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Kostensenkung und mehr politische Unterstützung gefordert

Solarthermie kommt trotz Potenzial nicht voran

Energiebunker nutzt Solarthermie im Stadtquartier. © Ritter XL Solar

Bei Solarthermie sollen kostengünstige Speichertechnologien, Gebäudeintegration und das Konstruktionsdesign im Zentrum der Forschungsstrategien stehen.

Der Markt für Solarthermie kommt in Deutschland nicht richtig in die Gänge, obwohl der solarthermischen Wärmeerzeugung ein großes energetisches Potenzial von Seiten der Forschung und Regierung zugesprochen wird – umso wichtiger ist ein erneuter Austausch von Forschungsergebnissen und Strategien, und zwar über die Ländergrenzen hinaus. Das zeigte sich auf der 3. Solarthermie-Technologiekonferenz DSTTP am 30. und 31. Januar 2013 in Berlin.

Das Spektrum der solarthermischen Anwendungsmöglichkeiten wurde in der Konferenz deutlich: Es reicht von fassadenintegrierten Kollektoren zu Kombisystemen mit Erdwärmeanwendung, über Solar-Aktivhäuser zur Fernwärmeversorgung, luftgekühlte Absorptionskälteanlagen zur Klimakälteerzeugung bis hin zur solaren Meerwasserentsalzung in Gewächshäusern.

Bereits 2010 hatte die Deutsche Solarthermie-Technologieplattform DSTTP die Forschungsstrategie der Niedertemperatur-Solarthermie 2030 vorgestellt und die energetischen Potenziale aufgezeigt. Diese Arbeiten sind in das 6. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahr 2011 eingeflossen.

Doch wie können Forschungsergebnisse in die Praxis umgesetzt werden? Hier hilft ein Blick in zwei Nachbarländer, Dänemark und Österreich. "Dänemark macht vor wie es gehen kann", erläuterte Dirk Mangold, Institutsleiter von Solites, Steinbeis Research Institute for Solar and Sustainable Thermal Energy Systems.

Neben technologischen und kostenoptimierenden Parametern sind es die politischen Stellschrauben, die den Markt vorangebracht haben. Im Zuge des Energiefahrplans 2020 bis 2050 will Dänemark so schnell wie möglich von Öl, Gas und Kohle unabhängig werden. Während die Nutzung von Fernwärme aus KWK-Anlagen bislang wirtschaftlicher war als der Einsatz von solarthermischen Anlagen, verschiebt sich die Kosten-Nutzen-Rechnung durch eine hohe Besteuerung von Gas nun zugunsten der solarthermischen Fernwärme.

Der Plan sieht zudem vor, dass in Neubauten ab dem kommenden Jahr keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen – ein wichtiger Anreiz für den Einsatz solarthermischer Wärme.

Fernwärmeanlagen in Dänemark setzen thermische Solarpaneele auf ganzen Feldern ein. Die Kosten des Anlagenbaus wurden in den letzen Jahren zudem gesenkt, vor allem durch die Optimierung der Kollektortechnik: Statt Betonfundamenten werden punktuelle Betonsockel für die Befestigung der Kollektoren verwendet, und die Kollektorfeldmontage wird durch eine reduzierte Feldverrohrung kostengünstiger. Bis 2020 soll die Energieleistung über Solarthermie rund 57 Gigawatt betragen.

Gerhard Stryi-Hipp vom ISE und Präsident der European Technology Platform on Renewable Heating and Cooling betonte die Bedeutung der Solarthermie im europäischen Kontext. Im EU-Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 wird der Themenbereich Energie mit dem Titel "Sichere, saubere und effiziente Energie" unter dem Schwerpunkt der gesellschaftlichen Herausforderungen eingeordnet und das Heizen und Kühlen von Gebäuden in der Kombination von Biomasse, Solarthermie und Geothermie setzt dabei einen Schwerpunkt.

Für die städtische und quartiersbezogene Energieversorgung ist die Solarthermie ein wichtiger Baustein. In Hamburg-Wilhelmsburg realisiert Ritter XL Solar als Generalunternehmer eine Solarthermie-Anlage mit rund 1.350 Quadratmetern Vakuumröhren-Kollektorfläche auf dem Energiebunker, einem der Projekte der Internationalen Bauausstellung 2013.

Der Energiebunker liefert Warmwasser und Heizwärme für ein mehr als 1,2 Quadratkilometer großes Stadtgebiet. Die große Solarthermie-Anlage speist gemeinsam mit einem Biomasse-Blockheizkraftwerk einen Wärmespeicher mit insgesamt zwei Millionen Litern Wasser.

Bauherren von Einfamilienhäusern hätten indes oft Probleme mit der Größe von Solarspeichern, berichtete Rolf Meißner, Geschäftsführer der Ritter XL GmbH und stellte ein System vor, welches das Speichervolumen um 80 Prozent reduzieren kann und dafür auf Bauteil-Aktivierung setzt. Der Massivhaushersteller Helma Eigenheimbau AG entwickelte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) ein neues Wärmeversorgungskonzept für Solarhäuser, die einen solaren Deckungsanteil von mehr als 50 Prozent aufweisen.

