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Sanierung erfolgte im bewohnten Zustand

Das zu sanierende Mehrfamilienhaus umfasste 24 Wohnungen, davon zwölf Dreizimmer- und jeweils sechs Zwei- und Vierzimmerwohnungen. Die Sanierung sollte im bewohnten Zustand erfolgen, was auf Grund des nicht geringen Arbeitsaufwands ein engagiertes Vorhaben darstellte. Die gut geschnittenen Bestandsgrundrisse wurden weitestgehend belassen. Durch die Aufstockung im Dachgeschoss wird ein neuer Wohnungsmix im Quartier angestrebt.

Bei den ersten sechs Wohnungen des Pilotvorhabens wurden seitens des Bauherrn bewusst attraktive Loftwohnungen erstellt. Im Zuge des Rahmenplans für die Sanierung des gesamten Gebietes wurden darüber hinaus Entwicklungsanalysen zum Erreichen einer sinnvollen Mischung ausgeführt mit einem Schwerpunkt auf Wohnungen für Familien. Weiterhin soll den älteren Bewohner ein möglichst günstiges Umfeld geschaffen werden, damit sie in ihrem Gebiet verbleiben können. 

Das Energiekonzept geht von einer höchstmöglichen Energieeffizienz bei möglichst wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus. Im Bereich des Bestandes (EG bis 2. OG) wurden konsequent Passivhauskomponenten eingesetzt und die Berechnung der Energiekennwerte nach EnEV ausgeführt, um den Förderantrag im Rahmen des dena-Modells „Niedrigenergiehaus im Bestand“ erstellen zu können. Parallel wurde nach Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP) gerechnet, um die Besonderheiten der hohen Energieeffizienz präzise abbilden zu können.

Während der zwei Jahre nach Fertigstellung wurde ein Monitoring über den Energieverbrauch durchgeführt. Im ersten Jahr wurde ein Heizwärmeverbrauch von 21,9 kWh/(m²a) gemessen, im zweiten Jahr 24,3 kWh/(m²a). Im Mittel liegt der bisherige Verbrauch 10 Prozent unter den projektierten Werten. Im Dachgeschoss wurden die Passivhaus-Werte von 15 kWh/(m²a) eingehalten. Der Heizwärmeverbrauch für die Warmwasserbereitung liegt bei 20,6 kWh/(m²a) in der ersten Heizsaison und 20,0 kWh/(m²a) in der zweiten.

Für die Aufstockung lag der Schwerpunkt bei der Materialwahl gezielt auf dem Werkstoff mit der günstigsten Produktlinie in Form einer Holzrahmenbauweise. Der Werkstoff Holz dominiert für die Rohbaukonstruktion, bei Ausbauten bis hin zu Bodenbelägen. Zugleich wurde aber auch auf Oberflächenmaterialien mit möglichst geringem Wartungsaufwand und geringen Emissionen geachtet.

Das Ziel beim Erstellen des Energiekonzepts lag bewusst nicht im Einsatz von spektakulären Techniken, sondern in einem möglichst wirtschaftlichen und ökologisch hochwertigen Ansatz. Mit der Fernwärme ist eine Versorgung mit hohem regenerativen Anteil und einem extrem guten Primärenergiefaktor gegeben. Ein weiterer Einsatz von regenerativen Techniken im Gebäude würde diese Situation konterkarieren. Deshalb wurde konsequent auf eine gute Ausführung der Gebäudehülle gesetzt und der Heizwärmebedarf minimiert.

Der Bestand weist eine hohe architektonische, funktionale und städtebauliche Qualität in Verbindung mit einer extrem wirtschaftlichen Bauweise auf. Dieser Anspruch wurde auch auf die Planung übertragen. Die vorhandene Architektursprache sollte weitestgehend aufgenommen werden und zugleich eine zeitgerechte und wirtschaftliche Übersetzung für Gestaltung und die neuen Funktionen gefunden werden. Der bestehende Shedbereich im Dach wurde deshalb in der Grundidee übernommen und eine durchgängige Pultdachform in Verbindung mit dem gegenläufigen Vordach gewählt. Dadurch konnten im ehemaligen Dachbodenbereich kostengünstige Wohnungen mit statisch-konstruktiv einfachen Lösungen und hohem Wohnwert geschaffen werden. Auf Grund der hohen Qualität des Quartiers ist eine hohe Identifikation der Bewohner mit dem Gebiet gegeben. Ein großer Teil lebt seit den sechziger Jahren in ihren Wohnungen. Es geht also darum, für die Menschen im Gebiet den Wohnwert dauerhaft zu sichern. Um auch für die älteren Mieter attraktive Wohnungen zu behalten, stellt Barrierefreiheit einen wesentlichen Aspekt dar.

Die Heizkosten sind gesunken

Die Kaltmiete wurde im Mittel um etwa 1,60 Euro pro Quadratmeter erhöht. Die Gesamtbetrachtung inklusive Nebenkosten ergibt eine resultierende Erhöhung für die Mieter von etwa 0,80 Euro/qm. Die monatlichen Kosten für Heizung sanken von ca. 0,80 Euro/qm auf etwa 0,15 bis 0,20 Euro/qm nach der Sanierung. Die Wartungskosten konnten von 0,11 auf 0,08 Euro/qm reduziert werden, da die zentrale Lüftungsanlage mit sehr geringer Wartung auskommt und die Wartungskosten für den Bereich der Warmwasserbereitung deutlich gesenkt werden konnten.

Da das Wohnquartier im letzten Jahr durch einen direkten U-Bahn-Anschluss  nochmals aufgewertet wurde, fiel in Abstimmung zwischen Bauherrn und Stadtplanungsamt eine sehr deutliche Entscheidung zugunsten einer Nachverdichtung. Diese wurde wie beschrieben in Form des Dachgeschossausbaus durchgeführt. Im gesamten Gebiet sollen zusätzlich zu den bestehenden 1030 Wohnungen zirka 150 neue Wohneinheiten erstellt werden. Die ersten sechs Einheiten wurden bei dem Projekt Bernadottestraße 42 – 48 errichtet.

Daten und Fakten

  • Baujahr: 1961
  • Fertigstellung: 2006
  • Sanierungszeit: zirka 6-7 Monate
  • A/V: 0,54
  • U-Wert Fassade vorher: 1,37 W/m²K
  • U-Wert Fassade nachher: 0,16 W/m²K
  • U-Wert oberste Geschoßdecke vorher: 1,74 W/m²K
  • U-Wert oberste Geschoßdecke nachher: 0,13 W/m²K
  • U- Wert Fenster vorher: 2,7 W/m²K
  • U- Wert Fenster nachher: 0,86 W/m²K
  • Primärenergiebedarf: 11,6 kWh/(m²a). Der Heizwärmebedarf nach PHPP liegt  bei 26 kWh/(m²a) für die Bestandsgeschosse und bei 15 kWh/(m²a) für die Aufstockung.
  • Baukosten: gemäß Schlussabrechnung in Höhe von 532 € pro m² Wohnfläche (nach DIN 276 Kostengruppe 300/400 inkl. MWSt.) wurde das sehr Ziel von 600 Euro/qm deutlich unterschritten. Die Kosten für die Aufstockung mit Errichtung von sechs Wohnungen im Passivhausstandard belaufen sich auf 850 €/m². Änderungen, die sich aus Belangen der Denkmalpflege ergaben, führten zu Mehrkosten von 33 Euro pro qm Wohnfläche, die zur Summe des Bestands zu addieren sind. Die Mehrinvestitionen für die Passivhaustechnik und den Standard EnEV minus 50 Prozent sind in den genannten Kosten bereits enthalten.