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Nachweis von Mikrorissen in Solarzellen ist teuer

Verdeckte Hagelschäden verunsichern PV-Anlagenbetreiber

Sind viele Module sichtbar geschädigt ist die Wahrscheinlichkeit verdeckter Schäden hoch. © Envaris

Meldungen über Hagelschäden an Fotovoltaikmodulen, die auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen sind, verunsichern Anlagenbetreiber. Nur teure Messungen bringen den Schaden ans Licht.

Fast ein Jahr ist vergangen, trotzdem beschäftigen die verheerenden Hagelschauer vom Juli 2013 noch immer viele PV-Anlagen-Betreiber. Der Grund sind Meldungen über verdeckte Schäden. "Wir haben 1.000 optisch intakte Module aus dem unmittelbaren Umfeld von Modulen mit Glasbruch mit einer Elektrolumineszenz-Messung auf Mikrorisse untersucht. 90 Prozent waren beschädigt", berichtet etwa Karsten Lindner, Geschäftsführer von Ruoff Energietechnik. Doch so eine EL-Messung ist teuer. Und wenn tatsächlich Mikrorisse gefunden werden, müssen die nicht zwingend von Hagel verursacht worden sein. 

Das tückische an Mikrorissen in Solarzellen ist, dass die Fotovoltaik-Anlage zunächst ganz normal weiter Strom produziert. Erst im Laufe der Zeit führen die Risse zu Leistungseinbußen. Lindner geht davon aus, dass sich jetzt im Sommer die ersten Leistungsminderungen zeigen werden. "Die höheren thermischen Belastungen führen dazu, dass auch die letzten feinen Zellverbindungen getrennt werden, die bisher noch da waren und dafür gesorgt haben, dass Strom fließt. Die Leistung bricht ein", erläutert der Experte. Langfristig könne es sogar zum Totalausfall der Anlage kommen.

Gesicherte Erkenntnisse darüber, wie sich die Mikrorisse tatsächlich verhalten und ob und wann sie zur Leistungsminderung führen, gibt es bislang nicht. Außerdem können sowohl Leistungseinbrüche als auch Mikrorisse verschiedene Ursachen haben. Mikrorisse etwa können von einer unsachgemäßen Lagerung oder Montage herrühren oder eben von einem Hagelschlag. Ein sogenannter Spider crack, also ein von einem Punkt ausgehender Mikroriss, spricht für Hagelschlag, kann aber auch von einem herunterfallenden Werkzeug herrühren. Das macht die Behandlung dieser Schäden aus Sicht der Versicherer schwierig.

Klar ist, dass der Kunde nachweisen muss, dass er einen Schaden hat. Im Hagelfall heißt das, er muss Mikrorisse nachweisen, die mit großer Wahrscheinlichkeit dem Hagel zuzuordnen sind. "Nach einem Hagelereignis alle Module einer EL-Messung zu unterziehen, egal ob in einem mobilen Labor oder auf dem Dach, ist sicher nicht anzuraten", sagt Stefan Wippich, Gesellschafter des Berliner Unternehmens Envaris. Dienstleister, die mit mobilen Labors oder Messgeräten für die EL-Messung auf dem Dach durch die Dörfer ziehen und jedem Einfamilienhausbesitzer mit PV-Anlage eine Elektrolumineszenz-Messung nahelegen, sind in seinen Augen Verbrecher. "Bei privaten Anlagen um die 5 kW sind die Kosten für diese Vor-Ort-Messungen oft höher als die Kosten für einen Austausch aller Module", sagt Wippich. Er beziffert die Kosten bei einer Messung der installierten Module auf 3.500 bis 4.000 Euro pro Nacht, wobei 250 Module in einer Nacht zu schaffen seien.

Auch Ruoff-Geschäftsführer Lindner empfiehlt eine EL-Messung nur bei Anlagen, bei denen viele Module sichtbar vom Hagel geschädigt wurden. "Unsere bisherigen Messungen zeigen, dass dort mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die optisch einwandfreien Module verdeckte Schäden aufweisen." Im Gegensatz zu Wippich nimmt er kleine Anlagen nicht aus. Fakt sei, dass die Versicherungen nur dann zahlen, wenn die Schäden nachgewiesen sind. Natürlich bestehe das Risiko, dass die Anlagenbetreiber auf den Messkosten sitzen bleiben, wenn sich die Module dann doch als schadensfrei erweisen. "Daher versuchen wir, die Kosten möglichst gering zu halten und mit Stichproben zu arbeiten", so Lindner.

Es wird deutlich: Die Anlagenbetreiber in den vom Hagelschlag betroffenen Regionen haben die Qual der Wahl. Entweder sie lassen ihre Anlagen, bei denen einige Module nach dem Hagel beschädigt waren und ausgetauscht worden sind, auf Mikrorisse untersuchen und gehen das Risiko ein, dass sie auf den Messkosten sitzen bleiben. Oder sie unternehmen nichts, mit dem Risiko, dass bei einem späteren Leistungseinbruch nicht nachgewiesen werden kann, dass die Schäden auf den Hagel zurückzuführen sind und damit der Versicherer Schadenersatz leisten muss. Ein dritter Weg könnte es sein, Kontakt mit der Versicherung aufzunehmen und mit ihr das weitere Vorgehen abzuklären. von Silke Thole

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