Berlin. Solarthermie kann nach wie vor ihr Marktpotential nicht nutzen. Im vergangenen Jahr ging die Zahl der neu installierten Anlagen in Deutschland um 26 Prozent zurück. Hersteller und Forscher stehen vor der Aufgabe, die Komplexität der Anlagen zu reduzieren. Die nächsten Schritte dazu standen im Zentrum der zweiten Tagung der Deutschen Solarthermie-Technologieplattform (DSTTP) in Berlin.
Immerhin 200.000 Haushalte werden mittlerweile in Deutschland mit solarer Wärme versorgt. Doch nach wie vor ist der Absatz starken Schwankungen unterworfen. Auf Jahre mit guten Zahlen wie 2008 folgt in der Regel ein Einbruch wie im vergangenen Jahr. Außerdem, so konstatierte Thomas Volz, Leiter der Produktgruppe Solarthermie bei Bosch Thermotechnik, gebe es auch im Bereich der Erneuerbaren Energien eine starke Konkurrenz vor allem mit Wärmepumpen. Die sind in der Regel vor allem im Bestand einfacher nachzurüsten, es müssen keine Leitungen für das warme Wasser vom Dach zum Speicher im Keller gezogen werden.
Bosch versucht, eine Reduzierung der Komplexität auch durch eine Reduzierung der Komponenten zu erreichen, aus denen eine solarthermische Anlage zusammengesetzt ist. Insbesondere bei den Pumpen soll es Doppelnutzung geben. Erste Ansätze dazu stellte Volz mit der Anlage Cerapur Solar von Junkers vor. Das System ist mit einem 415-Liter-Pufferspeicher mit Heizschlange und integrierter Solarstation mit vorverdrahtetem Solarmodul ISM ausgestattet. Das wandhängende Gerät bietet damit die Möglichkeit, Energiegewinne aus thermischen Solaranlagen hydraulisch und regelungstechnisch in ein Heizsystem einzubinden.
Außerdem müsse die Solarthermie in der Lage sein, einen Großteil des Wärmebedarfs zu decken und nicht mehr nur eine Add-on-Technologie zusätzlich zu fossilen Energieträgern sein, meinte Volz. Das gelte insbesondere auch für Mehrfamilienhäuser. "Wenn wir es nicht schaffen, dort aktiv zu sein, haben wir keine Chance auf einen wirklichen Durchbruch", meinte Volz.
Damit dies gelingen kann, sind aber auch Anstrengungen in Sachen Forschung notwendig. Dafür stünden im kommenden Haushalt 7 Millionen Euro für die Niedertemperatur-Solarthermie zur Verfügung, meinte Maria Flachsbarth, die als Fachexpertin für Umweltfragen und Vorstandsmitglied der CDU/CSU-Fraktion die Pläne der Bundesregierung in Sachen Solarthermie erläuterte. Mit diesen Mitteln "zeige sich, dass das Umfeld zumindest nicht schlechter wird", kommentierte dies Volker Wittwer vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme diplomatisch.
Den von der Deutschen Solarthermie-Technologieplattform geforderten deutlichen Ausbau der Förderung mochte Flachsbarth freilich angesichts der Haushaltslage nicht versprechen. Auch eine Erweiterung des Erneuerbare Energien Wärmegesetzes auf Bestandsbauten, wie es dies beispielsweise in Baden-Württemberg gibt, sei bundesweit nicht geplant, so die CDU-Expertin. Zu hohe Anforderungen im Bestand führe eher zu Attentismus, meinte sie, also dazu, dass gar keine Sanierungen angepackt würden.
Professor Jean-Marie Bemtgen stellte als Vertreter der EU-Komission die Brüsseler Pläne für die Forschungsförderung der Solarthermie vor. Dort würde nicht mehr mit der Gießkanne gefördert, sondern das Geld konzentriert auf weniger Projekte, kündigte Bemtgen an. Diese zwei bis drei Projekte müssten das Potential haben, den Markt radikal zu verändern, hängte Bemtgen die Latte hoch. Hier könne auch die Solarthermie mit ambitionierten Projekten ins Rennen gehen. Er empfahl den Akteuren, ähnlich wie die Vertreter der Windenergie, eine mittelfristige und durchdachte Roadmap vorzulegen, die von Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Forschung getragen wird. Für die Windenergie gibt es für die nächsten 20 Jahre bereits konkrete Vorstellungen, in welcher Reihenfolge welche Projekte erfolgen müssen, um die Technologie voranzubringen.
Solche Vorstellungen gibt es auf europäischer Ebene aus dem Jahr 2008 auch für die Solarthermie, aber nicht besonders detailliert. Zu dieser Detaillierung soll nun die DSTTP beitragen. Eigentlich sollte der Entwurf mit konkreten Vorschlägen bereits in Berlin fertig sein. DSTTP-Chef Gerhard Stryi-Hipp musste aber um Geduld bitte, einige Wochen werde man für den finalen Entwurf noch brauchen. Klar ist aber, dass eine nächste Generation von Solarkollektoren, von Stryi-Hipp Marketing tauglich Kollektor 2015 getauft, als nächster Schritt anstehe. Hierzu müsse mehr Grundlagenforschung für neue Materialien, insbesondere an Kunststoffen für die Röhren, an Rationalisierungsmaßnahmen bei der Fertigung und der Funktionalität gearbeitet werden. Vor allem aber müssten die Kosten gesenkt werden, so Stryi-Hipp.
Auf Seiten der Speicher gehe es darum, Materialien mit einer höheren Speicherdichte zu entwickeln. Dies würde es ermöglichen, bei einem gleichbleibenden Speichervolumen mehr Wärme aufzubewahren. pgl