Zwar wird Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz zugeschrieben. Was die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angeht, steht es nur unterdurchschnittlich da. Dabei ist das Potenzial vor allem für die Photovoltaik riesig. Die Koalitionspartner Grüne und CDU haben sich nun auf einen ersten Schritt in dieser Richtung geeinigt. In der Novelle des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes ist eine Solarpflicht für Neubauten von Nicht-Wohngebäuden ab 2022 enthalten.
Das Deutsche Energieberater Netzwerk (DEN) begrüßt den Beschluss der baden- württembergischen Landesregierung. "Solaranlagen bieten ein ausgesprochen hohes Potential, sowohl was die Förderung von elektrischer Energie als auch von thermischer angeht", sagt DEN-Vorstizender Hermann Dannecker. Mit Blick auf die Einsparungen von CO2 und damit auf den Klimaschutz sollten große Flächen, wie sie etwa Nichtwohngebäude auf ihren Dächern bieten, nicht ungenutzt bleiben. Bei der Novelle seines Klimaschutzgesetzes bewege sich Baden-Württemberg insofern in die richtige Richtung.
Der Beschluss zu einer Solarpflicht ist ein zentraler Bestandteil der Novelle des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes, das noch vor der Sommerpause vom Landtag beschlossen werden soll. Es löst das Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2013 ab. Gerade in den südlichen Bundesländern Deutschlands, also in Bayern und Baden- Württemberg, sind Solaranlagen bereits überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Dannecker fordert daher, angesichts der hohen Anzahl an Sonnenstunden im deutschen Süden den Schatz an erneuerbaren Energien weiter zu heben und konsequent Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auszubauen. Seiner Meinung nach biete sich ein erhebliches Potential an ungenutzten Flächen etwa in Rohstoffgewinnungsstätten. Besonders vorteilhaft seien schwimmende Anlagen auf Baggerseen.
Ein sehr gutes Beispiel dafür biete der Maiwaldsee bei Renchen am Oberrhein. Dort produziere seit dem vergangenen Jahr die größte schwimmende Solaranlage in Deutschland umweltfreundliche Energie, die das Kieswerk zu 70 Prozent mit klimaneutralem Strom versorge. "Nach einer ersten Bilanz der Betreiber übertrifft dieses Solarkraftwerk sogar ihre Berechnungen und Erwartungen, weil das Wasser des Sees kühlend wirkt und die Effizienz der Anlage erhöht", so Dannecker. Eine Flächenkonkurrenz mit der Landwirtschaft oder dem Naturschutz gebe es nicht. Dieses Beispiel ließe sich anderenorts leicht kopieren.
Der DEN-Vorsitzende begrüßt zudem die Absicht der Landesregierung, im neuen Klimaschutzgesetz 100 Städte und Kommunen in Baden-Württemberg zu verpflichten, eine umfassende Wärmeplanung vorzulegen. "Damit bieten sich neue Möglichkeiten, ganze Stadtquartiere umweltfreundlich mit Wärmenetzen zu versorgen. Die Planungskosten, die das Land Baden-Württemberg übernehmen will, sind insofern gut angelegtes Geld."
Die Grünen wollen in naher Zukunft auch Wohngebäude in die allgemeine PV-Pflicht aufnehmen, wie sie in den Städten Waiblingen und Tübingen auf Neubauten besteht. Wenn die die Stadt Eigentümer von Grundstücken ist, sind die dortigen Erbauer verpflichtet Solaranlagen auf die Dächer zu setzen.
In Hamburg legten Grüne und SPD im Senat im Jahr 2019 eine Änderung des Klimaschutzgesetzes vor, die eine Solarpflicht im Neubau ab 2023 vorsieht. Diese wird sowohl für Gewerbe als auch Wohngebäude gelten. Ab 2025 soll die Solarpflicht auch bei Dachsanierungen gelten, wenn eine vollständige Erneuerung der Dachhaut ansteht. Der Berliner Senat strebt ebenfalls eine Solarpflicht an. Quelle: DEN / energiezukunft / al