In den vergangenen Jahren kam es durch Bodensetzungen oder -hebungen nach Erdwärmebohrungen in Baden-Württemberg zu Schäden an Gebäuden. Tatsächlich liege die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schadensfall eintritt, in Baden-Württemberg bei weniger als 0,002 Prozent pro Jahr, haben Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nun in einer Studie herausgefunden.
Dieser Berechnung liegen Erdwärmesondenbohrungen zugrunde, die noch nicht nach heute gültigen Qualitätsanforderungen erstellt wurden."Im Vergleich dazu liegt die Wahrscheinlichkeit, an den Folgen der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke zu sterben, in Deutschland bei 0,003 Prozent pro Jahr, die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland bei einem Verkehrsunfall tödlich zu verunglücken liegt sogar bei 0,007 Prozent pro Jahr", sagt Manuel Grimm, Forscher am Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT und Hauptautor der Studie. Schwierigkeiten gab es in der Vergangenheit nicht nur durch die Schäden selbst, sondern vor allem auch deshalb, weil die Frage nach den Verursachern oft schwierig und langwierig zu klären war. Die Regulierung der Schäden hat deshalb lange gedauert.
Mehr als 30.000 Erdwärmesonden für die oberflächennahe Geothermie wurden in Baden-Württemberg bis Ende 2013 installiert. Die KIT-Wissenschaftler haben neun Schadensfälle durch Erdwärmebohrungen in Baden-Württemberg qualitativ und quantitativ untersucht, darunter auch die Ereignisse in Staufen im Breisgau, Rudersberg, Schorndorf und Leonberg. Für die Untersuchung zogen die Karlsruher Forscher Daten des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Daten von Landratsämtern, Gutachten und Veröffentlichungen heran. In 90 Prozent der untersuchten Fälle sind Grundwasserleiter durch auf- oder absteigende Wässer miteinander verbunden worden. Die Ursache lag dabei in einer unvollständigen, undichten Hinterfüllung der Erdwärmesonden. Die Hinterfüllung des Hohlraums zwischen Bohrlochwand und Rohren ist ein wichtiger Beitrag für den Grundwasserschutz.
In fast 70 Prozent der Fälle lag die Schadensursache außerdem darin, dass die Bohrung eine hydraulische Verbindung zwischen den Gesteinseinheiten Keuper und Muschelkalk geschaffen hatte. "Eine erste Einschätzung hat ergeben, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Schadenfalls mit dem Erreichen der Grenze zwischen Keuper und dem darunter liegenden Muschelkalk um das 40-Fache erhöht", berichtet Professor Philipp Blum vom AGW des KIT. In solchen Fällen kann sich bei Wasserzutritt eventuell anstehender Anhydrit in Gips umwandeln. Dabei nimmt das Gestein erheblich an Volumen zu, was zu Geländehebungen und zu Rissen in Gebäuden wie in Staufen oder Böblingen führen kann.
Dass aber auch geologisch sehr heterogene Fälle grundsätzlich beherrschbar sind, zeigen rund 820 Erdwärmesondenanlagen in Baden-Württemberg, welche die Grenze zwischen Keuper und Muschelkalk erreicht haben.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung geben die in Baden-Württemberg 2011 veröffentlichten "Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonde" (LQS EWS) vor. Sie betreffen unter anderem die Hinterfüllung oder das Vorgehen bei unter Druck stehenden Grundwasserleitern. Anpassungen des Sondendesigns, beispielsweise Koaxialsonden, können zusätzlich helfen, Fehlstellungen beim Einbringen der Hinterfüllung zu vermeiden.
Bei allen bisher bekannten Schadensfällen wurden die Sonden noch vor Erscheinen der LQS EWS installiert. Diese Analyse erlaubt es, zielgerichtet Kriterien zur Qualitätssicherung aufzustellen. "Es ist wichtig, eine für die Durchsetzung der Energiewende bedeutende Technologie weiterzuentwickeln und dabei eine umfassende Betrachtung mit Hinterfüllung und Monitoring vorzunehmen", erklärt Professor Thomas Kohl vom AGW.
So beziehen sich laufende und geplante Arbeiten am KIT, die mit Unterstützung des Umweltministeriums in Stuttgart vorgenommen werden, auf die Anlagenkontrolle und Behebung möglicher Schäden im Untergrund. "Es besteht ein Bedarf an weiteren Forschungsprojekten zur Qualitätssicherung, um Schäden künftig noch wirksamer zu verhindern", berichtet Professorin Ingrid Stober, ebenfalls vom AGW. "Zusätzliche Maßnahmen wie eine regionale Tiefenbeschränkung der Bohrungen würde das Risikio ebenfalls minimieren, würden letztlich jedoch zu einer geringeren Effizienz führen, da dann mehrere kürzere Sonden installiert werden müssen", ergänzt Professor Philipp Blum. Quelle: KIT / pgl