Der Gedanke, die Wärme der Sonne zum Heizen zu nutzen, liegt nahe. Damit zu kühlen erscheint widersinnig. Auf den zweiten Blick hat der Gedanke Charme: Thermische Energie lässt sich auch im Sommer nutzen, wenn der Heizbedarf gering ist. Solare Kühlung steht aber erst in den Startlöchern, es gibt noch nicht viele Geräte, und die sind relativ teuer. Kleinere Unternehmen und Forschungsinstitute arbeiten daran, das zu ändern.
"Es gibt Großserien-Produkte, die verfügbar sind, aber nur in sehr hohen Leistungsbereichen. Bedarf bei Forschung und Entwicklung besteht bei Anlagen zwischen 10 und 30 Kilowatt, da gibt es bislang nur wenige Anbieter mit bislang geringen Stückzahlen. Schüco bietet aktuell ein Paket für 15 kW und 30 kW Kälteleistung an", beschreibt Frank Thole, Entwicklungsleiter Solarthermie bei Schüco den Markt.
Diese Leistung ist für Ein- und Zweifamilienhäuser noch zu groß. "Der Bedarf eines Einfamilienhauses liegt bei einer Kälteleistung zwischen zwei und drei Kilowatt", erklärt Thomas Brendel vom Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik in Stuttgart. Sein Institut entwickelt derzeit gemeinsam mit Schüco eine Ammoniak-Absorptionskältemaschine mit einem Eisspeicher. "Wir gehen damit in den Feldtest und werden acht Anlagen errichten", so Brendel. In den nächsten zwei Jahren, vielleicht sogar schon früher soll es marktreife Produkte geben.
Noch habe man ein Problem mit den Kosten. Wirtschaftlich seien die Geräte aber bereits da, wo die Kosten zur Stromerzeugung hoch sind. Insgesamt gehe es aber darum, Geräte zu entwickeln, die weniger Strom zur Kühlung brauchen als bislang gängige strombetriebene Kühlaggregate. Das müsse dann nicht unbedingt den unteren Leistungsbereich abdecken, meint Thole: "Einen Massenmarkt für solare Kühlung im Ein- und Zweifamilienhausbereich sehe ich derzeit nicht. Das lässt sich nur für ein Klientel mit großem Kühlbedarf mit mehreren tausend Stunden pro Jahr wirtschaftlich darstellen."
Marktfähige Produkte zur solaren Kühlung ab einer Leistung von 5 Kilowatt hat Sortech, ein Start-up aus Halle im Programm und nach eigenen Angaben in zweistelliger Stückzahl verkauft. 5 Kilowatt sind in etwa der doppelte Bedarf eines Einfamilienhauses. Das Unternehmen bietet Adsorptionskältemaschinen an und nutzt dabei Wasser als Kältemittel sowie die Fähigkeit bestimmter Stoffe, Wasserdampf zu speichern. Als Dampfspeicher dienen Metalloberflächen, die mit Silikagelen beschichtet sind. Werden diese Wasser anziehenden Stoffe durch Wärmezufuhr getrocknet, verdampft Wasser und es wird Kälte erzeugt.
In einem Praxistest zur solaren Kühlung will das Fraunhofer ISE gemeinsam mit der Sortech und der Solvis als Lieferanten der Kollektoren zehn Anlagen mit einer Leistung zwischen 5 und 30 Kilowatt messtechnisch begleiten, um sie zu optimieren. Kunden, die teilnehmen wollen, erhalten die Anlagen mit einem Preisnachlass von 20 Prozent. Das ISE sei an dieser Stelle nicht neutral, da dessen Solarthermie-Chef Hans-Martin Henning Teilhaber von Sortech sei, moniert Uwe Eckstein vom Sortech-Konkurrenten Invensor. Das sei natürlich schlecht für sein eigenes Unternehmen: "Es behindert uns nicht nur im Wettbewerb um die Kunden, sondern versperrt uns auch die Teilnahme an interessanten Forschungsprojekten mit einem der führenden Institute im Bereich solarer Kühlung."
Henning kann die Kritik nicht nachvollziehen. Er sei an Sortech mit 3 Prozent beteiligt, habe aber deshalb kein schales Gefühl bei deren Beteiligung am Forschungsprojekt. Es stünde schließlich jedem Unternehmen frei, die Idee für Forschungsprojekte zu entwickeln.
Invensor-Mitgründer Eckstein will auch selbst eher die Innovationen als den Streit innerhalb des sich erst entwickelnden Marktes für solare Kühlung in den Mittelpunkt stellen. Sein Unternehmen hat 2008 kommerzielle Adsorptions-Kälteanlagen auf den Markt gebracht und 2009 die ersten Anlagen im Bereich solarer Kühlung in Betrieb genommen. Invensor arbeitet mit einem Prozess unter Vakuum und verwendet Zeolithe zur Dampfspeicherung. Zeolithe sind sehr porös und können viel Dampf aufnehmen. Der Prozess sei im Prinzip sehr einfach, was große Potenziale bei der Kostenreduktion biete, sagt Eckstein. Als zentralen Vorteil sieht er, dass seine Maschinen schon die relativ geringe Temperatur von 66 Grad nutzen können, um Kälte zu erzeugen. Das macht die Nutzung von Solarthermie einfacher.
Mit einem anderen Ansatz arbeitet die Hamburger Firma Thermodyna: Ihre Maschinen erzeugen Strom und Kälte. Ein Motor, eine so genannte Schukey-Maschine wandelt Wärme in mechanische Energie um. Sie treibt einen Generator und eine zweite Schukey-Maschine an, die als Kältemaschine arbeitet. Die Hamburger versprechen vor allem eine Kostenreduktion auf rund 5 Cent pro Kilowattstunde Kälte. Das wäre deutlich weniger als bisher. Möglich ist dies vor allem durch die Koppelung von Strom- und Kälteproduktion. Dadurch lässt sich die Auslastung erhöhen.
Einsatzfelder sieht Thermodyna-Entwickler Volker Bergholter auch da, wo Ein- oder Zweifamilienhäuser große Solaranlagen haben. Bei einer Kollektorfläche von 40 Quadratmetern könne eine Leistung von 2,5 bis 5 Kilowatt elektrischer Leistung abgegeben werden. Das decke 77 Prozent des Wärmebedarfs ab. Der Rest werde über die Schukey-Anlage per Stromheizung abgedeckt. Dann benötige man kein zweites Heizsystem.
Insgesamt könnte der Betrieb von Kühlanlagen mit umweltfreundlichem Strom aus Fotovoltaik aber enormen Wettbewerb für die Kühlung mit Solarthermie bedeuten. "Strom aus Fotovoltaik und die Kombination mit gängigen Kühlgeräten ist eine große Konkurrenz durch die Förderung für Solarstrom. Eigentlich sollte man aber bei einem ganzheitlichen Ansatz veredelten Strom für andere Anwendungen nutzen", mahnt Thole. Die Kühlung mit Solarstrom vom Dach ist aber nicht die einzige Alternative. Auch Wärmepumpen lassen sich im Sommer zur Kühlung nutzen. Insgesamt, so Marktforscher, werde der Bedarf für Kühlung auch in nördlicheren Gefilden deutlich wachsen, so dass unterschiedliche Technologien ihren Platz finden können. pgl