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Wirkungsgradschwelle von 10 Prozent geknackt

Forscher erhöhen Effizienz von Farbstoffsolarzellen

Farbstoffsolarzellen erschließen neue Anwendungsbereiche. © Colorsol

Schweizer Forscher haben Feststoff-Farbstoffsolarzellen mit einem Wirkungsgrad von 11,3 Prozent entwickelt. Dyesol spricht von einem Durchbruch.

Der australische Entwickler von Technologien rund um Farbstoffsolarzellen Dyesol meldet einen Durchbruch bei der Effizienzsteigerung von sogenannten Festkörper-DSC: Der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) in der Schweiz sei es erstmal im Labor gelungen, mit Festkörper-Solarzellen (DSC) einen Wirkungsgrad bei vollem Sonnenlicht von 11,3 Prozent zu erzielen, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Damit können die Forscher bei der in den letzten Jahren neu entwickelten Festkörpertechnologie – auch mesoskopische Solarzellen genannt – erstmals mit einem ähnlich hohen Wirkungsgrad aufwarten wie Systeme auf Basis von flüssigen Farbstoffen.

Die Idee der Farbstoffsolarzelle stammt von Michael Grätzel, Forscher an der EPFL. Er hat die Technik Anfang der 1990er Jahre entwickelt. Das Besondere: Die elektrochemische Farbstoff-Solarzelle verwendet nicht ein Halbleitermaterial zur Absorption von Licht, sondern organische Farbstoffe, wie zum Beispiel den Blattfarbstoff Chlorophyll. Die Solarzellen sind dadurch zu deutlich geringeren Kosten herstellbar.

Ein weiterer Grund dafür, dass Farbstoffsolarzellen wesentlich günstiger hergestellt werden können, ist die Verwendung des Siebdruckes. Das ist ein bewährtes Verfahren in der industriellen Fertigung von Leiterbahnen. Damit lässt sich das Gemisch aus Farbstoff, Nanopartikeln und Elektrolyt in sehr dünnen Schichten auch auf biegsame Plastikfolien auftragen. Die Schichtdicken können zwischen 20 Nanometern und 20 Mikrometern liegen. Dadurch sind sehr flexible Solarmodule für neue Einsatzfelder möglich.

Weil Farbstoffsolarzellen als einzige solare Bauform fast durchsichtig herstellbar sind, könnten sie nicht nur auf Dächern installiert, sondern beispielsweise auch in Fenstern, Glasfassaden oder Werbetafeln integriert werden. Eine weitere Stärke der nach Grätzel benannten Zellen ist, dass das Materialgemisch Licht in einem breiteren Spektrum und auch unter ungünstigen Einfallswinkeln absorbieren kann. Während Siliziumzellen ihre Leistung temperaturabhängig liefern, funktionieren Farbstoffsolarzellen zudem bei 25 Grad genauso wie bei 65 Grad. Ob sie der Sonne zugewandt sind oder nicht, spielt fast keine Rolle.

Dadurch würden sich die Solarzellen auch in Gegenden sehr schnell rechnen, in denen nicht häufig die Sonne scheint, so der Erfinder der Technik. "Die Energie für die Herstellung der Zellen hat man nach einem Jahr wieder reingeholt, bei Silizium-Zellen erst nach drei bis vier Jahren", so Grätzel. Verschiedene Firmen haben die von dem Schweizer patentierte Technologie lizenziert und weiterentwickelt: neben Dyesol aus Australien, Konarka Technologies aus den USA und G24 Innovations aus Großbritannien.

Die Firmen arbeiten seit Mitte 2000 daran, zusammen mit Kooperationspartnern erste Anwendungen für die Farbstoffsolarzelle zu entwickeln. So plant beispielsweise Dyesol mit dem Stahlhersteller Tata Corus Stahlbleche zur Dachabdeckung von Industriehallen auf den Markt zu bringen, bei denen die Farbstoffsolarzellen quasi als oberste Schicht aufgetragen werden. Mit dem US-Glashersteller Pilkington arbeitet Dyesol auch an Strom erzeugendem Glas. Und Konarka entwickelt zusammen mit Arch Aluminum & Glass halbtransparente Farbstoffsolar-Materialien, die herkömmliche Fassadenelemente ersetzen könnten.

Bislang allerdings gibt es nur wenige marktfähige Produkte. Den Entwicklern ist es zwar gelungen, die Wirkungsgrade immer weiter zu verbessern, doch über 13 Prozent im Labor sind sie nicht hinausgekommen. Ein weiteres Problem sind deutliche Schwächen bei der Stabilität der flüssigen Farbstoffsolarzellen. Forscher arbeiten daher seit Jahren weltweit daran, die flüssigen Elektrolyte durch einen festen Halbeiter zu ersetzen, um so stabilere System zu bekommen und mit diesen dann ähnlich hohe Wirkungsgrade zu erzielen, wie mit den bisherigen Systemen.

Nachdem bereits vor einem Jahr US-Wissenschaftler der Northwestern University in Evanston (Illinois) mit Festkörper DSC einen Wirkungsgrad von 10,2 Prozent erzielen konnten, ist es der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne nun gelungen, die Messlatte noch ein Stück höher zu legen. Dieser Fortschritt bringe die Technologie ein Stück weiter in Richtung Marktfähigkeit, sagt Henning Brandt, Entwickler am Fraunhofer-Insitut ISE in Freiburg. Allerdings gebe es noch einige Unwägbarkeiten.

Weil die EPFL-Forscher ihre Ergebnisse nicht publiziert hätten, und nicht klar sei, welches Material sie eingesetzt hätten, sei eine abschließende Beurteilung nicht möglich. Die US-Forscher haben ihre Ergebnisse dagegen in Nature offengelegt. Sie setzen als Halbleiter Cäsiumzinnjodid ein, welches rotes und infrarotes Licht stärker nutzt. Sie sind zuversichtlich, ihre Festkörper-Farbstoffsolarzelle weiter verbessern zu können. Während der flüssige Elektrolyt in der Grätzel-Zelle chemisch äußerst komplex ist, sei der kristalline Halbleiter der neuen Solarzelle vergleichsweise einfach aufgebaut, sodass sich seine Eigenschaften viel leichter berechnen und theoretisch optimieren ließen, heißt es in der Veröffentlichung.

Auch Dyesol geht davon aus, dass die Effizienz der Farbstoff-Solarzelle auf Basis von Festkörpern des EPFL weiter optimiert werden kann. Aufgrund der zusätzlichen Einfachheit der Arbeit mit Festkörpersystemen seien industrielle Wirkungsgrade von mehr 10 Prozent realistisch, so das Unternehmen. von Hans Schürmann

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