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Landesdatenschutzbeauftragte prüfen die Rechtskonformität

Solarkataster finden in vielen Städten Zuspruch

Solarkataster zeigen, ob sich Dächer für Solarthermie oder Fotovoltaik eignen. Bild: Sun-Area

Viele Städte haben Solarkataster oder planen die Einführung.

Die Anbieter von Solarkatastern, die Potential für Fotovoltaik und Solarthermie auf Hausdächern ermitteln, räumen Innovationspreise auf den Fachmessen ab. Doch angesichts der Datenschutzdebatten um Googles Street View regt sich auch bei manchen Unbehagen angesichts der Bilddaten, die den Katastern zugrundeliegen.

Als Pionierin bei der Entwicklung von Solarkatastern gilt Martina Klärle, Professorin  für Landmanagement an der FH Frankfurt. Ihr Unternehmen Sun-Area hat 2009 den Innovationspreis von Eurosolar bekommen und kann bundesweit mit 13 fertigen und weiteren neun, die sich in Realisierung befinden, die meisten Projekte nachweisen. Das besondere am Verfahren von Sun-Area ist, dass es Daten aus bereits vorliegenden Laserscans auswertet und damit digitale Höhenmodelle erstellt. Diese werden mit Karten der Liegenschaftsämter kombiniert und aus der Kombination Solarpotentiale der Dachflächen errechnet. Seit kurzem gibt es bei Sun Area auch Empfehlungen bestimmter Modultypen für einzelne Dächer. Das Unternehmen erhebt dazu quadratmetergenau, wo auf dem Dach diffuse und wo direkte Sonneneinstrahlung besteht. Für Bereiche mit diffuser Strahlung werden Dünnschicht-Module, für direkt bestrahlte Bereiche mono- oder polykristalline Solarmodule vorgeschlagen.

Am härtesten auf den Fersen ist Martina Klärles Team derzeit Aerowest in Kombination mit Simuplan. Vier Projekte sind bislang umgesetzt, vier weitere in Realisierung. "Wir berechnen die Verschattung aufgrund von 3D-Daten", beschreibt Georg Ludes von Simuplan das Verfahren. Die Daten kommen nicht von Laserscans. Aerowest schießt Luftaufnahmen mit hochauflösenden Kameras. Anders als Sun-Area verwende man kein Geoinformationssystem, deshalb seien die Berechnungen schneller, nennt Ludes einen weiteren Unterschied. Außerdem rechne seine Software mit minutengenauen Strahlungszeitreihen und sei damit exakter bei der Erfassung solarer Potentiale als andere Verfahren. Und da man auf 3D-Daten basiere, könne man auch Simulationen für geplante Gebäude erstellen, die etwa mit gebäudeintegrierter Fotovoltaik arbeiten sollen. Mit Planern habe man erste Projekte realisiert, berichtet Ludes. Mit diesem Ansatz konnten Aerowest und Simuplan sich 2009 den Intersolar Award sichern.

Award-Meriten kann einen weiterer Player aus dem universitären Umfeld aufweisen, die Osnabrücker Geoplex. 2009 hat das Spin-off des Instituts für Geoinformatik der Universität Osnabrück den Geobusiness Award erhalten. "Unsere Gebäudeerkennung arbeitet dachflächenbezogen, das Fotovoltaik-Potential jeder Dachfläche kann einzeln aufgerufen werden", nennt Mitgründer Frederik Hilling den Unterschied zu Konkurrenzprodukten. Außerdem benötige das System keine Stadtgrundkarte. Man habe die Lösung unter anderem auf der Hannover Messe Industrie gezeigt und sei dort auf großes Interesse gestoßen, berichtet Hilling.

Mit Smart Geomatics aus Karlsruhe ist noch ein weiterer Player aus dem universitären Umfeld im Rennen, dezeit vorwiegend mit Projekten aus dem süddeutschen Raum. Simuplan arbeitet unterdessen bereits an der Internationalisierung. Man habe erste Verträge für Fotovoltaik-Kataster mit Partnern aus Frankreich abgeschlossen, berichtet Ludes.

Einen Schuss vor den Bug könnte es von Datenschützern geben, zumindest dann, wenn die gewonnenen Daten etwa gezielt an Banken oder Handwerker zur Kundenakquise weitergegeben werden. Durch solche Kooperationen mit Finanzinstituten oder Handwerkerverbänden werden manche der Kataster finanziert. Der Grund sind klamme Kassen: Die Preise für die Einrichtung solcher Verzeichnisse liegen je nach Aufwand zwischen 20.000 und 100.000 Euro. Für die laufenden Betriebskosten eines Solarkatasters hat eine mittelgroße Kommune in Norddeutschland nochmal zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Jahr kalkuliert.

Die FDP im rheinland-pfälzischen Landtag etwa hat gegen die Weitergabe der Informationen datenschutzrechtliche Einwände formuliert. Es würden keine personenbezogenen Daten verarbeitet, kontern die Grünen im Landkreis Mainz-Bingen. Jörg Klingbeil, Landesdatenschutzbeauftragter in Baden-Württtemberg sieht das in seinem Bericht anders: "Bei dem Solarpotential von Gebäuden, die im Eigentum natürlicher Personen stehen, handelt es sich um Angaben über deren sachliche Verhältnisse, mithin um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Die Veröffentlichung dieser Daten im Internet bedeutet aus datenschutzrechtlicher Sicht eine massenweise Übermittlung außerhalb des öffentlichen Bereichs (...), für die weder das Landesdatenschutzgesetz selbst noch die baden-württembergische Gemeindeordnung eine hinreichende Rechtsgrundlage bieten."

Als reine Umweltdaten mag Klingbeil die Informationen dann nicht zu betrachten, wenn sie per Internet verbreitet werden: "Sind die Interessen der Betroffenen denn nicht erheblich beeinträchtigt, wenn sie von wohlmeinenden Nachbarn zu ökologisch korrektem Verhalten angehalten, mit womöglich unwillkommenem Werbematerial einschlägiger Hersteller überflutet und eventuell auch mit offensiveren Verkaufsstrategien konfrontiert werden", fragt er. Trotz dieser Bauchschmerzen hält Klingbeil Solarkataster für zustimmungsfähig, wenn ausreichend prominent auf die Möglichkeit hingewiesen werde, dass man sein Gebäude aus dem Verzeichnis entfernen lassen könne.

Die Debatte hat nun auch den rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten Edgar Wagner auf den Plan gerufen. Er will sich die bestehenden Lösungen anschauen und bis Ende Mai 2010 zu einer Beurteilung kommen, sagte er gegenüber EnBauSa.

Jörg Klingbeil sieht aber noch ganz andere Probleme auf die Kommunen zukommen: "Die Gemeinde kann schon aus Gleichbehandlungsgründen nicht ohne weiteres nur bestimmte Kreditinstitute und ausgewählte Handwerker auf geeignete Gebäudedächer hinweisen. Ich würde mich nicht wundern, wenn konkurrierende Banken oder Handwerker dies dann auch einfordern würden." 117pgl

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