Die Einspeisevergütung für Solarstrom wird zum 1. Juli 2010 um 16 beziehungsweise 15 Prozent gesenkt. Darauf haben sich die Regierungsparteien im Koalitionsausschuss geeinigt. Das Bundeskabinett soll die Neuregelung in der kommenden ersten März-Woche beschließen. Ziel sei es, eine Überförderung abzubauen, ohne den weiteren Ausbau der Solarbranche zu verhindern, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier (CDU) nach der entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin.
Der Einigung zufolge soll die Vergütung für Strom, der mit Fotovoltaik-Anlagen auf Dachflächen produziert wird, um 16 Prozent gesenkt werden. Bei Freiflächen-Anlagen sollen 15 Prozent gekürzt werden. Für Solaranlagen auf Ackerflächen gibt es künftig keine Förderung mehr. Anlagen auf Freiflächen, für die zum 1. Januar 2010 schon eine Baugenehmigung vorlag und die bis Ende des Jahres Solarstrom ins Netz einspeisen, erhalten jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes noch die alte Vergütung in Höhe von 28,43 Cent je eingespeister Kilowattstunde. Anlagen an Randstreifen von Bahnschienen und Autobahnen werden weiterhin gefördert. Neu aufgenommen wurde die Förderung von Solaranlagen auf Gelände, das als Gewerbegebiet ausgewiesen ist.
Der Bundesverband Solarwirtschaft übte scharfe Kritik an der Einigung. Das gegenüber der ursprünglichen Gesetzesvorlage des Bundesumweltministers um drei Monate verschobene Inkrafttreten der Förderabsenkung sei keine substantielle Hilfe für die Branche. Beim vordringlichen Problem der deutschen Solarindustrie mit den Kürzungsplänen, dem gesamten Kürzungsumfang bis zum Januar 2011, habe sich die Politik bislang nicht bewegt.
Auch an Einzelmaßnahmen kam Kritik aus der Branche: "Sollte allerdings der Vorschlag, PV-Anlagen auf Ackerflächen ganz aus der Förderung zu nehmen wahr sein, ist dies ein falsches Signal an die Verbraucher. Eine große Chance wird vertan, Fotovoltaik auf Ackerflächen zur Kostensenkung des EEG-Programms zu nutzen. Ohnehin werden nur wenige Flächen benötigt, um für den Klimaschutz einen substantiellen Beitrag zu leisten", meinte David Wortmann, Leiter des Hauptstadtbüros von First Solar gegenüber EnBauSa.de.
Beim Eigenverbrauch von Solarstrom sieht der jetzige Entwurf einen Vorteil von zirka 8 Cent pro Kilowattstunde Strom vor. Die Obergrenze für den Eigenverbrauch wurde deutlich angehoben von bislang 30 Kilowatt auf nun 800 Kilowatt. Diese Regelung ist bis 31. 12. 2011 befristet. Im Rahmen der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2012 gibt es eine Anschlussregelung.
Zu Beginn des Jahres 2010 war die Einspeisevergütung bereits um 9 Prozent gesunken. Einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zufolge, wäre für Solarstrom-Anlagen bis 30 Kilowatt Spitzenleistung eine einmalige zusätzliche Absenkung von sechs Prozent und für Anlagen bis 100 Kilowatt von zehn Prozent angemessen. Bei der jetzt von der Koalition beschlossenen Rückführung der Einspeisevergütung wäre die Produktion in Deutschland dem Institut zufolge zu großen Teilen nicht mehr wirtschaftlich. "Dies würde sehr wahrscheinlich zu einem Arbeitsplatzabbau in Deutschland führen", erklärte ISE-Chef Eike Weber.
"Der Koalitionsbeschluss wird viele tausende Mitarbeiter von Solarfirmen zu Hartz IV-Empfängern machen. Die lachenden Dritten sind Produzenten in Ländern wie China oder USA", kommentiert Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, die Einigung im Koalitionsausschuss gegenüber EnBauSa. Und auch Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig ist sauer. Er appelliert an die Bundestagsabgeordneten der neuen Länder, sich den Plänen der Regierungskoalition zu verweigern. "Jetzt kommt es auf das parlamentarische Verfahren an", so Machnig.
In den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hatte sich in den vergangenen Wochen besonders heftiger Widerstand gegen die Kürzungspläne von Bundesumweltminister Norbert Röttgen formiert. In diesen drei Ländern ist die Solarindustrie besonders stark vertreten. Allein in Thüringen seien bis zu 15.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Kürzung der Einspeisevergütung betroffen, hat das dortige Wirtschaftsministerium ausgerechnet.
Die Thüringer Landesregierung hat daher in Abstimmung mit der Thüringer Solarwirtschaft einen Kompromissvorschlag erarbeitet. Dieser sieht eine zusätzliche Kürzung um neun Prozent zum 1. Juli 2010 vor. Die Solarbranche sei auf Grundlage des Thüringer Entwurfs bereit, bis 2013 eine Absenkung der Einspeisevergütung von 45 Prozent zu akzeptieren. Doch er kam zu spät. Nahezu zeitgleich zur Veröffentlichung wurde die Einigung im Koalitionsausschuss bekannt.
Die FPD betonte in einer ersten Stellungnahme, dass die Entschärfung gegenüber dem ersten Entwurf der Einspeisevergütung auf ihre Initiative zurückgehe. So gehe die Verschiebung auf Juli auf die Initiative der Freidemokraten zurück, es gebe Vertrauensschutz, die weitere Degression ab 2011 werde abgemildert. Außerdem sei die Degression auf Konversionsflächen geringer, damit würden diese bevorzugt für Fotovoltaikprojekte erschlossen. 117sth/pgl