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Nahwärme aus Solarthermie und BHKW in Freiburg

Sanierung ohne Dämmung geht nur bei höheren Kosten

Sanierte Gebäude nutzen Solarthermie und BHKW. © Stadt Freiburg / Graphikbüro Gebhard|Uhl

Eine Sanierung mit Solarthermie und Blockheizkraftwerk geht auch ohne Wanddämmung, Wärmepumpe und Erdspeicher - aber dann wird's teuer im Betrieb. Das ist die Quintessenz aus dem Sanierungsprojekt Emmendinger Straße im badischen Freiburg.

Die zehn Gebäude in schlichtem Jugendstil in der Emmendinger Straße 16 bis 34, einen Steinwurf vom Freiburger Friedhof entfernt, sind vierstöckig und erinnern im Grundriss an eine Blockrandbebauung, wobei aber nur die Südostkante an der Straße liegt; die drei anderen Seiten grenzen an einen großen Hof mit Kleingärten.

Im Jahr 1903/1904 hat die Wohnungsgenossenschaft "Bauverein Breisgau" die Häusergruppe gebaut; sie ist auch nach wie vor der Eigentümer. 4770 Quadratmeter behergen 92 Wohnungen und 2 Gewerbeeinheiten. Die Ausgangssituation zu Beginn der Sanierungsplanung im Jahr 2013: Erdgas-Etagenheizungen oder Einzelöfen; ungedämmte Außenwände mit einem U-Wert von 2,0;  Fenster mit einem Uw-Wert von 3,5.

Das heißt: Bei minus 10 Grad draußen entweicht allein durch die sechs Fenster einer Wohnung ständig gut 1 Kilowatt Heizwärme. Zum Vergleich: Passivhaus-Standard für die Fenster wäre U = 0,8. An diesem Zustand der Außenhülle - Kellerdecke und Dach sind immerhin gedämmt - wurde nichts geändert.

Gegen eine Außendämmung sprach nach Angabe des Bauvereins der Denkmalschutz, und von innen zu dämmen wollte man den Genossen im Haus nicht zumuten. Auch an den vorhandene Heizkörpern wollte man nichts ändern. Es blieb damit bei einem Bedarf von 624.000 Kilowattstunden pro Jahr für Heizung und Warmwasser.

Konzentration auf die Energiegewinnung

Man konzentrierte sich bei der Sanierung also auf die Energiegewinnung. Die Wärme sollte nach den Vorstellungen der Genossenschaft zentral erzeugt und über ein Wärmenetz verteilt werden. Das Umweltschutzamt der Stadtverwaltung Freiburg wiederum war auf der Suche nach einem Demonstrationsprojekt mit Solarthermie und Mieterstrom-Blockheizkraftwerk (BHKW). Beide fanden sich und dazu - neben der BAFA-Förderung für die Solarthermie - auch einen Sponsor: Der örtliche Energieversorger Badenova gab einen Zuschuss.

Die Bandbreite von möglichen Varianten für das Energiesystem wurde durch das in Baden-Württemberg geltende Erneuerbare-Wärme-Gesetz dahingehend eingeschränkt, dass nach dem Austauschen einer Heizungsanlage 15 Prozent der Jahreswärmemenge erneuerbar erzeugt werden müssen.

Das Konzept, erstellt von der Freiburger TGA-Planungsgruppe und dem Fraunhofer ISE, sah 76 Flachkollektoren auf südwestlich und südöstlich geneigten Dachflächen mit einer Fläche von zusammen 191 Quadratmeter und einer Nennleistung von etwa 150 Kilowatt vor. Mehr erlaubte der Denkmalschutz nicht. Die Solarthermie konnte damit im Laufe des Jahres rund 63.000 Kilowattstunden Wärme liefern, also etwa 10 Prozent des Bedarfs - und eben nicht die geforderten 15 Prozent.

Doch das Gesetz sieht - gewollt - "Schlupflöcher" vor, und eines davon ist die Regelung, dass die 15-Prozent-erneuerbar-Vorschrift dann entfällt, wenn ein BHKW im Haus jährlich mindestens 15 Kilowattstunden Strom pro Quadratmeter Wohnfläche bereitstellt. Das BHKW in der Emmendinger Straße gibt pro Jahr etwa 75.000 Kilowattstunden elektrische Energie ab, mithin 15,7 pro Quadratmeter - dem Gesetz wird also Genüge getan.

