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Fachtagung „Solare Wärmenetze“ zeigt positive Entwicklung auf

Bei Solarthermie ist Steigerung um Faktor 50 machbar

Solarthermie legt zu. © Solites

Die Energiewende ist auch eine Wärmewende, zu der die Solarthermie immer mehr ihren Beitrag leistet. Die Zahl der Anlagen steigt, ebenso deren Leistung. Auf der Fachtagung „Solare Wärmenetze“ wurde deutlich, dass die Bereitstellung der Fläche eine große Hürde darstellt.

Derzeit sind in Deutschland 34 Solarthermie-Freiflächenanlagen mit 63 000 Quadratmetern Kollektorfläche in Betrieb. Sieben weitere werden realisiert und 29 Anlagen sind in der Vorbereitung. Am Ende stehen rund 140 000 Quadratmeter Kollektorfläche, hat Thomas Pauschinger vom Steinbeis Forschungsinstitut Solites auf der Fachtagung „Solare Wärmenetze“ die Zahlen parat.

Seit 2013 steigt die Zahl der Anlagen auf freien Flächen. Für die kommenden fünf Jahre wird eine Verdopplung der Anlagenzahl mit einer Verdreifachung der Anlagenleistung prognostiziert. Die Größenordnung wird dabei eher Richtung 15 000 Quadratmeter Kollektorflächen  gehen, ähnlich wie bei der Anlage die in Ludwigsburg ab Anfang Juli entsteht. Dennoch: „Das ist ein zarter Anfang, er genügt nicht, um die Potenziale und Ausbauziele in dem Bereich zu erreichen.“ 

Mit dem Klimaschutzplan 2050 hat die Bundesregierung unter anderem das Ziel gesetzt, den Heiz- und Warmwasserbedarf um etwa zwei Drittel zu senken und die erneuerbaren Energien im Wärmebereich dezentral und in Wärmenetzen auszubauen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt deshalb in seiner „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ unter anderem vor, dass die Solarthermie unter den Erneuerbaren Energien einen Anteil von 15 Prozent des Endenergieverbrauchs 2050 ausmachen soll.

Solarthermie soll 15 Prozent am Endenergieverbrauch liefern

Das sind zwölf Terrawattstunden beziehungsweise eine Kollektorfläche von 30 Millionen Quadratmetern. Das wiederum bedeutet einen jährlichen Zuwachs von etwa einer Million Quadratmetern. „Das ist nicht unrealistisch, der Zubau liegt derzeit bei 500 000 Quadratmetern im Jahr. Wir brauchen also eine Steigerung um Faktor 50“, rechnet Pauschinger vor.

„Im städtischen Bereich muss sich sehr viel tun, um die CO2-Ziele zu erreichen“, sagte Dirk Mangold, Geschäftsführer des Steinbeis Forschungsinstituts Solites auf der Fachtagung. „Wir verbrauchen zu viel Energie für die Wärmeerzeugung“, stellte in seiner Eröffnungsrede auch Helmfried Meinel, Ministerialdirektor des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, fest.

Während bei den erneuerbare Energien Biomasse und Holz den Löwenanteil zur Wärmeerzeugung in Baden-Württemberg beitragen, macht die Solarthermie nur einen geringen Anteil von etwa 1,5 Prozent beim Endenergieverbrauch aus. „Das ist noch viel zu wenig“, sagt Meinel. Eine klare Wachstumsperspektive für die Solarthermie sieht er im ländlichen Bereich. „Für eine CO2-freie Versorgung brauchen wir Flächen für erneuerbare Energien.“

Und genau da liegt das Problem: Zwar gilt die Solarthermie im Vergleich zur Photovoltaik und Biomasse als flächeneffizient. Einen Standort für die Kollektoren zu finden ist dennoch schwierig, wie die Beispiele auf der Tagung zeigten.

