Für die Integration von Fotovoltaik und Solarthermie in Gebäude gibt es inzwischen zahlreiche Lösungen. Angewendet werden diese jedoch nach wie vor nur in Einzelfällen. Als Grund dafür machten Experten auf dem internationalen Kongress Solar Summits weniger die Kosten als vielmehr die Architekten aus. Für diese sei es noch immer nicht selbstverständlich, bei der Planung von Gebäuden auch die Nutzung von Solarenergie einzuplanen.
Bis 2019 muss sich das ändern. Denn spätestens ab dann müssen nach dem Willen der Europäischen Union alle neu gebauten Gebäude Netto-Nullenergiehäuser sein, also über ein Jahr gesehen höchstens so viel Energie verbrauchen wie sie selbst erzeugen. Daher sollte es neben einer möglichst energieeffizienten Bauweise das Ziel sein, zusätzlich zur obligatorischen Solarthermie-Anlage für die Erzeugung von Wärme so viel wie möglich Photovoltaik zu integrieren. Die meisten Planer jedoch denken allenfalls über eine Aufdachanlage nach – und das oft auch erst, nachdem das Gebäude bereits in den Grundzügen geplant ist.
Dieser Haltung setzte auf dem Solar Summits in Freiburg, der sich in diesem Jahr ausschließlich dem Thema solares Bauen widmete, der Wiener Architekt Georg Reinberg frei nach Gropius das Architektur-Prinzip "Form follows energy" entgegen. "Die solare Energieerzeugung muss von Anfang an in der Planung berücksichtigt werden", betonte er. Allerdings stellte Reinberg auch klar, dass aus seiner Sicht Fotovoltaik-Module viel zu teuer sind, um sie suboptimal einzusetzen. "Senkrecht an Fassaden angebracht, machen Fotovoltaik-Module aus meiner Sicht keinen Sinn, denn dort ist der Ertrag deutlich geringer als wenn man sie auf dem Dach oder anderswo am Gebäude in der optimalen Ausrichtung anbringt ", sagte er. Reinberg setzt Fotovoltaikmodule in seinen Projekten meist als Sonnenschutz oder "fliegendes Element" an Fassaden ein.
"Sicher lässt sich eine bestimmte Menge Strom effizienter und billiger auf dem Dach produzieren als mit in die Fassade integrierten Fotovoltaik-Modulen", bestätigt Professor Eike Weber, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energie Systeme ISE. Die entscheidende Frage sei jedoch eine andere. "Sie lautet: Wieviel teurer ist es, eine Solarfassade zu bauen als eine, die keine Energie erzeugt? Wenn Sie diese Rechnung aufmachen, dann kann es interessant werden", sagte er im Gespäch mit EnBauSa.de.
Weber geht davon aus, dass Farbstoffsolarzellen hier in den nächsten Jahren den Durchbruch bringen werden. Diese werden in Glas integriert, sind transparent und in zahlreichen Farben realisierbar, so dass Architekten einen großen Gestaltungsspielraum erhalten. "Betrachtet man Euro pro Watt, sind Farbstoffsolarzellen nicht besonders wettbewerbsfähig. Entscheidend ist jedoch der Aufpreis gegenüber normalem Glas", so der ISE-Direktor.
2010 soll die Technologie, an der das Institut unter anderem im Forschungsverbund Colorsol mitarbeitet, durch eine Fraunhofer-Ausgründung auf den Markt gebracht werden. Ziel ist es, die Farbstoffsolarzellen zum gleichen Preis anzubieten wie normales Glas. "Kommen wir dahin, wird es selbstverständlich, Fotovoltaik in die Fassade zu integrieren", ist sich Weber sicher. Denn immerhin erhalten die Bauherren einen Zusatznutzen: sie erzielen einen wirtschaftlichen Vorteil, denn sie können den zusätzlich produzierten Strom verkaufen, und sie tun etwas für ihr Image.
Doch nicht nur Glasflächen können aktiviert werden. Willi Ernst, Chef des Innovationsteams bei der Centrosolar AG, zeigte zahlreiche weitere Möglichkeiten. Beispielsweise aus Dünnschicht-Solarzellen bestehende Rollläden für die Verschattung großer Fensterflächen. Für Ernst ist Fotovoltaik immer dann gebäudeintegriert, wenn sie neben der Stromproduktion mindestens eine weitere Funktion für das Gebäude erfüllt.
Hans-Martin Henning, am Fraunhofer ISE Leiter der Abteilung Thermische Systeme, reicht das nicht aus. "Die meisten Lösungen sind nicht wirklich integriert, sie sind einfach zum Gebäude hinzugefügt", merkte er im Gespräch mit EnBauSa an. Von wirklicher Integration mag Henning erst sprechen, wenn Bauunternehmer die Fotovoltaik standardmäßig als integralen Bestandteil eines Gebäudes anbieten und wenn sie auch in die Haustechnik integriert wird.
Letzteres wird aus Sicht von Henning spätestens dann zum Thema, wenn Grid Parity erreicht ist, Solarstrom also genau so viel kostet oder sogar billiger ist als der aus dem Netz bezogene Strom. "Spätestens dann brauchen wir Systeme, die die Anlage in Verbindung mit der sonstigen Haustechnik steuern", so Henning. Diese würden dann dafür sorgen, dass die Waschmaschine oder die Wärmepumpe zu Zeiten von teurem Spitzenlast-Strom mit dem selbst erzeugten Strom arbeiten. sth