Mikronahwärmenetz und Wärmeübergabestationen

Relativ aufwendig sind beim Freiburger Projekt die Wärmespeicherung und -verteilung gestaltet. Jedes Gebäude erhielt einen Pufferspeicher mit je 1200 bis 1700 Liter Volumen, der seine Wärme je nach Standort von Solarkollektoren, vom BHKW (46,7 Kilowatt thermische Nennleistung) oder von einem Erdgas-Brennwertkessel (450 Kilowatt) bekommt. Die Speicher sind mit einer Ringleitung ("Mikronahwärmenetz") verbunden; diese mit einer Wärmeübergabestation bei jeder Wohnung.

Bei den Wärmeübergabestationen wurde in den Rücklauf des Trinkwasser-Wärmetauschers ein Thermostatventil mit Fernfühler im Warmwasseraustritt eingebaut. Das Ventil regelt den Volumenstrom so weit ab, dass das womöglich zu heiße Heizungswasser aus dem Ausgang des Wärmetauschers durch eine ausreichend große Menge kühleren Rücklauf-Heizungswassers aus den Heizkörpern "verdünnt" wird. So wird erreicht, dass die Rücklauftemperatur normalerweise nicht höher als 40 Grad ist, was die Effizienz der Solaranlage erhöht.

Den BHKW-Strom verkauft der Bauverein über den Umweg einer Tochtergesellschaft an die 75 Prozent der Mieter, die sich dafür entschieden haben. Er ist etwas billiger als der Ökostrom-Tarif der Badenova.

Fehlende Wärmedämmung hat ihren Preis

Für die Wärme dagegen müssen die Bewohner tief in die Tasche greifen: Das Umweltschutzamt Freiburg gibt einen Bruttopreis von 12,75 Euro pro Quadratmeter und Jahr an. Pro Monat sind das 1,06 Euro. Im Berliner Sanierungsprojekt Märkische Scholle sind es zum Beispiel nur 0,31 Euro. Dort stammt die Energie aus Solarthermie, Fernwärme, einer Photovoltaikanlage und einer Wärmerückgewinnung mit einer Wärmepumpe aus der Abluft; ein BHKW gibt es nicht. Den Ausschlag dürften aber der KfW-85-Dämmstandard und die modernen Fenster geben, die das Berliner Projekt von dem in Freiburg unterscheiden.

Damit kann die Sanierung in der Emmendinger Straße als plastisches Beispiel dafür gelten, dass ein Gebäude selbst mit einem ausgefeilten Heizungssystem nur begrenzt effizient sein kann, wenn der Denkmalschutz einer energetischen Ertüchtigung der Außenhaut in die Quere kommt.

Das zeigt sich auch beim Klimaschutz. Im Durchschnitt der beiden Messjahre 2016 und 2017 kam die Wärme in Freiburg zu 46 Prozent vom BHKW, zu 43 Prozent vom Erdgaskessel und zu 11 Prozent von den Solarkollektoren. Die Kollektorfläche war wie erwähnt durch den Denkmalschutz beschränkt, und hätte man das BHKW wesentlich größer ausgelegt, wäre die Zahl der Betriebsstunden (in der realisierten Anlage rund 6100) unter die Wirtschaftlichkeitsschwelle gesunken. Der Anteil für Heizung und Warmwasser von gut 268.000 Kilowattstunden aus dem Erdgaskessel trägt zum Zustandekommen der CO₂-Emissionen nach der Sanierung von immer noch 250.000 Kilogramm jährlich bei.

Damit entfällt auf die Wärme- und Stromversorgung in Freiburg noch ein spezifischer jährlicher CO₂-Ausstoß von 52 Kilogramm pro Quadratmeter Nutzfläche. Das sind 20 Prozent weniger als im ursprünglichen Zustand, aber der absolute Wert ist wesentlich höher als zum Beispiel im Berliner Sanierungsprojekt. Von Alexander Morhart

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