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Branche beklagt fehlende Aufmerksamkeit der Politik

Solarthermie-Experten diskutieren Weg aus der Krise

Solarthermieanlagen sind derzeit nur mäßig gefragt. © Zewotherm

Rund 450 Solarthermie-Experten diskutierten vom 11. bis 13. Mai auf dem 21. OTTI-Symposium für Thermische Solarenergie über die Zukunft der Branche und informierten sich über neue Entwicklungen und Technologien.

Während die Preise von Fotovoltaikanlagen in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sind, kosten Solarthermieanlagen den Endkunden heute mehr oder weniger genauso viel wie 1997. Hier sieht Werner Weiss, Geschäftsführer des österreichischen Instituts AEE Intec, einen der Hauptgründe dafür, dass die Branche nach wie vor nicht richtig auf die Beine kommt. Weiss ist einer der über 450 Experten, die bis Freitag auf dem OTTI-Symposium Thermische Solarenergie 2011 über die Zukunft der Solarthermie diskutieren. Zwar ist der Absatz von Solarkollektoren laut Bundesverband Solarwirtschaft BSW und Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik BDH im ersten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,3 Prozent angestiegen. Von großem Optimismus ist im fränkischen Kloster Banz, dem Tagungsort, aber dennoch nicht viel zu spüren. Im Gegenteil: Viele Teilnehmer sprechen nach wie vor von einer Krise. "Die Krise ist da. Wir sind zwar prinzipiell optimistisch, aber ganz sicher sind wir nicht, dass es den erhofften Aufschwung geben wird", brachte es Gerhard Stryi-Hipp auf den Punkt, Leiter der Gruppe Thermische Kollektoren und Anwendungen am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE.

Gründe dafür, dass es nicht gelingt, die Preise zu senken, gibt es aus Sicht der Experten mehrere. So sind die Kupferpreise inzwischen extrem hoch, was die Rohrleitungen teuer macht. Daher arbeitet die Industrie daran, das Material zu ersetzen, beispielsweise durch Aluminium. Entsprechende Produkte stellte am Rande der Tagung im Rahmen der Fachausstellung das Unternehmen Hydro Aluminium Precision Tubing aus Dänemark vor. Aluminium-Rohre seien nicht nur 50 Prozent billiger als Kupferrohre, sie könnten auch zu 100 Prozent recycelt werden, warb Hydro-Vertreter Pratrick Jansson für das Material. Zu den hohen Kupferpreisen kommen die geringen Skalen- und Lerneffekte. Während Solarteure Fotovoltaikanlagen am Fließband installieren, ist die Wiederholungsfrequenz beim Einbau von Solarthermieanlagen in den Sanitär-Heizungs-Klima-Betrieben deutlich geringer. "Solange die Wiederholungsfrequenz so niedrig ist, wird die Zeit für eine Installation nicht zurückgehen", nahm Thomas Volz, Leiter der Produktgruppe Solarthermie bei Bosch Thermotechnik, die Installateure vor dem Vorwurf in Schutz, sie würden Preissenkungen der Hersteller, die durchaus stattgefunden haben, in die eigene Tasche stecken und somit die Endkundenpreise stabil halten.

Werner Weiss sieht einen Grund dafür, dass Solarthermieanlagen nach wie vor nicht in großen Mengen verkauft und installiert werden, darin, dass die Solarthermie im Gegensatz zur Fotovoltaik völlig uninteressant für Investoren ist. Eine Möglichkeit, dies zu ändern sieht er in der Abschaffung der geltenden Förderprogramme und Einführung einer CO2-Vermeidungsprämie. Auch der BSW fordert ein Prämienmodell, um die Förderung zu verstetigen und unabhängig von schwankenden Subventionen aus dem Bundeshaushalt zu machen. Das Wärmeprämienmodell sieht vor, das Importeure und Großhändler fossiler Brennstoffe pro verkaufter Einheit Öl oder Gas eine Umlage zahlen, ähnlich wie im Rahmen des EEG die Energieversorger für Strom. Mit diesen Einnahmen würden dann regenerative Heizungen gefördert werden. Auf welche Weise dies geschehen sollte, ist umstritten. So riet Bosch-Mann Volz davon ab, die Prämie je Kilowatt regenerativer Wärmeenergie zu zahlen. "Bei diesem Modell heizen pfiffige Geschäftsleute auch im Sommer, kassieren die Wärmeprämie und der Nachbar, der mit Öl heizt, zahlt", so Volz.

