden, Seitenstreifen und Straßenüberdachungen Platz finden und dort die Energiewende vorantreiben.

Solarpark ist 1.000 Meter lang

Der Solarpark auf dem Lärmschutzwall bei Allensbach wird aus insgesamt 4.000 Solarmodulen bestehen und einen Kilometer lang sein. Die Zwei-Megawatt-Anlage erzeugt im Jahr voraussichtlich rund zwei Millionen Kilowattstunden Solarstrom. Mit dem Strom können rechnerisch rund 650 Drei-Personen-Haushalte versorgt werden. Von der vierspurigen Bundesstraße aus wird der Solarpark nicht zu sehen sein: Die Photovoltaikmodule befinden sich auf der südlichen, der B33 abgewandten Seite des Lärmschutzwalls – das ist ideal für die Solarstromerzeugung.

Gemeinsames Projekt auf der Gemarkung zweier Gemeinden

Da ein Teil der Anlage auf der Festlandgemarkung von Reichenau liegen wird, beschlossen die beiden Gemeinden, sich zusammenzuschließen und einen interkommunalen Solarpark zu errichten. Mit der Umsetzung beauftragt ist das Unternehmen Solarcomplex aus Singen, die Investition trägt die Gemeinde Allensbach.

Basis der Refinanzierung des Solarparks ist die über 20 Jahre laufende Vergütung durch das EEG. In den ersten fünf Jahren wählen die Kommunen jedoch einen anderen Weg: Sie verkaufen den Strom über einen Stromliefervertrag, englisch „Power-Purchase-Agreement“ (PPA), an die Stadtwerke Konstanz. Der beiderseitige Nutzen: „Die Stadtwerke erhalten mehr Solarstrom und können ihre Kunden mit günstiger, klimafreundlicher Elektrizität direkt aus der Region versorgen“, erklärt Julia Braun von Sterr-Kölln & Partner. „Die Solarparkeigentümer dagegen bekommen eine etwas höhere Vergütung als über die EEG-Ausschreibung und erhöhen so den Gewinn der Anlage.“ Nach dem Ablauf des Vertrages mit dem Stadtwerk fließen die Einnahmen über die EEG-Vergütung in die kommunale Kasse.

Ein Novum in Baden-Württemberg und Beispiel für andere Kommunen

Der Solarpark auf dem Lärmschutzwall und die noch seltene Vergütungsstruktur könnte künftig ein Beispiel für andere Kommunen sein. Die große Photovoltaikanlage, eine der größten Maßnahmen des Klimaplans der Gemeinde, sei das Ergebnis einer vorausschauenden Klimapolitik und lohne sich mehrfach, betont der Bürgermeister von Allensbach, Stefan Friedrich: „Der Solarpark ist in vielerlei Hinsicht ein Gewinn für unsere Gemeinde. Wir tragen zur CO2-Vermeidung und zum Klimaschutz bei und benötigen dafür nicht einmal zusätzliche Flächen. „Der Bau der Photovoltaikanlage“, so Friedrich weiter, „ist in dieser Konstellation in Baden-Württemberg bisher einmalig. Umso mehr freut es uns, dass durch die gute behördenübergreifende Zusammenarbeit so schnell eine Genehmigung ohne Bebauungsplan erteilt wurde und damit ein Novum geschaffen werden konnte.“ Es sei schön, in diesem Fall als gutes Beispiel voranzugehen und Vorbild sein zu können.

Bei dem Vorhaben beraten wurde die Gemeinde von Sterr-Kölln & Partner. Die Marktkenner unterstützten die Allensbacher Gemeindeverwaltung bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Solarparks. Auch die Teilnahme an der EEG-Ausschreibung übernahmen die Erneuerbare-Energien-Experten aus Freiburg. Die Erstellung des PPA-Vertrages mit dem Stadtwerk Konstanz gehörte ebenfalls zu der Dienstleistung des Beratungsunternehmens.

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