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Strategien zur Stagnationsvermeidung sind überflüssig

Stillstand ist für Solarthermie-Anlagen kein Problem

Solarthermie-Anlagen müssen regelmäßig gewartet werden. Bild: BSW

Jedes Jahr zur Sommerzeit werden Strategien diskutiert, um den Stillstand von Solarthermie-Anlagen, die sogenannte Stagnation, zu vermeiden.

Vor allem Solarthermie-Anlagen, die nicht nur der Trinkwassererwärmung dienen, sondern auch die Heizung unterstützen, gehen im Sommer häufig in den Stillstand, weil das Angebot an Solarwärme den Bedarf übersteigt. Unter diesen Bedingungen steigen die Kollektortemperaturen rasch auf sehr hohe Werte an. Doch damit können richtig ausgelegte Solaranlagen umgehen, betonen Experten.

Jedes Jahr, wenn über einen längeren Zeitraum die Sonne scheint, beginnt die Diskussion aufs Neue, wie der im Fachjargon Stagnation genannte Stillstand des Solarkreislaufes und die damit verbundenen hohen Temperaturen in den Kollektoren vermieden werden können. Denn diese stellen für die Anlagenkomponenten eine extreme Belastung dar. Die Vorschläge reichen von der Empfehlung, die Solarkreispumpe nachts einzuschalten, damit die Kollektorflüssigkeit gekühlt und der Speicher entleert wird, bis zur Verschattung der Kollektoren. Experten schütteln die Köpfe. Derartige Stagnationsvermeidungsstrategien seien "absolut überflüssig".

"Die Stagnation ist ein geplanter Betriebszustand jeder Anlage", sagt Gunter Rockendorf vom Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH). Erreichen die Kollektortemperaturen einen bestimmten Wert – meist zwischen 120 und 130 Grad Celsius – wird die Kollektornotabschaltung aktiviert und die Solarkreispumpe abgeschaltet. Zu diesem Zeitpunkt ist die Kollektorflüssigkeit noch flüssig, bei etwa 140 bis 150 Grad beginnt sie zu verdampfen. Der entstehende Dampf drückt das Fluid in das Ausdehnungsgefäß, das natürlich groß genug geplant sein muss. Auf diese Weise verdampft jeweils nur ein sehr kleiner Teil der Kollektorflüssigkeit. Bei sinkender Sonneneinstrahlung fällt die Temperatur wieder, der Dampf kondensiert und die im Ausdehnungsgefäß zwischengelagerte Flüssigkeit wird wieder über den Rücklauf in die Kollektoren gefüllt. Die Anlage setzt sich wieder in Betrieb.

Unbestritten ist, dass dieser Prozess die Kollektorflüssigkeit belastet. So leiden beim Wasser-Glycol-Gemisch die Frostschutzfunktion und der Korrosionsschutz. Da aber immer nur ein sehr geringer Teil der Flüssigkeit verdampft, beträgt die Lebensdauer der Kollektorflüssigkeit Experten zufolge trotzdem acht bis zehn Jahre. Laut Rockendorf kann eine häufige Stagnation bei hohen Temperaturen aber auch dazu führen, dass die Kolektorflüssigkeit beginnt, sich zu zersetzen. "Daher sollte die Kollektorflüssigkeit im Rahmen der Wartung regelmäßig kontrolliert werden. Einmal im Jahr wäre gut, mindestens aber alle zwei Jahre", empfiehlt Rockendorf.

In der Praxis werden allerdings die wenigsten Anlagen regelmäßig durch einen Wartungsinstallateur betreut. "Viele Handwerker bieten diese Wartung gar nicht an", so der Fachmann vom ISFH, der sich im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte eingehend mit dem Thema Stagnation beschäftigt hat. Die Überprüfung der Kollektorflüssigkeit sollte aber durch einen Fachmann erfolgen, denn neben der Kontrolle von Färbung und Geruch ist vor allem die Messung des PH-Wertes wichtig. "Die Alterung geht mit einem sinkenden PH-Wert einher", erläutert Rockendorf.

Besonders anfällig für häufige Stagnation sind Anlagen mit einer großen Kollektorfläche und kurzen Rohrleitungen zur Anlagentechnik samt Warmwasserspeicher. Das trifft zum Beispiel zu, wenn der Technikraum unter dem Dach untergebracht ist. "Entscheidend ist das Verhältnis von Kollektorfläche und Leitungslänge", sagt Rockendorf. Zudem sind Solarthermie-Anlagen mit Vakuumröhrenkollektoren anfälliger als solche mit Flachkollektoren, weil die Temperaturen hier noch höher steigen können.

Das ISFH hat bereits 2004 insbesondere die Dampfreichweiten in verschiedenen Solarthermie-Anlagen untersucht. Denn die Ausbreitung von Dampf geht mit einer entsprechend hohen Temperaturbelastung im Solarkreis einher. Die Reichweite des vom Kollektorfeld produzierten Dampfes hängt unter anderem vom Entleerungsverhalten der Kollektoren ab. Hierbei zeigt sich den ISFH-Forschern zufolge, "dass das Vorhandensein von so genannten Flüssigkeitssäcken zu hohen Dampfreichweiten und lang andauernden Verdampfungsvorgängen führt". Werden Flüssigkeitssäcke vermieden, kommt es in einer frühen Phase der Stagnation zum Ausdrücken großer Flüssigkeitsmengen durch den entstehenden Dampf und somit zu einer raschen Abnahme der Dampfproduktionsleistung des Kollektors.  

Kollektoren mit Harfenverrohrung, also vertikal nebeneinander angeordneten Rohren, produzieren viel mehr Dampf als solche mit einer Mäanderverrohrung. Denn bei der Mäanderverrohrung sind die  Rohre in Form einer Schlange angeordnet, so dass durch eine beginnende Verdampfung in einem Zug das gesamte Kollektorfeld entleert wird. Wird also eine Anlage mit Kollektoren mit Harfenverrohrung und kurzer Rohrleitung zum Ausdehnungsgefäß geplant, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Anlage eigensicher zu machen. "Mögliche Lösungen wären hier ein Vorschaltgefäß vor dem Ausdehnungsgefäß oder ein Stagnationskühler, also ein Wärmetauscher, der die verdampfende Kollektorflüssigkeit abkühlt", sagt ein Fachmann.

Bei einer Solarthermie-Anlage für ein Ein- bis Zweifamilienhaus dürfte das jedoch in der Regel nicht nötig sein. Hier wird Anlagenbetreibern oft empfohlen, über Nacht die Solarkreispumpe wieder einzuschalten, um die Kollektorflüssigkeit zu kühlen und den Warmwasserspeicher zu entleeren. Davon halten viele Experten nichts. Grund: "Wenn dann am nächsten Tag die Sonne nicht mehr scheint, müssen Sie zum Duschen die Heizung anschalten. Das kann es nicht sein." Rockendorf sieht das ähnlich.

Alles in allem seien Stagnationsvermeidungsstrategien überflüssig, wenn die Anlage von einem Fachmann eigensicher konstruiert und ausgelegt wurde. Der Auslausch der Kollektorflüssigkeit wird Experten zufolge über die Gesamtlebensdauer einer Solarthermie-Anlage in der Regel maximal zweimal nötig und kostet dann jeweils etwa 300 Euro. "Da lohnt sich eine Veschattung schlicht nicht", . bestätigt ISFH-Mann Rockendorf. "Verschattungssysteme machen die Solarthermie unwirtschaftlich", sagt er. sth

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