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Ostfalia Hochschule nimmt 5-Kilowatt-Batterie in Betrieb

Redox-Flow-Batterie hat großes Potenzial

Die 5-Kilowatt-Batterie der Ostfalia kann 20 Kilowattstunden Strom speichern. © Ostfalia

Im Rahmen des Forschungsprojekts "Dezentrale Speicher für Gebäude" hat die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften eine Redox-Flow-Batterie mit 5 Kilowatt Leistung in Betrieb genommen.

Experten sind sich einig: Ohne bezahlbare Speicher wird die Energiewende scheitern. Denn die Produktion der erneuerbaren Energien ist zu großen Teilen von Sonne und Wind abhängig und schwankt entsprechend stark. Kein Wunder also, dass in Forschungslaboren und Zukunftsschmieden unter Hochdruck an der Weiterentwicklung von Speichertechnologien für Wind- und Solarstrom gearbeitet wird.

Als besonders vielversprechend gelten chemische Flüssigbatterien, sogenannte Redox-Flow-Batterien. An der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel wurde jetzt eine solche Batterie in Betrieb genommen. "Gerade als Speicher im oder am Gebäude ist Redox-Flow eine sehr interessante Technologie", betont Professor Ekkehard Boggasch von der Fakultät für Versorgungstechnik der Ostfalia im Gepräch mit EnBauSa.de.

Boggasch leitet den regenerativen Energiepark der Ostfalia, der sich dadurch auszeichnet, dass sich die Leistungsklasse der dort installierten Anlagen an Gebäuden orientiert. Im August 2011 ist das Forschungsvorhaben "DESG: Dezentrale Speicher für Gebäude" angelaufen, dessen Ziel es ist, neue Erkenntnisse im Zusammenspiel und Management der verschiedenen Techniken in einem Smart Grid zu erlangen. Neben dem Redox-Flow-Speicher findet sich im Energiepark etwa auch ein Elektrolyseur zur Erzeugung von Wasserstoff mit dem zugehörigen Gasspeicher. "Auch Wasserstoff hat meiner Meinung nach eine große Zukunft als Energiespeicher", sagt Boggasch. 

Die Redox-Flow-Batterie der Ostfalia wurde von der kanadischen Firma Prudent Energy geliefert und in China gefertigt. Sie hat eine Leistung von 5 Kilowatt und kann 20 Kilowattstunden Strom speichern. "Bei einem Einfamilienhaus reicht das für ein bis zwei Tage", so Boggasch. Die Batterietechnik nutzt Vanadium-Ionen unterschiedlicher Ladung, die in verdünnter Schwefelsäure in zwei großen Tanks gelöst sind – in Wolfenbüttel sind es zwei mal 1000 Liter. Diese Lösungen werden an eine Membran gepumpt, wo sie abwechselnd Elektronen aufnehmen und abgeben.

"Das besondere an den Redox-Flow-Batterien ist, dass sich Leistung und Energiemenge unabhängig voneinander steuern lassen", erläutert der Leiter des Ostfalia-Energieparks. Die Leistung werde durch die Anzahl der Reaktionskammern bestimmt, in denen sich jeweils eine Membran befindet. Sie trennt Anode und Kathode und sorgt für die Ladung und Entladung des Vanadiums. Durch die Hintereinanderschaltung mehrerer dieser Zellen zu Stapeln oder Stacks erhöht sich die Leistung einer Batterie. Die Flüssigkeitstanks dagegen bestimmen, welche Energiemenge gespeichert werden kann.

Ein weiterer Vorteil gegenüber Blei- oder Lithium-Ionen-Batterien ist die hohe Lebensdauer. Da bei den Redox-Flow-Batterien nur Vanadium-Verbindungen und nicht wie in vielen anderen Systemen zugleich zwei verschiedene Flüssigkeiten zum Einsatz kommen, bleiben Verunreinigungen aus. "Das Elektrolyt altert nicht. Lediglich die Membran-Stacks müssen nach einer gewissen Zeit ausgetauscht werden", sagt Boggasch.

Natürlich habe die Ostfalia für das Speichersystem tief in die Tasche greifen müssen, räumt der Wissenschaftler ein. 35.000 Euro hat die Batterie netto gekostet, mit Steuern, Transport und Training kamen 50.000 Euro zusammen. Allerdings sei die Anlage ja auch mehr oder weniger in Handarbeit gefertigt. Sie ist die Zweite der Firma Prudent Energy in Deutschland.

"Werden die Batterien in großen Stückzahlen produziert, wird der Preis drastisch sinken", ist Boggasch überzeugt. Denn schließlich sei die zugrundeliegende Technologie nicht weiter kompliziert. "Das System lässt sich ohne weiteres in großen Stückzahlen produzieren und wird dann nur noch einige Tausend Euro kosten."

Liegt der Preis in dieser Größenordnung, wird es interessant. Denn Elektroautos, die derzeit oft als Zwischenspeicher für umweltfreundlichen Strom in der Diskussion sind, werden diese Rolle allein nicht übernehmen können. "Bei der Diskussion um E-Autos als Zwischenspeicher für stark schwankende Leistungen wird oft vergessen, dass die Fahrzeuge vermutlich zum Großteil zur gleichen Zeit geladen werden, nämlich Abends nach der Arbeit oder Nachts", so Boggasch.

Sollen die Fahrzeuge mit regenerativem Strom fahren – und nur dann sind sie wirklich umweltfreundlicher als herkömmliche Benzin- oder Dieselfahrzeuge – sind Speicher also das A und O, um zu verhindern, dass die Netze zusammenbrechen.

Die Wissenschaftler der Ostfalia sehen die Zukunft in einem System aus vielen kleineren dezentralen Speichern, die über ein intelligentes Smart Grid gesteuert werden. Mehrere Fraunhofer-Institute dagegen arbeiten in einem Konsortium an chemischen Flüssigbatterien im Großformat, die an zentralen Stellen im Versorgungsnetz sitzen und Energie in Megawatt-Mengen für stromarme Stunden puffern können.

"Das Verfahren arbeitet bereits zuverlässig", sagt Christian Dötsch, Geschäftsfeldleiter Energie-Effizienz-Technologien am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, einem der beteiligten Institute. "Die Herausforderung besteht im Upscale, der Vergrößerung der Anlagen." Die Megawatt-Grenze hoffen die Fraunhofer-Forscher in etwa vier bis fünf Jahren überschreiten zu können. Fernziel ist der Bau einer handballfeldgroßen Batterieanlage mit 20 Megawattstunden Kapazität, die etwa 2.000 Haushalte während einer langen Winternacht oder an wolkigen Tagen mit Strom versorgt.

Von unserer Redakteurin Silke Thole

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