Newsletteranmeldung:

Ausbaukorridor und Reduzierung sollen das Gesetz retten

Wissenschaftler warnen vor Aus für das EEG

Der Ausbau der Fotovoltaik gehe so schnell, dass er den Bestand des EEG gefährde. Davor warnen zehn Wissenschaftler in einem Appell an die Bundesregierung.

Zehn renommierte Wissenschaftler/innen unterschiedlicher Institute haben sich in einem Appell zur Rettung des EEG für eine dynamische Anpassung der Vergütungen für Fotovoltaik und eine Deckelung des Ausbaus der Fotovoltaik auf 3,5 Gigawatt pro Jahr ausgesprochen.

Georg Erdmann, TU Berlin, Manfred Fischedick, Wuppertal Institut, Christian von Hirschhausen, TU Berlin, Olav Hohmeyer, Universität Flensburg, Eberhard Jochem, ETH Zürich, Claudia Kemfert, DIW Berlin, Felix Matthes, Öko-Institut, Martin Pehnt, ifeu Heidelberg, Mario Ragwitz, Fraunhofer ISI, Karlsruhe und Jürgen Schmid, Fraunhofer IWES, Kassel betonen in dem Aufruf, dass sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für ein "besonders erfolgreiches Politikinstrument halten". Dessen Elemente des Einspeise-Vorrangs für Erneuerbare Energien in das Stromnetz, die 20-jährige Vergütung sowie die jährliche Degression der Tarife – ermöglichten eine schnelle Diffusion der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung.

Einspeisevergütung ab 2011
Anlage=<30kW30-100kW>100-1000kW
auf/an Gebäuden
oder einer Lärmschutzwand
28,74 ct/kWh27,34 ct/kWh25,87 ct/kWh
Eigenverbrauch anteilig
bis 30%
12,36 ct/kWh10,96 ct/kWh09,49 ct/kWh
Eigenverbrauch anteilig
über 30%
16,74 ct/kWh15,34 ct/kWh13,87 ct/kW

 

Insbesondere bei der Fotovoltaik sei durch technischen Fortschritt und Mengeneffekte eine Kostendegression sowie eine Akzeptanz bei Investoren erreicht worden, die so nicht vorausgesehen worden sei, so die Wissenschaftler. Strom aus Fotovoltaik-Anlagen werde heute zu Kosten produziert, die in vielen Regionen der Welt im Bereich der Netzparität lägen.

Das hat zu einer rasanten Marktentwicklung geführt, die selbst 2009 im Leitszenario Erneuerbare Energien noch unterschätzt wurde. Es geht von 23.000 Megawatt installierter Leistung für 2020 aus. Allein 2010 werden aber wohl mehr als 6.500 Megawatt installiert werden. "Ein zu schneller Zubau der Fotovoltaik zusammen mit den Mitnahmeeffekten birgt jetzt die Gefahr, dass die EEG-Umlage deutlich zu schnell steigt", warnen die Forscher.

"Die Umlage für Solarstrom kann auf rund 2 Cent je Kilowattstunde begrenzt werden - oder umgerechnet pro Person in einem Durchschnittshaushalt auf weniger als 2 Euro pro Monat", versprach dagegen der Bundesverband Solarwirtschaft noch im November. Die Umlage werde zwar durch einen erwarteten Zubau von 8 beziehungsweise 6 Gigawatt bei Solaranlagen in den Jahren 2010 und 2011 getrieben, ab 2012 sei aber ein Einschwingen auf einen Zubau von etwa 3 bis 5 Gigawatt pro Jahr zu erwarten.

Diese Zahlen zur Einspeisevergütung bezweifeln die Forscher und sprechen eher von 3,5 Cent pro Kilowattstunde schon 2011 und möglicherweise bis zu 4,5 Cent pro Kilowattstunde 2012. Damit bestehe die Gefahr, dass "das EEG und die Erneuerbaren Energien insgesamt an Akzeptanz verlieren und zur Disposition gestellt werden", warnen die Forscher.

Ihre Konsequenz: Sie sprechen sich für eine dynamische Anpassung der Einspeisevergütung sowie einen Ausbaukorridor von 3,5 Gigawatt bereits für 2011 aus. Um eine Beschränkung zu erreichen, sei eine Absenkung der Vergütungssätze zu Beginn des Jahres 2011 oder eine quartalsweise Senkung der Vergütungssätze um 3 bis 5 Prozent für den Fall, dass eine Überschreitung des Ausbaukorridors im Vorquartal stattgefunden hat, denkbar.

Die Forscher raten auch dazu, die Mitnahmeeffekte durch das Grünstromprivileg abzuschaffen. Danach sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen von einer Zahlung der EEG-Umlage an den Übertragungsnetzbetreiber befreit, wenn sie mindestens 50 Prozent Strom aus EEG-Anlagen an Letztverbraucher liefern. Das sollte Nischenanbieter schützen, führt aber in der Praxis dazu, dass die EEG-Umlage auf weniger Schultern verteilt wird. Größere Anlagen über 100 kW sollten Systemdienstleistungen zur Sicherung erbringen, so die Forscher.

Aktuell wird im Bundestag eine kleine EEG-Novelle zur Anpassung des EEG an die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien beraten. Die solle zur Anpassung genutzt werden, 2012 sei es für eine Novelle zu spät. Ihre Warnung ist dramatisch: "Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland steht an einem Scheideweg: entweder jetzt den Ausbau der Fotovoltaik entschleunigen und mit kontrollierter Diffusionsgeschwindigkeit fortschreiten – oder wegen mangelnder Akzeptanz in 2012/2013 möglicherweise vor einem Scherbenhaufen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und damit des verlässlichen Ausbaus der Erneuerbaren Energien insgesamt zu stehen."

Die Dynamik des Ausbaus 2010 hat auch Politiker wie Hans-Josef Fell, einem der Erfinder des EEG zum Nachdenken gebracht: "Aufgrund der sehr erfolgreichen Entwicklung der Fotovoltaik und der stark gefallenen Preise für Solaranlagen kann eine schnellere Anpassung der Vergütungshöhe folgen. Der Vorschlag der Wissenschaftler, entsprechende Gesetzesänderungen bereits im Rahmen des Europarechtsanpassungsgesetzes vorzunehmen, macht folglich Sinn."

Thomas Bareiß, Energieexperte der CDU, wird das freuen. Er will ohnehin schon zum 1. Januar 2011 eine erneute Kürzung der Einspeisevergütung. Je nachdem, wie stark sich der Ausbau im Frühjahr fortsetzt, müsse man die Vergütung Mitte 2011 zusätzlich kürzen. Er schlägt sogar eine Begrenzung des Zubaus auf 3 Gigawatt vor.

von unserer Redakteurin 117Pia Grund-Ludwig

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.