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Baubeginn für den Solar Decathlon

Studenten bauen Solarhaus aus nachhaltigen Materialien

Plusenergiehaus aus nachhaltigen Materialien im Architekturwettbewerb. © TUM

Solar Decathlon: Studierende der TU München und der University of Texas bauen ein Plusenergiehaus, das fast vollständig aus nachhaltigen Materialien besteht.

Ein Haus, dass mehr Strom erzeugt, als seine Bewohner verbrauchen – für solche Plusenergiehäuser gibt es schon viele Beispiele. Studierende der Technischen Universität München (TUM) und der University of Texas at Austin (UTA) gehen jetzt einen Schritt weiter: Sie entwerfen und bauen ein Plusenergiehaus, das fast vollständig aus nachhaltigen Materialien besteht und Wasser effizient aufbereitet. Mit dem "NexusHaus" treten sie als einziges Team mit deutscher Beteiligung im renommierten US-Wettbewerb Solar Decathlon 2015 an. Nun finden in Austin erste Bauarbeiten und Tests an dem Haus statt. 2007 und 2009 kamen die Sieger des Solar Decathlon aus Deutschland.

So wie Austin entwickeln sich viele Städte im Süden der USA: Die Bevölkerung wächst rapide. Bezahlbarer Wohnraum ist entsprechend knapp, insbesondere für Singles, Familien oder Wenigverdiener. Eine Möglichkeit, die Zahl günstiger Wohnungen zu erhöhen, ist die Nachverdichtung: die Errichtung von Häusern auf bereits bebauten Grundstücken. Solche "Accessory Dwelling Units" sind allerdings auf die bereits vorhandene Infrastruktur angewiesen und stellen die ohnehin prekäre Strom- und Wasserversorgung vieler amerikanischer Städte auf eine Belastungsprobe.

Studierende der TUM und der UTA entwickeln nun ein Haus, das kostengünstig ist und dabei zentrale Kriterien der Kreislaufwirtschaft ("cradle-to-cradle") erfüllt: Es deckt den Strom- und Wasserbedarf der Bewohner weitgehend selbst ab und besteht zum Großteil aus nachwachsenden beziehungsweise wiederverwendbaren Materialien. Mit dem "NexusHaus" startet das deutsch-amerikanische Team beim renommierten US-Wettbewerb Solar Decathlon 2015.

Das "NexusHaus" ist als eingeschossiger Pavillon konzipiert: Wohn- und Schlafbereich sind eigenständige Einheiten und modular nebeneinander angeordnet. Verbunden werden sie durch den "Nexus" – ein zusätzlicher Raum, der je nach Bedarf als Wintergarten, überdachte Terrasse oder vergrößertes Wohnzimmer dient. Er sorgt zudem für angenehme Temperaturen: im Sommer als Teil des Lüftungssystems, im Winter als Puffer zwischen kalter Außen- und wärmerer Innenluft.

Das Wort "Nexus" im Konzept der Studierenden steht aber nicht nur für den Verbindungs­raum zwischen Wohn- und Schlafmodul. Es bezeichnet auch die Einbindung von Energie- und Wasserversorgung in das Wohnumfeld: Über Fotovoltaikmodule auf dem Flachdach gewinnt das "NexusHaus" so viel Strom, wie seine Bewohner für Beleuchtung, Haushaltsgeräte und ein Elektrofahrzeug benötigen. Für die Klimatisierung wird ebenfalls Solarstrom verwendet. Damit wird in Kombination mit einer Kältemaschine beziehungsweise Wärmepumpe der Wasserkreislauf gekühlt beziehungsweise erwärmt. Ein integriertes thermisches Speichersystem verschiebt die Kühlung aus den Spitzenzeiten in die Nachtstunden mit weniger Bedarf.

Auch den Wasserbedarf der Bewohner soll das "NexusHaus" weitgehend selbst decken: Dafür wird Regenwasser in großen Speichertanks gesammelt und mithilfe eines Filtersystems auf Trinkwasserqualität aufbereitet. Die Studierenden untersuchen zudem neue Konzepte für "urban farming", die Nahrungsmittelproduktion in der Stadt. Für die Bewässerung des Gartens wird das Wasser aus Waschmaschine, Waschbecken und Dusche genutzt. Zudem wird in einem System das Kondensatwasser der Klimageräte aufbereitet: Das Wasser dient dabei zur Bewässerung von Nutzpflanzen. Speisefische liefern durch ihre Fäkalien die Nährstoffe für das angebaute Obst und Gemüse. Die Pflanzen filtern wiederum das Wasser und erhalten so den Lebensraum der Fische. Der Wasserbedarf aus dem öffentlichen Netz wird so deutlich reduziert. Damit werden die Bewohner unabhängiger von Preisschwankungen. Auch das Grundwasser wird geschont – ein wichtiger Aspekt in einer Klimaregion, in der seit fünf Jahren die schwerste Dürre der vergangenen Jahrzehnte herrscht.

Bei der Wahl der Materialien geht das Team aus München und Austin ebenfalls neue Wege: Es kommen größtenteils schadstofffreie Komponenten zum Einsatz, die vorwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen oder nach Möglichkeit sortenrein in ihre Einzelbausteine zerlegt werden können, um das Recycling zu erleichtern. Die Fassade besteht nahezu vollständig aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz, im Bad kommen cradle-to-cradle-zertifizierte Keramikfliesen zum Einsatz. Über QR-Codes, die außen am Gebäude angebracht werden, können die Besucher und Bewohner des "NexusHauses" Informationen zur Herkunft und Wiederverwendbarkeit der verbauten Materialien abrufen.

Seit Anfang März führen die Nachwuchsarchitekten in Austin erste Bauarbeiten am "NexusHaus" durch. Bis zum Sommer errichten sie die Wohn- und Schlafmodule und testen die Energie- und Wasserversorgung. Anschließend wird das Haus nach Irvine, Kalifornien, transportiert. Dort findet ab dem 8. Oktober 2015 das Solar Decathlon-Finale statt. Eine Jury bewertet unter anderem die Architektur, Marktattraktivität und Technik der Wettbewerbshäuser.

Die Uni-Teams treten aber auch in ungewöhnlicheren Disziplinen an: Sie müssen innerhalb einer Woche beispielsweise acht Ladungen Wäsche waschen und trocknen, zwei Dinner-Partys und einen Filmabend für die Nachbarn organisieren. "Auch in einem energie- und materialsparenden Haus ist die Lebensqualität der Bewohner hoch", sagt Profesor Werner Lang von der Technischen Universität München. Das "NexusHaus" ist dafür unter anderem mit moderner Haustechnik ausgestattet, die über ein von den Studierenden entwickeltes Home-Management-System gesteuert werden soll. Dem Konzept kommt im Wettbewerb zudem seine Kosteneffizienz zugute: "Das 'NexusHaus' soll nicht nur eine ausgeglichene ökologische Bilanz aufweisen, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gemeinschaft vor Ort leisten", sagt Professor Petra Liedl, die das Uni-Team von Seiten der UT Austin unterstützt. "Wir können die Zahl der Wohnmodule beliebig erweitern oder verringern – und so Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund ein komfortables Wohnumfeld bieten." Quelle: TUM / pgl

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