Zurzeit werden Solarhäuser in der Regel mit einem zentralen Pufferspeicher realisiert. Das Volumen der Speicher liege bei Einfamilienhäusern in der Regel bei rund sieben Kubikmeter, so Meißner. Mit dem neuen Systemkonzept steht nun nicht mehr der Pufferspeicher allein im Zentrum der Anlage. Es wird stattdessen eine temperaturoptimierte Aufteilung der Solarenergiegewinne auf unterschiedliche Senken durchgeführt. Ergebnis ist ein deutlich kleinerer Pufferspeicher (Ziel: 1 m³), dafür Aktivierung von Betonbauteilen in Fußboden und Decke, die direkt über den Solarkreis aufgeladen werden.

Anders als bei der Fotovoltaik gebe es im Bereich der Solarthermie bislang kaum Bestrebungen auf eine architektonisch anspruchsvolle Fassadenintegration von Solarkollektoren, berichtete Anja Loose von der ITW Uni Stuttgart. Am ITW experimentiert man deshalb mit opaken Fassadenelementen für Wohn- und Bürogebäude, um große Flächen optimal energetisch zu nutzen und zugleich die Technik ansprechend sichtbar zu machen.

Die Fördermechanismen in Österreich können als Vorbild für das deutsche Fördersystem auch im Bereich der solaren Wärmeerzeugung dienen, berichtete Theodor Zillner vom österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Im Mittelpunkt stehen dabei die Forschung von Kollektoren und Systemtechnik, neue Anwendungsgebiete für die solare Kühlung und die Prozesswärme.

Die Beteiligung von Unternehmen in Forschungsverbünden sei gewachsen, was bei der nach wie vor schwierigen Marktsituation der Solarthermie entscheidend sei. Österreich stellt heute, bezogen auf die Einwohnerzahl, das Zehnfache der deutschen Forschungsförderung für Solarthermie bereit.

Bei der Energieforschungsstrategie in Österreich standen Smart Cities, Smart Grids und Smart Energies im Fokus der Forschungsförderung. Hier gebe es noch Handlungsbedarf, so Zillner, und erläuterte anhand von bereits gebauten Siedlungen, dass der Verkauf von Wärme aus der Solarthermie gesetzlich anders geregelt werden müsse, um in diesem Bereich erfolgreich zu sein. Der Gesetzgeber verbiete noch den Verkauf von solarer Energie vom Privatbetreiber an seine Nachbarn mit dem Argument, dass dieser damit zum Energiehändler werde und dafür eine Ausbildung notwendig würde. Wichtig sei deshalb, so Zillner, eine Vernetzung der Stakeholder von Energietechnologien, Bauwirtschaft und Informations- und Kommunikationstechnologien.

"Felix Austria" schwärmte Klaus Vajen, Professor und Leiter des Fachgebietes Solar- und Anlagentechnik an der Universität Kassel. Die Niedertemperatur-Solarthermie zur Trinkwassererwärmung, Raumheizung, Kühlung und Prozesswärmebereitstellung könne bis 2030 einen Anteil von etwa 50 Prozent an der Wärme- und Kälteversorgung übernehmen, schätzt die DSTTP. Um das zu erreichen, solle das öffentliche Forschungsbudget für die Niedertemperatur-Solarthermie-Forschung bis spätestens 2020 von heute etwa 8 Millionen Euro auf etwa 50 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden.

"Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt stellt einen Topf für innovative Projekte im Bereich der solarthermischen Wärmeerzeugung bereit", berichtete Roland Digel, Referent für Klimaschutz und Energie der DBU. Als erfolgreiche Projekte der letzten Jahre nannte er die kostengünstigen Vakuumröhrenkollektoren aus Kalk-Natron-Glas der Narva Lichtquellen GmbH, deren Materialkosten bei der Herstellung um 20 Prozent reduziert werden konnten.

Ein Update der DSTTP-Forschungsstrategie ist nun im Internet verfügbar. "Es wurden vor allem die Erforschung neuer Regelmechanismen und das Monitoring der Anlagen mit ins Projekt aufgenommen", so Stryi-Hipp. Die Kollektorkosten hätten sich in den letzten Jahren um 23 Prozent bei doppelt installierter Leistung reduziert.

Neue innovative und kostengünstige Speichertechnologien werden weiterhin im Fokus stehen, zudem die Gebäudeintegration und das Konstruktionsdesign. Bis 2020 erstrebe man eine installierte Kollektorkapazität von 102 Gigawatt in Deutschland. "Immer noch ist die potenzielle Leistung von solarthermischer Energie nicht genügend bekannt", sagte Stryi-Hipp.

Die Branche kämpfe im Zuge der Energiewende mit einer stromfixierten Energiediskussion. Der Markt ist eher rückläufig. Das liege aber auch daran, dass die Solarthermie in vielen Bereichen noch unwirtschaftlich sei, was durch die richtigen energiepolitischen Stellschrauben gedeckelt werden müsse – das zeige der Blick in die Nachbarländer Dänemark und Österreich. Zudem seien die Bauakteure, Architekten und Handwerker noch zu wenig interessiert an der Technik.

Im Vordergrund der Zielsetzung stehen daher eine Kostenreduktion, neue Marktsegmente zu erschließen und eine größere Kundenorientierung. Die Qualitätssicherung bei Planung, Installation und im Betrieb sei wichtig für eine erfolgreiche Markteinführung.

"Solarthermie ist da wichtig, wo Wärmebedarf besteht", ergänzte Vajen, "die Bandbreite der solarthermischen Energieerzeugung ist daher enorm groß." Erneuerbare Energien müssten sich dem Markt stellen. Die solarthermische Energieerzeugung sei nun in eine Neuorientierungsphase getreten – mit solch hoffnungsvollen Worten schloss Vajen die Konferenz.
von Nicole Allé / pgl

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