Harald Drück Leiter des Forschungs- und Testzentrums für Solaranlagen (TZS) am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart, hat im Forschungsprojekt Heizsolar Sonnenhäuser messtechnisch begleitet. Die Konzepte funktionieren, aber es gebe noch Optimierungsbedarf, hat er im ersten Teil eines Gesprächs mit EnbauSa.de-Mitarbeiter Alexander Morhart erklärt. Im zweiten Teil des Interviews geht es um die Frage, warum sich die Konzepte der Sonnehäuser bislang nicht in der Breite durchgesetzt haben.
EnBauSa.de: Herr Drück, warum können sich Sonnenhäuser im Wettbewerb mit anderen Heizkonzepten bisher so selten durchsetzen?
Drück: Ein Hauptproblem ist, dass das Konzept bei vielen gar nicht bekannt ist. Die Tatsache, dass man mit einer Solaranlage und einem großen Speicher prinzipiell 100 Prozent seines Wärmebedarfs decken kann, ist in der breiten Masse der Bevölkerung noch nicht angekommen. Schon das Thema Solarwärme nicht: Wenn man mit Leuten redet und etwas von Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung und Raumheizung erzählt, dann meinen die meisten, man redet von Solarstrom. Ein anderes Thema ist die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Konzepte. Wie bestimme ich überhaupt einen solaren Deckungsanteil von Anlagen, bei denen der Speicher in das Gebäude integriert ist, wenn dessen Wärmeverluste maßgeblich zur Reduktion des Heizwärmebedarfs beitragen? Das ist gar nicht so einfach. Da haben wir in diesem Forschungsvorhaben Basisarbeit geleistet.
Gibt es nicht auch einfach Defizite beim Vermarkten? Ist es zum Beispiel eine gute Idee, mit "Sonnenhaus" und "Solaraktivhaus" zwei Bezeichnungen für das gleiche Produkt zu benutzen, die dann auch noch uneinheitlich verwendet werden? Da ist die Verwirrung doch schon vorprogrammiert.
Das ist in der Tat ein bisschen unglücklich. Hintergrund ist, dass der Begriff "Sonnenhaus" vom Sonnenhaus-Institut etabliert wurde. Wir von der wissenschaftlichen Seite haben uns parallel bewusst für "Solaraktivhaus" entschieden, um uns vom "Passivhaus" abzugrenzen. Hinzu kommt jetzt, dass wir bei den Solaraktivhaus-Konzepten bisher nur über die Wärmeversorgung geredet haben. Strom und Wärme als Energieformen wachsen aber zusammen. Letztendlich geht es nicht um eine Strom- oder Wärmeversorgung, sondern um die Energieversorgung. Es ist die Frage, wie man das in der Begrifflichkeit am Besten darstellt.
Dann droht also noch ein dritter Begriff?
Das sollte man vermeiden. Was ich mir vorstellen könnte: dass man "Solaraktivhaus" auf den Wärmebereich begrenzt und "Sonnenhaus" für die gesamte solare Energieversorgung nimmt. Aber das muss man klären, da ist noch ein Fragezeichen dahinter.
Effizienzhaus geht eher in Richtung Strom
Das Programm "Effizienzhaus Plus" des Bauministeriums geht eher in Richtung "Stromhaus": viel Photovoltaik, Wärmepumpe, Solarakku, kleiner thermischer Pufferspeicher. Das Haus in der Fasanenstraße hier in Berlin hat überhaupt keine Sonnenkollektoren; das "M1"-Projekt in Brandenburg, das demnächst vorgestellt wird, nur neun Quadratmeter. Und Solarakkus werden ständig billiger. Kämpfen die Verfechter des Solaraktivhauses auf verlorenem Posten?
Ich denke nicht. Was vom Berliner Effizienzhaus Plus an manchen Wintertagen an Strom konsumiert wird, ist gigantisch. Dieser Strom kommt nicht aus der PV-Anlage, sondern aus dem Netz, also größtenteils aus konventionellen Kraftwerken. In großem Maßstab eingesetzt, bringt so etwas unsere Energiewende nicht voran. Wir müssen in die saisonale Speicherung von Energie bei hohem Autarkiegrad des Gebäudes hineingehen. Die saisonale Speicherung von thermischer Energie ist schon aufwendig und relativ kostenintensiv, aber grundsätzlich möglich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine saisonale Speicherung von Strom jemals auch nur zu halbwegs praktikablen Kosten möglich sein wird.
Sie argumentieren jetzt volkswirtschaftlich...
Genau. Wenn ich mit Photovoltaik und einem Stromspeicher meinen Eigenverbrauch in den Sommermonaten zum großen Teil abdecke und mich im Winter auf das Netz verlasse, kann ich meine Stromrechnung reduzieren. Aber die Kraftwerkskapazität und die Versorgungsinfrastruktur müssen das ganze Jahr über vorgehalten werden, obwohl sie in diesem Umfang nur eine relativ kurze Zeit in den Wintermonaten benötigt werden. Das ist für die Volkswirtschaft nicht effizient. Deshalb ist es wichtig, dass die Politik da steuernd eingreift und gezielt Technologien fördert, die die Netzinfrastruktur möglichst wenig belasten. Dazu gehören für mich die Solaraktivhaus-Konzepte: Die haben einen großen Speicher, mit dem sie einen ganz großen Teil des Wärmebedarfs abdecken. Wenn doch noch Zusatzwärme benötigt wird, kommt die meistens von einem Biomassekessel, der keine Netzinfrastruktur benötigt.
Im "Heizsolar"-Projekt wurden ausschließlich Häuser mit integrierter Solaranlage energetisch vermessen, keine nachgerüsteten Bestandsgebäude. Auch das Referenzgebäude für die Simulationen hat zum Beispiel ein asymmetrisches Dach, das bei Altbauten praktisch nie vorkommt. Gibt es dennoch einen Erkenntnisgewinn für die Sanierung des Bestands?
Der Fokus lag auf neuen Gebäuden, aber man kann eine Reihe von Erkenntnissen auf Bestandsgebäude übertragen. Wenn man diese grundlegend saniert, geht es teilweise so weit, dass man das Dach abnimmt, um den Speicher von oben her hineinzusetzen. Dann kann man die Dachform neu gestalten. Wir werden zusätzlich noch ein paar Simulationsrechnungen und Kostenanalysen für Bestandsgebäude durchführen.
Im "Heizsolar"-Projekt wurde schon die seit 1. April höhere MAP-Förderung berücksichtigt. Wie wirkt sich die aus?
Es hat teilweise gar keinen Einfluss mehr darauf, ob ich die Anlage auf 60, 70 oder 80 Prozent solare Deckung auslege. Denn die Mehrkosten für die zusätzliche Kollektorfläche werden mitunter dadurch nivelliert, dass der Zuschuss jetzt bis zu 300 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche betragen kann. Wir haben daher jetzt nicht nur die geeignete Technik zur Realisierung von effizienten Solaraktivhäusern sondern auch eine exzellente Förderung!