Einig sind sich die Experten darin, dass die Solarthermie großes Potenzial hat. "Wir können mit der Solarthermie im Wärmebereich die gleiche Menge Energie in Form von Öl und Gas ersetzen, wie die Elektromobilität im Verkehr. Und das zu geringeren Kosten", machte Professor Jürgen Schmidt vom Fraunhofer-Institut für Windenergie- und Energiesystemtechnik deutlich. Diese Botschaft sei jedoch noch nicht bei der Politik angekommen. Dort ist die Solarthermie nach wie vor völlig unterbelichtet, so die Experten. Doch nicht nur bei der Politik, auch bei den Verbrauchern gilt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. "Wir müssen stärker kommunizieren, dass Solarthermie wirtschaftlich ist", sagt Weiss vom AEE Intec.

Hier hapert es laut Stryi-Hipp vom Fraunhofe ISE zufolge noch gewaltig. "In der Paxis spricht der Anbieter meist von Kollektorleistungsdaten und Fördermöglichkeiten. Fragt der Kunde nach dem Ertrag, bleiben die Aussagen meist unkonkret." Die Kunden wollten weg von Öl und Gas, sie wollten eine Gesamtlösung und sie wollten zukunftssicher investieren. "Um diese Wünsche zu erfüllen brauchen wir einen höheren solaren Deckungsgrad und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis", so Stryi-Hipp. Die Kunden heute seien bereit, mehr zu investieren, bräuchten dafür aber auch mehr Fakten.

Solarthermieanlagen, die im Gesamtzusammenhang stehen, die einfach und günstig sind, sieht auch Bosch-Solarthermie-Experte Thomas Volz als Top-Themen auf der To-do-Liste der Solarthermiebranche. Das Denken in Quadratmeter Kollektorfläche müsse überwunden und Lösungspakete entwickelt werden, die "so einfach zu installieren sind, wie eine Wärmepumpe: Stecker rein und fertig." In diese Richtung geht auch die Hybrid-Solartherme von Bosch, die im Kloster Banz mit dem Innovationspreis 2011 ausgezeichnet worden ist. Sie integriert Speicher, Regelung und Gastherme in einem Gehäuse und erleichtert dem Handwerker so die Installation. Überzeugt hat die Jury zudem, dass im Speicher nur solare Wärme gespeichert wird, keine mit fossilen Energien erzeugte Wärme. 

Angesichts des gewaltigen Sanierungsstaus in deutschen Heizungskellern und steigenden Energiepreisen, sieht die Branche durchaus Chancen für eine Belebung des Marktes. Als wichtigsten Treiber sehen die Hersteller dem Verband BDH zufolge die Ereignisse in Fukushima, die das Bewusstsein der Verbraucher für die hohe Bedeutung des Megathemas "Effizienz und erneuerbare Energien" weiter geschärft habe. Einer aktuellen Studie von Infratest Dimap im Auftrag des BSW zufolge würden 62 Prozent der Befragten ihren Energiebedarf am liebsten selbst erzeugen oder tun dies bereits. 90 Prozent der Befragten wünschen ihren Kindern oder Enkeln eine Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien. 88 Prozent der Bundesbürger sind bereit, für den Ausbau der Erneuerbaren Energien aktiv zu werden oder sind es bereits.

Von unserer Redakteurin Silke Thole

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