Bereitstellung von Freiflächen ist eine große Hürde

Matthias Sandrock vom Hamburg Research Institut (HIR) sieht neben den zu billigen fossilen Brennstoffen, der Kraft-Wärme-Kopplung und einem fehlenden Vermarktungsmodell in der Bereitstellung von Flächen oft eine große Hürde. Hier fordert er ein Umdenken in der Raumplanung, denn „Wärmeerzeugung braucht Flächen“. Denn während die erneuerbaren Energien im Strombereich stetig steigen würden, stagniere der Anteil bei der Wärme Stand Februar 2019 bei etwa 13 bis 14 Prozent.

Aus der Praxis weiß Jörg Dürr-Pucher von Solarcomplex, dass die Verfügbarkeit von Flächen sehr schwierig ist. Für das Solarenergiedorf Liggeringen wurden 30 Flächen in Erwägung gezogen. Zweieinhalb Jahre hat die Suche nach einer geeigneten Flächen letztlich gedauert. In Schluchsee sei die ausgesuchte „Schmuddelecke“ von einer Bürgerinitiative heftig verteidigt worden. Und in der Gemeinde Kreenheinstetten hätten die Bürger ein im Ort geplantes Solarfeld gänzlich verhindert. „Wir müssen umsetzungsorientiert planen, früh auf die Bürgermeister zugehen“, sagt Dürr-Pucher und empfiehlt den Kommunen eine Wärmeplanung für die Wärmewende.

Solarthermie lässt sich nicht verstecken

Anders als die Photovoltaik lasse sich die Solarthermie nicht einfach verstecken, sondern müsse am Ortsrand geplant werden, um mit möglichst wenig Wärmeverlust die Verbraucher versorgen zu können. Im Idealfall findet sich ein stillgelegtes Militärgelände wie in Sigmaringen oder eine Altlastenfläche wie in Ludwigsburg. Häufig sind es aber landwirtschaftlich genutzte Flächen. „Wir müssen im Außenbereich mutig sein und die planerischen Voraussetzungen verbessern.“ Übersehen werde, dass Flächen mit Solarthermie dauerhaft verfügbare Grünflächen sind. „Es wird ein Naturparadies drum herum geschaffen“, erklärt Dürr-Pucher den zusätzlichen Nutzen für den Naturschutz. Und: „Wir müssen den großen Weg bei Wärmenetzen gehen.“ Also Synergien nutzen und beispielsweise den Ausbau des Glasfesernetzes mit dem des  Wärmenetzes verbinden

„Es herrscht ein hoher Nutzungsdruck vor allem in den Städten“, sagte Hilmar Westholm vom Hamburg Institut Consulting (HIC). Wohnungsbau und Gewerbe benötigen dort Fläche, auf dem Land sind es der Naturschutz und die Landwirtschaft. Bewohner befürchten zudem durch Freiflächenanlagen eine Verschandlung der Umgebung. Hemmnisse abbauen ist also die Devise.

Als ein Hemmnis sieht sich der Regionalverband Neckar-Alb selbst, da sich aus der Regionalplanung Restriktionen ergeben. Ein Problem sei, so Peter Seiffert, dass der Planer nicht an die Regionalplanung denke, sondern nur an die Fläche, die er im Auge hat. „Projektierer sollten ganz früh auf den Raumordnungsplaner zugehen, da dort ganz viele Daten zur Restriktion vorhanden sind“, sagt er. So sei schnell klar, welches Gebiet nicht in Frage kommt, aufgrund von Wasser-, Naturschutz und Landwirtschaft. „Wir haben Verbindungen und können als Türöffner fungieren.“

Zunächst sollte also Grundsätzliches abgeklärt und erst dann auf die Kommunen zugegangen werden. „Das kann helfen, weitere Suchräume zu finden.“ Aus diesem Grund wurde vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg ein Handlungsleitfaden entwickelt. Er soll als Grundlage für Kommunen, Behörden sowie Planer und Projektierer dienen. Dessen Hauptpunkt ist ein „ökologisches Gesamtkonzept, dass von Planern von Anfang an berücksichtigt werden soll“, erklärte Daniela Walter vom Umweltministerium. Der Leitfaden soll vor allem dabei unterstützen, den Freiflächen ein besseres Image zu geben. von Anne Leipold

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